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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N French
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Sie wusste, wie man jemanden so weit bringen konnte, dass er das Gefühl hatte, jeden Moment sterben zu müssen. Eine Stunde allein mit Terry Reeve, ohne dass jemand Fragen stellte. Man brauchte sich das Ganze nur wie eine mathematische Formel vorzustellen. Die Information X befand sich in Terry Reeves Kopf. Wenn es gelänge, besagtes X durch irgendeine Folterprozedur aus ihrem Kopf herauszulösen, dann würde Kathy Ripon gefunden und könnte das Leben leben, das sie verdient hatte. Zu solchen Mitteln zu greifen wäre falsch – so falsch, wie etwas nur sein konnte. Aber wenn nun sie selbst, Frieda, irgendwo in der Dunkelheit läge, mit Draht gefesselt und mit Klebeband über dem Mund, was würde sie dann von einer Person halten, die mit Terry Reeve in einem Verhörraum saß und sich voller Skrupel sagte, dass man manche Dinge nun mal nicht machen dürfe? Die sich den Luxus gönnte, moralisch integer zu bleiben, während sie, Frieda, oder Kathy noch immer irgendwo da draußen in der Dunkelheit
lag? Wobei es natürlich sein konnte, dass Terry tatsächlich nichts oder so gut wie nichts wusste. Man würde also unter Umständen versuchen, per Folter ein X zu finden, das gar nicht da war, und sich dann womöglich denken: Vielleicht haben wir noch nicht genug gefoltert.
    Trotzdem war es leicht, etwas moralisch Richtiges zu tun, um jemanden zu retten. Aber wäre sie, Frieda, auch bereit, etwas moralisch Falsches zu tun, um dieses Ziel zu erreichen? Solche dummen Gedanken schwirrten einem durch den Kopf, wenn man um drei Uhr morgens mit niedrigem Blutzuckerspiegel wach lag. Frieda wusste aufgrund ihrer Ausbildung, aber auch aus Erfahrung, dass man um diese Zeit zu negativen, destruktiven Gedanken neigte. Deswegen stand sie normalerweise auch mitten in der Nacht auf. Ein Spaziergang, ein Schundroman, ein heißes Bad oder ein Drink – alles war besser, als im Bett zu liegen und sich mit düsteren Gedanken zu quälen. Dieses Mal aber stand sie nicht auf. Sie zwang sich, liegen zu bleiben und sich weiter über das Problem Gedanken zu machen. Der Schlüssel befand sich aller Wahrscheinlichkeit nach in Dean Reeves Kopf. Und sie kam nicht an diesen Schlüssel heran. Was konnte sie tun? In dem Moment hatte Frieda einen Einfall. Auch mit solchen Einfällen kannte sie sich bestens aus: Man hatte mitten in der Nacht eine geniale Idee, aber wenn man dann am Morgen aufwachte und sich seine tolle Idee ins Gedächtnis rief, war sie plötzlich gar nicht mehr so toll, sondern entpuppte sich im harschen Morgenlicht als dumm oder albern oder lächerlich.
    Es war noch nicht richtig hell, als sie ihr Haus verließ und in Richtung Norden marschierte, über die Euston Road und dann den Park entlang. Als sie schließlich an Reubens Haustür klingelte, war es erst kurz nach acht. Josef machte ihr auf. Der Geruch von Kaffee und gebratenem Speck schlug ihr entgegen.
    »Musst du nicht arbeiten?«, fragte sie.
    »Das hier ist meine Arbeit«, erwiderte Josef, »und ich wohne auf der Baustelle. Komm rein.«

    Frieda folgte ihm in die Küche. Reuben saß am Tisch und hatte einen noch halb vollen Teller mit Rührei, Speck und gebratenem Brot vor sich stehen. Er legte die Zeitung weg und betrachtete Frieda mit besorgter Miene. »Geht es dir nicht gut?
    »Ich bin nur müde.«
    Die prüfenden Blicke der beiden Männer machten sie ganz verlegen. Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, als hätte sich irgendetwas, das sie nicht sehen konnte, darin verfangen.
    »Du siehst nicht gut aus«, sagte Josef. »Setz dich.«
    Frieda ließ sich am Tisch nieder. »Es geht mir gut«, erklärte sie, »ich hatte nur keine rechte Zeit zum Schlafen.«
    »Möchtest du Frühstück?«, fragte Reuben.
    »Nein, ich habe keinen Hunger«, antwortete sie. »Ich nehme mir nur einen Happen von dir.« Mit diesen Worten stibitzte sie ein Stück geröstetes Brot von Reubens Teller und begann darauf herumzukauen. Josef stellte ihr einen Teller hin und füllte ihn im Lauf der nächsten paar Minuten mit Ei, Speck und Toast. Frieda warf einen Blick zu Reuben hinüber. Vielleicht wirkte sie selbst nur so kränklich, weil er inzwischen wieder so gut aussah.
    »Ihr beide gebt ein nettes Paar ab«, bemerkte sie.
    Reuben trank einen Schluck Kaffee. Dann nahm er eine Zigarette aus der Schachtel, die vor ihm auf dem Tisch lag, und zündete sie sich an. »Glaub mir«, antwortete er, »das Zusammenleben mit Josef ist um Welten angenehmer als das mit Ingrid. Und sag jetzt nicht, das sei nicht die

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