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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N French
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nicht schockiert? Er hat etwas sehr Traumatisches erlebt, und es ist noch nicht vorbei. Zum Glück hat er eine starke Frau.«
    »Ja, darüber kann er wirklich froh sein.«
    »Seinem Aussehen nach zu urteilen wird er sich bald mit Ihnen in Verbindung setzen.«
    »Möglich, aber vielleicht bin ich ja auch der letzte Mensch auf der Welt, den er jetzt sehen möchte. Ich für meinen Teil würde sehr gern mit ihm sprechen. Von allem anderen mal abgesehen, wird er bald das am meisten gehasste Gesicht des Landes haben.«
    »Ich weiß. Und die Meute da draußen …« Er nickte in Richtung Vorderseite des Gebäudes, wo noch immer eine aufgebrachte Menschenmenge versammelt war. »Die Leute vergessen so etwas nicht so schnell.«
    Mit diesen Worten verließ er den Raum, doch ehe Frieda Zeit hatte, darüber nachzudenken, was sie nun tun sollte, und ob es vielleicht an der Zeit war, nach Hause zu gehen und zumindest zu versuchen, ein wenig zu schlafen, kam Karlsson wieder hereingestürmt. »Sie haben ihn gefunden«, erklärte er.
    »Wo?«
    »In einer alten Hafenanlage seitlich vom Kanal, nur einen Katzensprung von dort entfernt, wo er sich mit Dekker getroffen hat. Unter einer Brücke. An einem Strick hängend.«

45
    M it dem Wagen kam Karlsson nicht ganz bis ans Wasser heran. Er hielt an einer Brücke, die den Kanal kreuzte. Dort stand schon ein Beamter bereit und führte ihn die Treppe zum Treidelpfad hinunter.
    »Wer hat die Leiche denn entdeckt?«, fragte Karlsson.
    »Ein alter Mann, der mit seinem Hund unterwegs war«, antwortete der Beamte. »Er hatte kein Handy dabei und konnte auch keine Telefonzelle finden, deswegen ist er den ganzen Weg zurück nach Hause marschiert, noch dazu mit einem wehen Bein. Es hat eine ganze Stunde gedauert, bis endlich jemand vor Ort war. Hätte der Mann ein Handy gehabt, dann hätte der Notarzt vielleicht noch etwas machen können.«
    Weiter vorne auf dem Treidelpfad sah Karlsson etliche Schaulustige, vor allem Jugendliche, die versuchten, einen Blick auf die Leiche zu erhaschen. Er und der Beamte schoben sich unter dem Absperrband hindurch und bogen vom Hauptweg zu einer kleinen Bucht ab, die eine Art Sackgasse aus Wasser bildete. Früher hatte sie als Hafen für Frachtkähne gedient, die auf diese Weise direkt neben einer Fabrik anlegen konnten. Mittlerweile war die Fabrik stillgelegt und bot mit ihren rissigen Wänden, aus denen bereits Büsche wucherten, ein trostloses Bild. Mehrere Beamte standen dort beisammen, wirkten aber alle recht entspannt. Ein Stück weiter vorne sah Karlsson eine Beamtin aus seinem Team, Melanie Hackett, mit einem Kollegen sprechen. Er rief sie zu sich.
    »Sie haben ihn schon runtergeholt«, informierte sie ihn und deutete auf die grüne Abdeckplane am Boden. »Wollen Sie einen Blick auf ihn werfen?«

    Karlsson nickte. Sie zog die Plane zurück. Obwohl er auf den Anblick vorbereitet war, verzog er dennoch das Gesicht. Die Augen, deren Pupillen deutlich vergrößert waren, starrten ins Leere. Zwischen den Zähnen ragte die geschwollene Zunge heraus. Hackett zog die Plane ein Stück weiter zurück. Das Seil war entfernt worden, doch am Hals war deutlich zu sehen, wo es in die Haut eingeschnitten hatte. Die Spur zog sich bis hinters Ohr.
    »Er ist nicht einmal mehr dazu gekommen, sich umzuziehen«, stellte sie fest. »Er trägt noch dieselben Sachen wie auf dem Revier.«
    »Er war seitdem nicht mehr zu Hause.« Karlsson zog eine Grimasse. Es roch definitiv nach Fäkalien. Als Hackett seinen Gesichtsausdruck bemerkte, deckte sie die Leiche rasch wieder zu.
    »Das passiert, wenn man sich erhängt«, erklärte sie. »Wenn die Leute das wüssten, würde es vielleicht ein paar von ihnen abschrecken.«
    Karlsson blickte sich um. Die alte Fabrik wies eine Reihe von Fenstern auf, aber die waren längst mit Brettern vernagelt.
    »Ist der Bereich hier aus irgendeiner Richtung einsehbar?«
    »Nein«, antwortete Hackett. »An diesem Abschnitt des Kanals ist ausgesprochen wenig los. Hier kommt so gut wie nie jemand her.«
    »Aus dem Grund hat er sich die Stelle vermutlich ausgesucht.«
    »Er wusste wohl, dass das Spiel für ihn gelaufen war.«
    »Wie können Sie da so sicher sein?«
    »Wir haben in seiner Jackentasche einen Brief gefunden.«
    »Was für einen Brief?«
    »Er liegt da in der Kiste, zusammen mit dem restlichen Zeug aus seinen Taschen.« Sie ging zu einer kleinen blauen Kiste und nahm eine Klarsichtmappe heraus. »Er hatte ein Handy dabei, außerdem eine Schachtel

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