Blaulicht
dich. Man spielt ja in Wahrheit nur für sich. Nur für sich und für die Vollkommenheit der Komposition. Man spielt doch Musik nicht für die anderen! Man spielt Musik, um neue Welten zu entdecken! Für die anderen spielt man erst, wenn man seine Entdeckungen gemacht hat. Aber sie hat die Stimmen nicht mehr auseinandergehalten, das heißt, natürlich hat sie es versucht, sie ist ja musikalisch, deine Schwester, sie kann ja hören, deine Schwester, und deshalb hat sie selbst gemerkt, dass ihr Spiel unzulänglich ist, nicht ausreicht – nur, da war es schon fast zu spät – ich hab ihr einen neuen Versuch gegeben, ich war großzügig mit ihr, noch ein Versuch, noch ein Versuch – spiel, hab ich gesagt, spiel es gleich noch einmal – aber sie hat versagt! Sie hatte den ganzen Dreck im Kopf, diese Töne, die Musik sein wollen und doch nur Gestammel sind, hohles, blödsinniges Gestammel, keine Sprache und erst recht keine Musik! Er war schuld. Er hat ihr die falschen Stimmen in den Kopf geimpft. Er hat sie vergiftet, dieser kleine Pisser!«
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Fragen von der Art, wie Vašek sie am Tresen des U Modré Opice gestellt hatte, pflegen in der Regel nur langsam Funken zu schlagen, aus denen sich mühselig die ersten Flämmchen entwickeln. In einem Land, hinter dessen bekanntester Automarke Škoda sich das Wort »Schaden« verbirgt und wo schätzungsweise die Hälfte der Einwohner zu Familiennamen verurteilt ist, die an ein bekanntgewordenes Missgeschick irgendeines Vorfahren erinnern, führt der Weg zumeist über Pannen, und so hatte sich schließlich doch nach mehreren Versuchen »Scherben« als ein wirksames Stichwort erwiesen, das die Anekdote vom Allroundhandwerker aus Sedlec namens Pepa heraufbeschwor, der vor ein paar Jahren ein Aquarium, übrigens ein Aquarium von exorbitanten Ausmaßen, zweimal bauen musste, weil es ihm auf dem Weg zu seinem Kunden, da offenbar unzureichend gesichert, vom Anhänger gerutscht war. Nur weilte Pepa leider heute Abend nicht im Blauen Affen , ihm war – so wurde erzählt – vor einer Woche bei einem Reifenwechsel der Wagenheber umgeknickt, woraufhin sich das Gewicht des Škodavorderteils auf sein Knie verlagert und zu einem ebenso schmerzhaften wie komplizierten Splitterbruch geführt hatte. Dafür war Jarda anwesend, der damals als erster auf der Straße von Roudná nach Srby durch die Scherben gefahren war und angesichts des Plattfußes an seinem frisch erworbenen Volkswagen in Pepas lauthalses Fluchen eingestimmt hatte. Jarda konnte sich noch gut erinnern, wohin Pepa auf dem Weg gewesen war – nämlich zu genau diesem Deutschen, dem Jirka aus Meclov die komplette Elektrik im Haus erneuert hatte. Kurz danach wäre es durch einen beginnenden Schwelbrand aufgrund eines Kurzschlusses beinahe in Flammen aufgegangen, wäre nicht rein zufällig der Kaja dort vorbeigekommen, und zwar nicht der Kaja aus Polžice, der sich beim Heckenschneiden die Kuppe vom linken Mittelfinger abgetrennt hat, sondern der aus Pobˇežovice, dem im letzten Sommer ein Apfelbaum, den er gefällt hat, direkt aufs Gartenhaus gekippt ist. Und ausgerechnet in diesem Geschichtendschungel, den Vašek erst am nächsten Schafkopfabend vollständig verdeutschen sollte, war es dann passiert. Gloßner hatte durch eine unglückliche Drehung des Oberkörpers die komplette Bestellung eines vollbesetzten Ecktisches, die bis zu diesem Zeitpunkt wie durch ein Wunder auf einem Plastiktablett von Hand zu Hand über die Köpfe der Gäste balanciert worden war, quasi mit seiner Brust entgegengenommen. Dabei handelte es sich um vier Bier, diverse Cola-Rum, zwei Rotwein, einen Weißwein und eine Runde Becherovka. Warum irgendjemand davon ausgegangen war, diese Ladung könne überhaupt unbeschadet und ohne Hilfe einer professionellen Bedienung jemals heil an einem Tisch landen, lässt sich wohl nur mit dem unerschütterlichen tschechischen Optimismus erklären – oder mit einer guten Portion Tolldreistigkeit angesichts einer ernsten bis bedrohlichen Situation. Und es ist eine ernste Situation, zu Beginn der zweiten Halbzeit vor einem leeren Glas zu sitzen und zu wissen, dass das nächste Getränk mindestens 45 Minuten auf sich warten lassen wird. Dementsprechend war das lautstarke Gebrüll, das ihre Kneipenflucht begleitete, auch nicht direkt eine traditionelle slawische Mitleidsbezeugung. Vašek zeigt sich davon unbeeindruckt.
»Ich weiß jetzt wohin, Sigi. Do toho! Auf geht’s!«
»Wenn der Weg
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