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Blaulicht

Blaulicht

Titel: Blaulicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nacke
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bestellt. Seit vielen Jahren führt er mit ihm dreimal die Woche denselben Dialog. Dienstag, Donnerstag und Samstag.
    »Bitte eine Packung Sobranie.«
    Manchmal auch:
    »Bitte eine Packung Sobranie und einmal Feuersteine.« Oder Feuerzeugbenzin.
    Der legt daraufhin die Zigaretten auf den Ladentisch, nimmt Geld an sich, gibt Geld zurück und kommentiert behäbig jede Handlung.
    »A Bäggler Sobranie. – Jawoll. – Macht neunfuchzich. – Jawoll. – Fuchzich zurügg. – Jawoll.«
    Seit wie vielen Jahren? Seit siebzehn Jahren. Dreimal die Woche. Mit Variationen:
    »Ganz schee heiß hammers heid widder. – Jawoll.«
    Und man kann nicht sagen, dass das Ritual auf dem Weg regelmäßiger Übung zu einer Vollkommenheit gereift wäre.
    Gerlach ertappt sich dabei, wie er mit leeren Augen auf das Papier starrt. Was denkt er da? Warum schweifen seine Gedanken ständig ab? Es wird Zeit für den letzten Satz.
     
    Ich wünsche Dir nur das Beste für Deine Zukunft – Du selbst hast sie in der Hand!
    Dein
    Wolfgang Gerlach
     
    Dann faltet er das Blatt viermal und legt es in die Nachttischschublade.
     
    *
     
    Nach einer sowieso schon grauenhaft heißen, dazu von lautem Vuvuzelagetröte immer wieder unterbrochenen Nacht hatte Zoe am Morgen bei Kascha angerufen und sie gebeten, mit dem Wagen in Gostenhof vorbeizukommen und sie mitzunehmen. Allein die Vorstellung, den Weg zu den Kovács mit dem Fahrrad zurückzulegen, hatte ihr den Schweiß aus allen Poren getrieben. Als sie dann auf der kurzen Strecke über den Frankenschnellweg zwischen den Anschlussstellen Gostenhof und Westring den Fahrtwind im Haar spürt, fühlt sie sich fast wie auf dem Weg in den Urlaub.
    Nach der GfK taucht auf der rechten Seite schnell dieses seltsame Viertel zwischen Nordwestring und Klinikum auf. Verborgen hinter Schallschutzmauern und sterilen Häuserfronten zwängt sich eine Doppelhaushälften- und Bungalow-idylle an die Gründerzeitbauten von St. Johannis. Hier atmen die Straßen rechtschaffenes Bürgertum. An den Carports und Fahrradgaragen aus garantiert ökologischem Waldbau klettern Geißblatt und Efeu in die Höhe und verdecken mit dem Grün ihrer Blätter die geschickt in das Ensemble integrierte, vorbildlich getrennte Müllentsorgung. Alle paar Meter knickt die Straße ab, die Rechts-vor-links-Regelung zwingt ihrerseits zum Schritttempo und sorgt auf diese Weise dafür, dass man die Schilder ›Hier haben Kinder Vorfahrt!‹ auch aus dem fahrenden Auto heraus bequem lesen kann.
    Im gepflegten Vorgarten der Kovács plätschert eine solargetriebene künstliche Seerose auf einem kleinen Teich vor sich hin, ein paar Goldfische gleiten schillernd durch das Wasser und grüne und blaue Libellen jagen Insekten über der gekräuselten Oberfläche. Am Ufer wachsen blaue Teichlilien und japanisches Schilfgras, darin hat sich ein toter Goldfisch verfangen. Sein aufgedunsener Leib leuchtet weiß in der Sonne. Frau Kovács trägt an diesem Samstagmorgen ebenfalls Weiß.
    Mit einem ›Sie haben maximal eine halbe Stunde, dann fahr ich zum Tennisunterricht‹ heißt sie die beiden Frauen eintreten und macht sich nicht einmal die Mühe, zu verbergen, wie sehr ihr diese Herumfragerei wegen ihrer Tochter auf die Nerven geht. Schließlich sei schon ein Beamter da gewesen, und mehr könne sie beim besten Willen nicht über ihre Tochter sagen.
    »Und wozu braucht es überhaupt eine – Psychologin?«
    Bei dieser Frage mustert sie Kascha von oben bis unten, als wäre diese ein Dienstmädchen beim Vorstellungsgespräch, und das Wort »Psychologin« klingt aus ihrem Mund, als handele es sich um eine ansteckende Krankheit. Zoe schnappt innerlich nach Luft, aber Kascha bleibt vollkommen gelassen.
    »Frau Kovács, ich kann mir vorstellen, dass Sie eine vielbeschäftigte Frau sind, und wir wollen Ihre Zeit auch nicht über Gebühr strapazieren. Sie haben ja tatsächlich schon alle Fakten zu Sandras Verschwinden vor drei Jahren, soweit Sie Ihnen bekannt waren, zu Protokoll gegeben. Außerdem hat Frau Kandeloros bereits mit Ihrer jüngeren Tochter gesprochen. Uns geht es darum, eventuell in Sandras Sachen noch einen Hinweis zu finden.«
    Zoe ist erstaunt, dass Kascha sich ihren Familiennamen gemerkt hat, noch erstaunter ist sie über die Engelsgeduld der Psychologin, sie selbst spürt schon seit einigen Minuten das unbedingte Bedürfnis, dieser arroganten Madame eine ordentliche Salve vor den weißgewandeten Bug zu knallen. Doch offenbar hat Kascha Erfolg mit ihrer

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