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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Ihrem heutigen desgleichen nichts?«
    »Nein, Sir. Und von dem heutigen desgleichen nichts. Meine kleine Frau ist gegenwärtig – um nicht durch die Blume zu sprechen – fromm gestimmt, oder glaubt es wenigstens, und besucht die abendlichen geistlichen Übungsstunden – so nennt sie sie – eines gewissen Reverend namens Chadband. Er verfügt zweifellos über eine große Beredsamkeit. Aber der Stil gefällt mir nicht besonders. Doch das gehört nicht her. Da meine kleine Frau in dieser Weise beschäftigt ist, wurde es mir leichter, unauffällig einen Sprung herüberzumachen.«
    Mr. Tulkinghorn nickt beistimmend. »Schenken Sie sich ein, Snagsby!«
    »O, ich danke bestens, Sir«, entgegnet der Papierhändler mit seinem ehrerbietigen Husten. »Wirklich, ein wundervoller Wein, Sir.«
    »Es ist ein jetzt selten gewordner Wein«, nickt Mr. Tulkinghorn. »Er ist fünfzig Jahre alt.«
    »Was Sie sagen, Sir! Aber es wundert mich eigentlich gar nicht. Er könnte geradesogut – beliebig alt sein.«
    Nach dieser allgemeinen Lobspende auf den Portwein hüstelt Mr. Snagsby hinter der Hand seinen Bescheidenheitshusten, als wolle er sich entschuldigen, daß er überhaupt so etwas Kostbares zu trinken wage.
    »Möchten Sie nicht noch ein Mal wiederholen, was der Junge sagte?« Mr. Tulkinghorn steckt die Hände in die Taschen seiner rostigen Kniehosen und lehnt sich ruhevoll in seinen Stuhl zurück.
    »Mit Vergnügen, Sir.«
    Getreulich, wenn auch etwas weitschweifig, geht der Papierhändler durch, was Jo vor den versammelten Gästen in seinem Hause erzählt hat. Am Ende seiner Geschichte angelangt, fährt er plötzlich erschrocken auf und bricht ab mit einem: »Mein Gott, Sir, ich wußte gar nicht, daß noch jemand anders hier anwesend ist.«
    Mr. Snagsby ist ganz erregt, weil er in einer kleinen Entfernung vom Tisch zwischen sich und dem Advokaten eine Person mit aufmerksamem Gesicht, Hut und Stock in der Hand, stehen sieht, die anfänglich nicht da war und inzwischen weder durch die Tür noch zu den Fenstern hereingekommen ist. Es steht wohl ein Schrank im Zimmer, aber seine Angeln haben nicht geknarrt, und man hat keinen Tritt auf dem Fußboden gehört. Und dennoch steht diese dritte Person jetzt da mit aufmerksamem Gesicht, Hut und Stock in der Hand und die Hände auf dem Rücken; ein stummer aufmerksamer Zuhörer.
    Er ist ein untersetzter, kräftig gebauter, solid aussehender, schwarzgekleideter Mann mit scharfen Augen und in mittleren Jahren. Abgesehen davon, daß er Mr. Snagsby ins Auge faßt, als wolle er ihn porträtieren, ist auf den ersten Blick nichts Auffälliges an ihm; wenn nur sein gespenstisches Kommen nicht gewesen wäre.
    »Sie brauchen wegen des Herrn nicht zu erschrecken«, sagt Mr. Tulkinghorn in seiner gelassenen Weise. »Es ist nur Mr. Bucket.«
    »Ach so, Sir«, entgegnet der Papierhändler und deutet durch einen Husten an, daß er keine Ahnung hat, wer Mr. Bucket sein mag.
    »Ich wollte, daß er die Geschichte mit anhöre«, erklärt der Advokat. »Aus einem gewissen Grunde hätte ich halb und halb Lust, mehr davon zu erfahren, und er kennt sich in solchen Dingen aus. Was meinen Sie dazu, Bucket?«
    »Sehr einfach, Sir. Da unsre Schutzleute den Jungen von seinem Standpunkt abgeschoben haben und er auf seinem alten Strich nicht sein kann, ist es nicht schwer, ihn in weniger als ein paar Stunden herzubringen, wenn Mr. Snagsby nichts dagegen hat, mit mir einen Besuch in 'Toms Einöd' zu machen, um ihn mir zu zeigen. Ich kann es natürlich auch ohne Mr. Snagsby tun. Aber das ist der kürzeste Weg.«
    »Mr. Bucket ist Polizeidetektiv, Snagsby«, erklärt der Advokat.
    »Was Sie nicht sagen, Sir!« stammelt Mr. Snagsby und fühlt in seinem Haarbüschel eine Neigung, als wolle er sich aufrichten.
    »Und wenn Sie nichts dagegen haben, Mr. Bucket an den fraglichen Ort zu begleiten«, fährt der Advokat fort, »würden Sie mich wirklich sehr verpflichten.«
    Mr. Snagsby zögert nur einen Augenblick, aber schon hat Mr. Bucket seine Seele bis auf den Grund sondiert.
    »Sie brauchen keine Angst um den Jungen zu haben«, sagt er. »Es geschieht ihm durchaus nichts. Er hat nichts angestellt. Wir wollen ihn nur hier haben, um ihm ein paar Fragen vorzulegen, und er wird für seine Mühe bezahlt und dann wieder entlassen werden. Er wird ein gutes Geschäft dabei machen. Ich verspreche Ihnen als Mensch, daß der Junge anstandslos wieder entlassen werden wird. Haben Sie keine Angst, daß Sie ihm schaden. Sie brauchen

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