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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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in der vergifteten Luft. An der Wand stehen ein paar Bänke und eine höhere Bank als Tisch. Die Männer sind eingeschlafen, wo sie hingestolpert sind, und die Weiber sitzen bei der Kerze. In den Armen der Frau, die eben gesprochen hat, liegt ein winziger Säugling.
    »Nun, wie alt soll denn das kleine Geschöpf sein?« fragt Mr. Bucket. »Es sieht ja aus, als wäre es erst gestern geboren.«
    Er hat jetzt gar nichts Barsches an sich, und wie er sein Licht vorsichtig auf das Kind fallen läßt, wird Mr. Snagsby ganz seltsam an ein andres gewisses Kind erinnert, das auf Bildern von Glanz umstrahlt ist.
    »Es ist noch nicht drei Wochen alt, Sir.«
    »Ist es Ihr Kind?«
    »Ja, meins.«
    Die andre Frau, die sich darüber gebeugt hatte, als sie eingetreten waren, beugt sich jetzt wieder zu dem Kleinen herab und küßt es.
    »Sie scheinen es so lieb zu haben, als ob Sie selbst seine Mutter wären«, sagt Mr. Bucket.
    »Ich hatte grad so eins, Master, aber es ist gestorben.«
    »Ach, Jenny«, sagt die andre Frau zu ihr, »besser so. Besser, s ist tot als lebendig, Jenny! Viel besser.«
    »Was! Sie sind doch nicht so unnatürlich, hoffe ich«, sagt Mr. Bucket streng, »daß Sie Ihrem eignen Kind den Tod wünschen?«
    »Gott weiß, daß Sie recht haben, Master. Gewiß bin ich nicht so. Ich würde mein eignes Leben dafür hergeben. So gut wie irgend eine vornehme Dame.«
    »Dann sprechen Sie nicht so lästerlich«, sagt Mr. Bucket wieder besänftigt. »Warum tun Sie das?«
    »Es kommt mir so in den Kopf, Master, wenn ich das Kind so liegen seh«, entgegnet die Frau, und ihre Augen füllen sich mit Tränen. »Wenn es nie wieder aufwachen sollte, würden Sie mich für wahnsinnig halten, so würde ich mich gebärden. Ich weiß das ganz genau. Ich war dabei, wie Jenny das ihre verloren hat – nicht wahr, Jenny –, und ich weiß, wie es sie gepackt hat. Aber schaun Sie sich hier um. Schaun Sie die da«, sagt sie mit einem Blick auf die beiden Schlafenden auf dem Boden. »Schaun Sie sich den Jungen an, der ausgegangen ist, um mir einen Gefallen zu tun. Denken Sie an die Kinder, die Ihnen gewiß oft vorkommen und die Sie aufwachsen sehen.«
    »Nun, nun. Sie werden den Kleinen anständig aufziehen, und er wird Ihnen ein Trost sein und im Alter für Sie sorgen«, tröstet Mr. Bucket.
    »Ich werde gewiß mein möglichstes tun«, antwortet sie und wischt sich die Augen. »Aber wie ich heut ganz matt und nicht wohl vom Fieber gewesen bin, hab ich an alles das gedacht, was ihm in den Wegkommen wird. Mein Mann wird ihn nicht leiden können, und er wird Prügel kriegen und wird mich prügeln sehen, und es wird ihm zu Haus nicht gefallen, und er wird herumstreunen. Drum, wenn ich ihn da so liegen seh, denk ich mir, es war am besten, er war gestorben wie der Jenny ihr Kind.«
    »Laß, laß!« sagt Jenny. »Liz, du bist müd und krank. Ich werd das Kind nehmen.«
    Sie tut das und bringt dabei das Kleid der Mutter in Unordnung, deckt es aber rasch wieder über die wundgeschlagne Brust, an der der Säugling gelegen hat.
    »Wenn ich an mein totes Kind denk«, sagt Jenny und geht, den Säugling auf dem Arm schaukelnd, auf und ab, »hab ich das Kleine hier so gern. Und ihr geht's geradso. Ich denk mir, was ich alles drum geben möcht, könnt ich mein Kind wieder haben. Aber wir meinen innerlich ganz dasselbe.«
    Während sich Mr. Snagsby schneuzt und ein Hüsteln der Teilnahme hören läßt, vernimmt man draußen einen Schritt. Mr. Bucket leuchtet mit seiner Laterne in den Eingang und sagt zu Mr. Snagsby:
    »Was sagen Sie jetzt? Ist es der Schmier-Ober?«
    »Es ist Jo«, bestätigt Mr. Snagsby.
    Jo steht ganz erstaunt in dem hellen Lichtkreis wie eine zerlumpte Gestalt in einer Laterna magica und zittert bei dem Gedanken, gegen das Gesetz verstoßen zu haben und nicht weit genug fort gegangen zu sein. Da ihm jedoch Mr. Snagsby die tröstliche Versicherung gibt: »Es geschieht dir nichts und du kriegst Geld, Jo«, erholt er sich wieder und erzählt draußen, wohin ihn Mr. Bucket zu einer kleinen Privatunterhaltung hinführt, seine Geschichte fließend, wenn auch atemlos.
    »Ich habe den Burschen vernommen«, sagt Mr. Bucket, als er zurückkommt, »und es stimmt schon. Also, Mr. Snagsby, wir sind bereit.«
    Zuerst vollendet Jo seinen Liebesdienst damit, daß er die Medizin, die er geholt hat, der Frau mit der lakonischen mündlichen Vorschrift übergibt, daß alles auf einmal einzunehmen sei.
    Zweitens legt Mr. Snagsby eine halbe Krone auf den

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