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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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bedeutet, Kamerad, ist's ja gut, aber es will mir nicht besonders gefallen, daß Sie immer in Ihrem gegenwärtigen Gemütszustand so darauf versessen sind, Kamerad. Ich möchte Ihnen lieber raten, sich dann mit etwas anderm zu befassen !' Er wurde so leidenschaftlich, daß ich schon einen Schlag parieren wollte, aber er nahm es verhältnismäßig gut auf und ließ es gleich sein. Wir haben uns dann die Hände geschüttelt und sind so eine Art Freunde geworden.«
    »Was war das für ein Mann?« fragte mein Vormund mit sichtlicher Teilnahme.
    »Bevor sie einen wilden Stier aus ihm gemacht haben, war er ein kleiner Landwirt in Shropshire.«
    »Hieß er Gridley?«
    »Jawohl, Sir.«
    Mr. George sah mich ein paar Mal rasch hintereinander aufmerksam an, während mein Vormund und ich, überrascht über das Zusammentreffen, ein paar Worte zusammen sprachen, und ich erklärte ihm daher, woher wir den Namen des Mannes kannten. Zum Dank für meine Herablassung, wie er es nannte, machte er mir wieder eine seiner militärischen Verbeugungen.
    »Ich weiß nicht«, sagte er und sah mich an, »was mich wieder auf diese Gedanken bringt, aber – ba, wo mein Kopf nur wieder hinaus will.«
    Er fuhr sich mit seiner schweren Hand über sein kurzgelocktes schwarzes Haar, als wollte er seine Gedanken wegwischen, und saß, ein wenig vorwärts gebeugt, den einen Arm in die Seite gestemmt, den andern auf seinen Schenkel gelegt, da und starrte, in dieses Sinnen verloren, auf den Fußboden.
    »Ich habe zu meinem Bedauern gehört, daß Gridley infolge seiner Gemütsverfassung wieder in neuerliche Ungelegenheiten geraten ist und sich versteckt hält«, sagte mein Vormund.
    »Ich habe es auch gehört, Sir«, bestätigte Mr. George, immer noch nachdenklich auf den Boden starrend. »Ich habe es auch gehört.«
    »Wissen Sie nicht, wo er ist?«
    »Nein, Sir«, antwortete der Kavallerist, erwachte jetzt aus seinem Brüten und blickte wieder auf. »Ich habe nichts mehr von ihm gehört. Ich fürchte, es wird bald aus mit ihm sein. Man kann viele Jahre an dem Herzen eines starken Mannes herumfeilen, aber endlich bricht es doch.«
    Die Ankunft Richards brach das Gespräch ab. Mr. George stand auf, machte mir wieder eine militärische Verbeugung, wünschte meinem Vormund guten Tag und schritt gewichtig zur Tür hinaus.
    Das war an dem Morgen des Tages, wo Richard abreisen sollte. Wir hatten keine Einkäufe mehr zu besorgen. Mit dem Einpacken war ich schon zeitig vormittags fertig geworden, und wir waren frei bis zum Abend, wo er über Liverpool nach Holyhead abreisen sollte. Da »Jarndyce kontra Jarndyce« wieder verhandelt werden sollte, schlug mir Richard vor, mit ihm den Gerichtshof zu besuchen und der Sitzung beizuwohnen. Da es sein letzter Tag war, ihm viel an dem Gange zu liegen schien und ich überdies niemals dort gewesen war, gingen wir zusammen nach Westminster, wo damals der Gerichtshof seine Versammlungen abhielt. Unterwegs unterhielten wir uns mit Verabredungen, wie oft wir uns schreiben wollten, und mit vielen hoffnungsvollen Plänen. Mein Vormund wußte, wo wir hingingen, und begleitete uns daher nicht.
    Als wir den Gerichtshof erreichten, sahen wir den Lordkanzler – denselben, den ich damals in seinem Privatzimmer in Lincoln's-Inn gesprochen hatte – in großem Ornat feierlich in einem Thronsessel sitzen, das Zepter und die Siegel auf einem roten Tisch unter sich und einen ungeheuren flachen Blumenstrauß daneben, der wie ein kleiner Garten den ganzen Gerichtssaal durchduftete. Vor dem Tisch zog sich eine lange Reihe von Solicitoren mit Aktenstößen auf dem Strohteppich zu ihren Füßen hin, und dann kamen die Herren vom Barreau mit Perücke und Talar. Einige schliefen, andre wachten, und gelegentlich sprach einer, ohne daß jemand dem, was er sagte, die geringste Aufmerksamkeit schenkte. Der Lordkanzler saß in seinen bequemen Lehnstuhl zurückgelehnt, den Ellbogen auf die gepolsterte Armlehne und die Stirn auf die Hand gestützt. Einige der übrigen Anwesenden schlummerten, einige lasen Zeitungen, andre gingen auf und ab oder unterhielten sich flüsternd in Gruppen. Aber alle schienen sich sehr wohl zu fühlen und nicht die mindeste Eile zu haben, als ginge sie das Ganze überhaupt nichts an.
    Zu sehen, wie alles so glatt verlief, und daran zu denken, wie rauh das Leben und Sterben der Prozessierenden war, all den Pomp und die Feierlichkeit zu sehen und an die Verschwendung und andererseits den Mangel und das bettelhafte Elend, um

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