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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Glück wünschen kann, daß Sie zu Ihrem Vermögen gekommen sind – wenn es nicht in meinen Grundsätzen läge, niemals Hoffnungen zu erwecken, könnte ich mich darüber weiter auslassen –, werden Sie mir nichts schuldig sein als den kleinen Rest, der vielleicht noch von den zwischen Anwalt und Klienten erwachsenden Kosten außensteht. Abgesehen von den der Taxe unterliegenden Kosten, die von dem strittigen Kapital in Abzug kommen. Ich werde dann weiter keinen Anspruch an Sie erheben, Mr. Carstone, außer der Anerkennung der eifrigen und tätigen Erfüllung meiner Pflicht als Ihr Anwalt. Ich meine damit nicht die übliche und formelle Erfüllung, Sir.«
    Vholes fügt als Nachwort zu dieser Darlegung seiner Grundsätze noch hinzu, Mr. Carstone werde vielleicht die Güte haben, da er jetzt zu seinem Regiment zurückgehe, ihm eine Anweisung auf zwanzig Pfund à conto auszustellen.
    »Denn wir haben neuerdings viele kleine Konsultationen und Tagfahrten gehabt, Sir«, bemerkt Vholes und blättert in seinem Journal. »Und die Sachen summieren sich, und ich will mir nicht den Anschein geben, ein Kapitalist zu sein. Als wir unsre gegenwärtige Verbindung anknüpften, sagte ich Ihnen offen, – es ist mein Prinzip, daß Anwalt und Klient nie offen genug gegeneinander sein können –, daß ich kein Kapitalist bin, und wenn Sie auf den Kostenpunkt allein sehen wollten, Sie lieber Ihre Akten bei Kenge & Carboy lassen möchten. Nein, Mr. C., Sie werden hier weder die Vorteile noch die Nachteile eines kapitalkräftigen Vertreters finden. Dies hier« – Vholes schlägt wieder auf das hohlklingende Pult – »ist Ihr Fels, aber es gibt nicht vor, mehr zu sein.«
    Der Klient, dessen Niedergeschlagenheit allmählich abgenommen hat und dessen vage Hoffnungen wieder wach geworden sind, nimmt Feder und Tinte und schreibt die Anweisung, nicht ohne längere Zeit zu überlegen und nachzurechnen, auf welches Datum er sie ausstellen solle. – Das verrät dem Advokaten, daß nur spärliche Deckung vorhanden ist. – Die ganze Zeit über sieht ihm Vholes, körperlich und geistig zugeknöpft, aufmerksam zu. Die ganze Zeit über lauert Vholes Kanzleikatze vor dem Mauseloch.
    Schließlich ersucht ihn der Klient unter Händeschütteln, um Himmelswillen sein möglichstes zu tun, um ihn durch den Kanzleigerichtsprozeß durchzubringen. Mr. Vholes, der nie Hoffnungen gibt, legt sodann dem Klienten die Hand auf die Schulter und antwortet lächelnd: »Ich bin stets hier, Sir, persönlich oder brieflich werden Sie mich stets hier finden, Sir, die Schulter gegen das Rad gestemmt.«
    So scheiden sie, und Vholes, jetzt allein gelassen, beschäftigt sich damit, verschiedne kleine Summen aus seinem Journal in sein Trattenbuch zum Besten seiner drei Töchter zu übertragen. So würde auch ein sorgsamer Fuchs oder Bär mit dem Nebengedanken an seine Jungen seine Rechnung über Hühner oder verirrte Wanderer abschließen, womit durchaus nichts Nachteiliges über die drei dürren und zugeknöpften Jungfrauen, die mit Vater Vholes in einem dumpfigen Landhaus mit feuchtem Garten in Kennington wohnen, gesagt sein soll.
    Als Richard aus dem düstern Schatten von Symond's-Inn in den Sonnenschein von Chancery-Lane heraustritt – dort ist heute zufällig Sonnenschein –, geht er gedankenvoll weiter, wendet sich nach Lincoln's-Inn und tritt unter die Schatten der Bäume. Auf viele solcher Spaziergänger sind die fleckigen Schatten dieser Bäume schon gefallen, auf manches ebenso gebeugte Haupt, auf ebenso nervös zerbissene Nägel, umdüsterte Augen und ziellos träumerische Mienen, auf verschwindendes und verschwundenes Vermögen, auf ein verfehltes und verbittertes Leben.
    Noch sieht dieser Spaziergänger nicht schäbig aus, aber das kann noch werden. Das Kanzleigericht kennt keine andre Weisheit als Präzedenzien und ist reich an solchen Präzedenzien. Und warum sollte sich ein einziger unterscheiden von Zehntausenden?
    Aber es ist erst kurze Zeit her, daß Richard angefangen hat, im Treibsand zu versinken, wie er jetzt von dem Ort für mehrere Monate lang scheidet – zögernd scheidet, obgleich er ihn haßt. Sein Herz ist schwer von verzehrender Sorge, von Hangen und Bangen, von Mißtrauen und Zweifel, aber es hat vielleicht noch Platz für ein schmerzliches Staunen, wenn er sich erinnert, wie anders sein erster Besuch hier war, wie anders er selbst, wie anders das bunte Farbenspiel des Lebens. Aber Ungerechtigkeit muß Ungerechtigkeit gebären,

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