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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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fünf Minuten davon sprechen, ohne nicht schon über die Vorfragen gänzlich uneinig zu werden. Zahllose Kinder sind in den Prozeß hineingeboren worden, zahllose junge Paare haben hineingeheiratet, zahllose alte Leute sind herausgestorben. Dutzende von Personen sind zu ihrem Schrecken auf einmal Partei in Sachen »Jarndyce kontra Jarndyce« geworden, ohne zu wissen, wie und warum; ganze Familien haben sagenhafte Stammesfeindschaft mit dem Prozeß geerbt.
    Der kleine Kläger oder Beklagte, dem man ein neues Schaukelpferd versprochen, wenn »Jarndyce kontra Jarndyce« geschlichtet sein würde, ist darüber groß geworden, hat sich ein lebendes Pferd gekauft und ist in die andere Welt getrabt. Jugendfrische Mündel sind zu Müttern und Großmüttern verwelkt; eine lange Prozession von Kanzlern ist gekommen und gegangen; das Verzeichnis der Parteien in dem Prozeß ist zu einem langen Leichenzettel geworden; vielleicht leben nicht mehr drei Jarndyce auf der Erde, seitdem sich der alte Tom Jarndyce in einem Kaffeehaus in der Kanzleigerichtsgasse aus Verzweiflung eine Kugel durch den Kopf geschossen – aber »Jarndyce kontra Jarndyce« schleppt sich immer noch in unabsehbarer Länge vor dem Gerichtshof hin, und auf ein Ende ist nicht zu hoffen.
    »Jarndyce kontra Jarndyce« ist zu einem Witzwort geworden. Das ist das einzig Gute, was jemals dabei herausgekommen ist. Der Fall hat vielen den Tod gebracht, aber den Juristen ist er ein Jux. Jeder Beisitzer des Kanzleigerichts hat darüber zu berichten gehabt. Jeder Kanzler hat, als er noch Anwalt war, darin plädiert. Blaunasige alte Advokaten mit plumpen dicksohligen Schuhen haben in auserlesenen Portweinsitzungen nach dem Essen in der Hall ihre Witze darüber gerissen. Anfänger auf der Juristenlaufbahn haben ihren Scharfsinn daran geübt. Als Mr. Blowers, der ausgezeichnete Advokat, einmal sagte: »Das oder jenes kann nur geschehen, wenn es Kartoffeln vom Himmel regnet«, hatte der letzte Lordkanzler verbessernd bemerkt: »Oder wenn wir mit 'Jarndyce kontra Jarndyce' fertig werden, Mr. Blowers!« – ein Scherz, über den besonders die Pedelle und Gerichtsdiener lachten.
    Wie viele mag nicht schon die ansteckende Berührung des Falles Jarndyce kontra Jarndyce korrumpiert haben! Von dem Beisitzer, auf dessen Aktenschrank ganze Stöße von Erlassen in Sachen Jarndyce kontra Jarndyce in formlosen Haufen verstaubten, bis hinab zu dem Abschreiber in dem Bureau der »Sechsschreiber«, der Zehntausende von Kanzleifolioseiten mit dieser ewigen Überschrift kopiert hat, ist keines Menschen Herz dadurch besser geworden.
    Aus Überlistung, Ausflüchten, Verschleppung, Ausbeutung und Verwirrung aller Art entspringen Einflüsse, die nie zu irgend etwas Gutem führen können.
    Selbst die Laufburschen der Solizitoren, die den unglücklichen Prozessanten seit unvordenklichen Zeiten den Trost vorspiegelten, daß Mr. Chizzle, Mizzle oder sonst wer vormittags dringend beschäftigt wären, haben vielleicht durch den Fall Jarndyce kontra Jarndyce einen krummen Weg mehr gehen gelernt.
    Der Sequestrator in der Sache hat ein schönes Stück Geld dabei verdient, aber seiner eignen Mutter mißtrauen und das ganze Menschengeschlecht verachten gelernt. Chizzle, Mizzle und wer sonst noch haben sich allmählich angewöhnt, ihr Gewissen mit dem unbestimmten Vorsatz einzulullen, diese oder jene Kleinigkeit zu regeln oder dies oder das für Drizzle, der unverantwortlich vernachlässigt worden, nachzuholen, bis die Sache »Jarndyce kontra Jarndyce« erledigt sei. Hinausschieben und Vertuschen in ihren mannigfaltig wechselnden Gestalten hat der unglückselige Rechtsstreit in zahllosen Fällen auf dem Gewissen, und selbst diejenigen, die unberührt von diesem Übel seine Geschichte verfolgt haben, sind unmerklich in Versuchung geraten, nie einzugreifen, das Schlechte seinen schlechten Weg gehen zu lassen und zu der Ansicht zu neigen, alles müsse in der Welt schief gehen, weil sie wahrscheinlich schlampigerweise dazu bestimmt sei.
    So tagt inmitten dieser Verrottung und im Herzen des Nebels der Lord-Oberkanzler in seinem hohen Kanzleigerichtshof.
    »Mr. Tangle«, sagt der Lord-Oberkanzler. – Der Redeschwall dieses gelehrten Herrn hat ihn ein wenig unruhig gemacht.
    »Mlord!« sagt Mr. Tangle.
    Er weiß mehr von »Jarndyce kontra Jarndyce« als irgend jemand sonst. Er ist deshalb berühmt, und es heißt, er habe nichts anderes gelesen, seitdem er aus der Schule ist.
    »Sind Sie mit Ihrem Argument bald

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