Bleib bei mir, Gabriella
Unternehmerinnen. Der Termin wurde vereinbart, bevor … diese Geschichte in der Presse erschienen ist. Ich habe Angst, dass sie mich nicht ernst nehmen. Vielleicht lachen sie mich sogar aus. Was kann ich Geschäftsfrauen schon sagen, wenn ich es nicht mal schaffe, in einer Disco mein Kleid anzubehalten?“
Es überraschte ihn, dass sie das Thema von sich aus ansprach. Er wusste, dass seine Antwort wichtig war. „Falls jemand fragt, könntest du erwidern, dass … Missgeschicke eben passieren.“
Nach einem Moment der Verblüffung lachte sie fröhlich. Wie befreit. Rafe war stolz auf sich. Genau das hier hatten sie beide gebraucht.
„Ja, vielleicht ist Humor am besten“, sagte sie.
„Wer selber lacht, wirkt nie lächerlich.“
„Weißt du, dass du ein guter Ratgeber bist?“
Ihr bewundernder Blick erfüllte ihn mit Stolz. Wann war ihm das zuletzt passiert? Wann hatte ihn eine Frau jemals so fasziniert wie Gabby? Und gerade deshalb musste er mehr über den Vorfall wissen.
„War es denn ein Missgeschick?“
„Nicht ganz“, antwortete sie und klang wieder verletzlich.
Rafe wartete, aber mehr sagte sie nicht.
Er wollte sich nicht gekränkt fühlen. Warum sollte sie sich ihm anvertrauen? Er war nur ihr Bodyguard.
Ein Bodyguard, der sie geküsst hatte.
Anderthalb Stunden später begriff Rafe endgültig, dass Gabby nicht so einfach in eine Schublade zu stecken war. Sie hatte ihren Vortrag vor den Geschäftsfrauen mit der Bemerkung begonnen, dass ihr eine Menge Ärger erspart geblieben wäre, wenn sie in London ein Kostüm getragen hätte.
Ihr Publikum hatte mit ihr gelacht, nicht über sie, und sie war zu ihrem eigentlichen Thema gekommen – wie sie ihren Bekanntheitsgrad gewinnbringend eingesetzt hatte. Jetzt mischte sie sich unter die Frauen, plauderte angeregt und genoss die entspannte Atmosphäre, während Rafe versuchte, im Hintergrund zu bleiben. Da er der einzige Mann im Raum war, war das nicht leicht.
Nach einer Weile fielen ihm zwei Frauen auf. Nicht weil sie mehr Schmuck als alle anderen trugen, sondern weil sie Gabby die ganze Zeit beobachteten, als wollten sie sich keine ihrer Bewegungen entgehen lassen.
Bevor Rafe sich zwischen ihr und den beiden postieren konnte, gingen die Frauen zu ihr, und Gabby wandte sich ihnen höflich zu.
„Amelia Northrop“, sagte die Rothaarige und streckte die Hand aus.
Die andere machte es ihr nach. „Gail Winslow.“
„Ich freue mich, Sie kennenzulernen“, erwiderte Gaby. „Ich hoffe, mein Vortrag hat Ihnen gefallen.“
„Sehr sogar“, antwortete Gail. „Aber jetzt möchten wir zur Sache kommen.“
„Zur Sache?“
„Wann wollen Sie Ihr Image zu Geld machen?“, fragte Amelia unverblümt.
„Ich bin nicht sicher, was Sie meinen.“
„Wann wollen Sie Ihren eigenen Duft herausbringen? Ihre Tage als Model sind bald vorüber, aber Sie sind bekannt genug, um Ihren Namen zu vermarkten.“
„Ich werde darüber nachdenken“, wich Gabby taktvoll aus. „Aber Sie scheinen sich ja gut auszukennen. Was machen Sie denn beruflich?“
„Oh, wir haben im letzten Jahr unser eigenes Unternehmen gegründet. Wir verkaufen Präsentkörbe.“ Sie gab Gabby eine Visitenkarte. „Wenn Sie eine exklusive Marke entwickeln, würden wir sie sehr gern vertreiben.“ Sie zeigte auf Rafe. „Ist dieser attraktive Mann fest bei Ihnen angestellt, oder soll er Sie nur heute Abend vor denen da beschützen?“ Sie drehte sich zu den Fotografen um, die sich vor dem Eingang drängten.
„Er hilft aus, solange ich in den Staaten bin“, erwiderte Gabby lässig und sprach weiter, bevor die beiden etwas einwerfen konnten. „Es war toll, Sie kennenzulernen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.“
Sie ging weiter, und Rafe staunte, wie geschickt sie aufdringliche Fragesteller abfertigte. Er selbst hätte längst die Geduld verloren.
Schließlich leerte sich der Raum, und er und Gabby mussten sich der Meute vor der Tür stellen.
Sie legte eine Hand auf seinen Arm. „Ich stehe etwa drei Minuten für die Kameras still, und dann verschwinden wir, okay?“
„Das musst du nicht. Wir können den Hinterausgang nehmen.“
„Nein, ich will die Presse nicht verärgern. Ich werde nicht mit ihnen reden, sondern nur kurz stehen bleiben.“
Rafe musste zugeben, dass sie ein echter Profi war. Kein Wunder, hatte sie doch schon mit siebzehn angefangen.
Er ließ die Limousine vorfahren und beschützte Gabby so gut wie möglich, als sie sich in den Trubel begab. Sie drehte sich nach links
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