Bleib bei mir, Gabriella
mir bekannt vor.“
Gabby lächelte. „Ja, das höre ich oft.“ Sie nahm die Tüte und ging zur Tür.
Rafe folgte ihr. Auch er lächelte. Sie wusste, wann sie besser die Flucht ergriff.
Draußen eilte sie zum Juweliergeschäft zurück. Er nahm ihr die Tüte ab. „Die kann ich nehmen.“ Als seine Finger ihre berührten, war es wie ein Stromschlag.
Gabby wich zurück und er auch. Bevor sie ihm in die Augen schauen konnte, zeigte er eine Seitenstraße entlang. „Wir machen einen kleinen Umweg. Ich nehme nie zweimal denselben Weg.“
„Privat und beruflich?“
„Ich lasse die Vergangenheit gern hinter mir“, erklärte er.
„Auch auf einem neuen Pfad kann man sie nicht immer abschütteln.“
Rafe dachte an seine Einsätze beim Secret Service. An Connies Tod und die Zeit danach. Er war nicht da gewesen, um sie zu beschützen.
Bisher hatte er geglaubt, dass er auch das Schuldgefühl hinter sich gelassen hatte. Aber die Begegnung mit Gabby hatte es wieder zutage gefördert. Nur noch ein paar Wochen, dann war sie wieder in Italien. Und er zurück in New York.
Das war für sie beide das Beste.
„Gabby, was ist los? Deine Rastlosigkeit macht mich verrückt!“ Rafe übertrieb nicht.
Sie hatte sich an den Flügel gesetzt, zu spielen begonnen und wieder abgebrochen. Auch das nächste Stück hatte sie nicht zu Ende gebracht. Davor hatte sie lustlos in ihrem Essen gestochert, ihre E-Mails gelesen und im Schlafzimmer verschiedene Sachen anprobiert.
Jetzt warf sie ihm einen Blick zu, eine Hand noch auf den Tasten. „Du hast dein eigenes Zimmer und kannst die Tür hinter dir zumachen.“
Das stimmte, aber von dort aus konnte er seinen Job nicht machen. „Ich muss dich im Auge behalten.“
„Ich gehe nirgendwohin.“ Gabby stand auf. „Genau das ist das Problem.“
„Wohin möchtest du denn?“, fragte Rafe.
„Es gibt keinen bestimmten Ort. Mir fehlt nur die Bewegungsfreiheit. Verstehst du, was ich meine?“
„Du bist doch nicht eingesperrt und angekettet.“
„Na gut. Ich sage es einfach“, platzte sie heraus. „Ich fühle mich wie ein Vogel im Käfig, weil du jede Minute des Tages bei mir bist. Egal, was ich tue, du bekommst es mit. Es ist, als wäre dauernd eine Überwachungskamera auf mich gerichtet.“
Er stellte den Laptop zur Seite und ging zu ihr. „Vielleicht hast du viel zu oft vor Kameras gestanden und weißt gar nicht mehr, wie es ist, einfach mit jemandem zusammenzusitzen und die Ruhe zu genießen.“
„Und du kannst das?“
Nein, denn er wollte sie dauernd küssen. „Manchmal werde ich auch rastlos“, gab er zu. „Aber beim Secret Service habe ich gelernt, mich zu beherrschen und ruhig und konzentriert zu bleiben.“
„Ich will mich nicht beherrschen. Ich will nur … frei sein.“
„Warum wohnst du nicht bei Eleanor McCord? Würde das helfen?“
„Das kann ich nicht. Schon gar nicht jetzt.“
„Nicht jetzt?“
„Die ganze Familie ist aufgewühlt. Sie müssen … ein Geheimnis verarbeiten.“
„Nicht nur die geschäftlichen Probleme?“ Mit denen war Rafe vertraut.
„Nein, mit dem Geschäft hat es nichts zu tun.“ Gabby seufzte. „Ich weiß nicht, ob es mir helfen würde. Aber es macht mich unruhig, dass ich keinen Platz habe, wohin ich gehöre. Deshalb will ich mir ein Haus kaufen. Dann kann ich jederzeit in die Stadt gehen, ohne Aufsehen zu erregen.“
„Ohne Paparazzi?“
„Davon träume ich. Vielleicht finde ich ja eins mit einer hohen Mauer.“
„Das klingt für mich immer noch nach Käfig.“
„Vielleicht höre ich bald mit dem Modeln auf. Ein italienischer Designer möchte mit mir zusammen eine Taschenkollektion entwerfen. Dann könnte ich auf die öffentlichen Auftritte verzichten.“
Das überraschte Rafe. Gabby brauchte das Rampenlicht gar nicht?
„Was denn?“, fragte sie, als er nichts sagte.
„Nichts.“
„Was hast du gerade gedacht?“
„Dass die meisten Menschen in der Branche gern im Rampenlicht stehen. Es gefällt ihnen, prominent zu sein. Würde es dir nicht fehlen?“
„Ich bin doch schon praktisch auf den Laufsteg geschoben worden, bevor ich selbst entscheiden konnte, was ich werden wollte. Versteh mich nicht falsch. Niemand hat mich gezwungen. Aber irgendwann hat mein Beruf ein Eigenleben entwickelt … aus dem ich mich nicht mehr befreien konnte.“
Da war das Wort wieder – frei. Sie wollte sich frei fühlen.
Rafe musste sie beschützen, aber vielleicht konnte er ihr auch helfen. Vor der Rückkehr ins Hotel hatte
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