Bleib bei mir, Gabriella
kurz nach. „Meistens bist du eine selbstbewusste, unabhängige Frau, aber sobald du eine von diesen E-Mails bekommst, wirkst du verloren und einsam. Ich will wissen, woher das kommt.“
Sie hatte auf eine andere Antwort gehofft, doch die konnte er ihr als Bodyguard vermutlich nicht geben. „Ich bin Miko bei Fotoaufnahmen in Griechenland begegnet. Er hatte auf seiner Jacht eine Party gegeben, und ich muss zugeben, dass er mir sofort den Kopf verdreht hat. Er war charmant und hing an meinen Lippen. Da wusste ich noch nicht, dass das eine Show war – eine, die er bei jeder Frau abzieht, die ihn interessiert.“
Rafes Mund wurde schmal.
Er ist kein Frauenheld, dachte Gabby. Und offenbar hält er nichts von solchen Männern.
„Zwischen meinen Reisen habe ich in seiner Villa in Griechenland gewohnt. Er hatte auch ein Apartment in London. Wenn ich dort war, sind wir oft ausgegangen. Und in den Staaten hat er mir sein Haus in einem Nobelvorort von New York gezeigt. Es war alles so … romantisch. Ich hatte vorher noch keine Beziehung gehabt.“
Rafes Erstaunen war nicht zu übersehen.
„Ja, ich habe auf den Richtigen gewartet. Ich wollte eine Beziehung, wie meine Mutter sie mit meinem Vater hat. Außerdem habe ich lange ziemlich isoliert gelebt. Seit ich siebzehn war, hatte ich mich auf meinen Beruf konzentriert. Deshalb habe ich nicht gleich gemerkt, dass Miko mich ebenfalls isolierte. Ich war geschmeichelt, weil er mich immerzu an seiner Seite haben wollte. Da wusste ich noch nicht, dass er mir Nachrichten von meinen Freunden und meiner Familie verheimlichte.“
„Das ist ein Muster“, sagte Rafe leise. „Hat er dir jemals körperlich wehgetan?“
„Nein. Aber wenn ich nicht auf Reisen war und in seiner Villa wohnte, hat er mich immer häufiger mit der Haushälterin allein gelassen. Trotzdem wollte er nicht, dass ich mehr Aufträge annahm.“
Offenbar gehörte auch das zu dem Muster, das Rafe erwähnt hatte, denn er gab einen abfälligen Laut von sich.
„Als er erfuhr, dass Blake mich für seine PR-Kampagne in die USA holen wollte, hat er es mir verboten. Verboten!“
Rafe lächelte grimmig. „Das kam vermutlich gar nicht gut an.“
„Ich wollte Blake unbedingt helfen. Wir waren in London, und ich sollte mich abends mit Miko treffen. In dem Club. Aber bevor er kam …“ Gabby verstummte.
„Was ist passiert, bevor er kam?“, fragte Rafe sanft.
„Im Waschraum hat mich eine Frau angesprochen und mir erzählt, dass ihre erst achtzehnjährige Schwester ein Verhältnis mit Miko hätte. Ich weiß nicht, warum sie es mir berichtet hat. Vielleicht, weil ihre Schwester ihre Warnung nicht ernst genommen hat. Oder sie wollte mir einen Gefallen tun. Aber es tat weh. Ich kam mir naiv und gedemütigt vor.“
„Und das Zeitungsfoto?“
„Ich wollte Miko zur Rede stellen, als er in den Club kam, aber er hat mich einfach abgewimmelt. Wir reden nachher, hat er gesagt. Eine halbe Stunde später hat er mich auf die Tanzfläche gezogen, und ich habe ihn nach Tatiana gefragt. Er hat mir in die Augen gesehen und offen zugegeben, dass ihm eine Frau nicht reicht. Als ich mich umdrehte und gehen wollte, hat er mich am Kleid festgehalten. Der Träger ist gerissen, und der Rest ist – wie man so sagt – Geschichte.“
„Was hast du danach getan?“
„Nachdem die Paparazzi die einmalige Chance genutzt hatten, bin ich aus dem Club gerannt, in ein Taxi gesprungen und zu Mikos Wohnung gefahren. Ich habe das Nötigste zusammengerafft und den nächsten Flug nach New York genommen. Dort habe ich meine Wunden geleckt, ein paar geschäftliche Kontakte geknüpft und bin nach Dallas geflogen.“
Rafe nahm ihre Hand. „Das finde ich mutig von dir.“
„Nein, es war nicht mutig. Die PR-Kampagne war für mich eine Ablenkung. Während der paar Wochen in New York ist mir klar geworden, dass ich Miko nie geliebt habe. Wir hatten keine gemeinsamen Träume oder Ziele. Ich bin nicht sicher, ob wir überhaupt etwas gemeinsam hatten.“
Als Rafe mit dem Daumen über ihre Handfläche strich, vergaß Gabby Miko – und das Foto in der Zeitung. Stattdessen dachte sie daran, was sie und Rafe alles miteinander geteilt hatten. Sie wusste mehr über ihn, als sie jemals über Miko gewusst hatte.
„Kanntest du Mikolaus Kutras’ Ruf, bevor du mit ihm ausgegangen bist?“
„Nicht wirklich. Ich hatte Fotos von ihm gesehen, und natürlich habe ich nicht alles geglaubt, was über ihn in den Klatschspalten stand. Ich war überzeugt, dass
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