Bleib bei mir, kleine Lady
gestellt, damit er schön kühl bleibt. Und die Angel liegt auch schon bereit. Ich muß doch unser Mittagessen fangen.“
Sie unterhielten sich auf ganz natürliche Weise, aber jedes Wort, das sie sagten, schien eine tiefere Bedeutung zu haben.
„Ich weiß, was du vergessen hast“, sagte Lord Damien.
„Was?“ fragte Gracila.
„Etwas, worauf du dich setzen kannst“, antwortete Lord Damien. „Vergangene Nacht hat es geregnet, und es wäre ein Jammer, wenn du dein Kleid schmutzig machen würdest.“
„Oh, daran habe ich nicht gedacht.“
„Aber ich“, sagte Lord Damien und nahm eine Decke von Sampsons Rücken.
Er breitete sie aus und legte sie für Gracila auf das feuchte Gras.
„So“, sagte er und nahm die Angel zur Hand. „Nun hoffe ich nur, daß mich nicht ausgerechnet heute das Anglerglück verläßt. Das wäre sehr peinlich.“
„Du hast doch bei allem Erfolg, was du anfängst“, erwiderte Gracila lächelnd.
„Du schmeichelst mir.“
„Das will ich aber gar nicht. Ich sage nur, was ich denke.“
„Früher hatte ich mehrere Talente, aber ich habe sie verkommen lassen, und jetzt sind sie vergessen.“
„Man kann sie doch wieder hervorholen.“
„Und wie, wenn ich fragen darf?“
Lord Damiens Stimme hatte einen leicht zynischen Ton angenommen, und Gracila wußte, daß er keine wirklich konkreten Vorschläge von ihr erwartete.
Sie setzte sich auf die Decke, und einen Augenblick glaubte Lord Damien, von dem Sonnenschein auf ihrem Haar geblendet zu sein.
„Ich habe gestern abend daran denken müssen“, sagte sie, „was du mir von deinen Reisen erzählt hast. Ich habe mir einiges von dem, was du beschrieben hast, noch einmal bildlich vorgestellt und habe sogar laut lachen müssen.“
Gracila merkte, daß Lord Damien ihr aufmerksam zuhörte.
„Zum Beispiel“, fuhr sie fort, „finde ich die Szene ausgesprochen komisch, wo ein Kamel, das einen Moment unbeachtet war, eine ganze Wochenration an Futter aufgefressen hat.“ Gracila lachte. „Könntest du dir nicht vorstellen, daß Menschen, die nie aus ihren vier Wänden herausgekommen sind, deine Reiseabenteuer ebensosehr genießen würden, wie ich es getan habe und in der Erinnerung daran immer noch tue?“
Lord Damien beantwortete ihre Frage nicht.
„Ich werde die Worte nie vergessen“, fuhr Gracila daher fort, „mit denen du die Schönheit des Himalaja, das Wunder des Tai Mahal und den Smaragdbuddha in Bangkok beschrieben hast.“ Sie schlug die Hände zusammen. „Bitte, schreib diese Dinge doch nieder! Schreib ein Buch!“
„Ich bin kein Byron.“
„Nein, du bist Virgil Damien und ebenso ursprünglich auf deine Weise wie Lord Byron auf die seine.“
Gracila überlegte einen Augenblick lang, ehe sie weitersprach.
„Früher habe ich dich in meiner Vorstellung mit Lord Byron identifiziert, aber jetzt weiß ich, daß du viel zu individualistisch und eine viel zu ausgeprägte Persönlichkeit bist, um im Schatten irgendeines anderen zu stehen. Du bist du, und mehr verlange ich ja gar nicht von dir.“
„Gracila, Gracila!“ sagte er mit einer Stimme, der die Erschütterung anzuhören war. „Wenn ich dich nur schon vor langer Zeit kennengelernt hätte! Wie anders wäre dann mein Leben verlaufen!“
„Ich hätte dir dann wahrscheinlich aus der Wiege entgegengeschrien oder hätte dich angebettelt, daß du Verstecken mit mir spielst, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß du das sonderlich amüsant gefunden hättest.“
Lord Damien konnte nicht anders, er mußte lachen.
„Ich bin überdramatisch“, sagte er, „und wie recht du hast, dich über mich lustig zu machen! Oh, meine geliebte Gracila, wie schön es ist, mit dir zu lachen!“
„Mit dir ganz genauso“, entgegnete Gracila. „Wie steht es, fängst du jetzt endlich eine Forelle? Aber paß auf die Bäume auf!“
Wieder lachte Lord Damien und warf endlich die Angelschnur aus.
Gracila betrachtete ihn und glaubte wieder, nie einen attraktiveren Mann gesehen zu haben. Sie wußte, daß ihr Herz für ihn allein schlug, und war glücklich.
Lord Damien fing zwei Forellen, und diesmal blieb keine in einem Baum hängen.
Diesmal brannte auch keine an, und sie aßen sie mit großem Genuß und tranken dazu den Wein.
Weil sie die letzten Stunden mit ihm wirklich glücklich und fröhlich sein wollte, plapperte Gracila munter darauf los. Es gelang ihr, Lord Damien immer wieder zum Lachen zu bringen, und jedesmal war sie noch ein wenig glücklicher.
Nur wenn sich ihre
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