Bleib doch, liebes Hausgespenst!
daran verlieren!“
„Du kennst ihn?“
„Aber sicher. Ich unterhalte mich häufig nachts mit ihm. Dann macht er sich sichtbar.“ Monika holte das Ölbild des Jungen mit der weißen Perücke und den schönen, weit auseinanderstehenden Augen. „Das ist er! Nur natürlich... ein bißchen durchsichtig! Wenn es ganz dunkel ist, kann er auch von innen heraus leuchten.“
„Das halte ich nicht aus!“
„Sehen Sie!“ rief Monika. „Er macht schon Schluß mit dem Tanzen!“
Wirklich, die Flasche kam von der Decke geschwebt und goß — wohl zum Dank für seine anerkennende Bemerkung — Herrn Schmidt noch einmal ein.
„Reizend von dir, Amadeus!“ sagte Herr Schmidt ins Leere.
„Das ist ja das reinste Tollhaus!“ rief Walter Spiel.
Vor ihm, in der Luft, goß die Flasche auch sein Glas noch einmal voll, ohne ein Tröpfchen zu vergießen.
„Nein, nein, ich will nicht trinken!“ rief der junge Mann. „Mir ist ja sowieso schon ganz schwindlig... nein, nein!“ Er sprang auf und verzog sich, rückwärts gehend, zur Haustür hin. Dabei ließ er das Glas nicht aus den Augen.
Aber es kam unerbittlich näher, jetzt berührte es schon seine Lippen. Walt Spiel preßte die Zähne zusammen. Das hätte er nicht tun sollen. Das Glas entfernte sich in einer kleinen Kurve. Er glaubte schon, er hätte gewonnen. Schwupp, da hatte er den ganzen Inhalt im Gesicht.
„Mein guter Cognac“, sagte Herr Schmidt, aber seine Stimme klang höchst vergnügt.
Monika lachte.
„Walt, du Ärmster!“ Liane lief zu ihm hin.
„Bring ihn ins Bad, damit er sich das Gesicht waschen kann!“ riet die Mutter.
„Nein, nein! Danke! Nicht nötig!“ Walter Spiel fuhr sich mit seinem Taschentuch durch das Gesicht. „Ich halte es hier nicht aus... nicht eine Sekunde länger!“ Er riß seinen Regenmantel vom Bügel. „Entschuldigen Sie die Störung!“ fügte er völlig überflüssigerweise hinzu, und weg war er.
Liane rannte ihm nach.
„Bravo, Amadeus“, lobte Herr Schmidt, „das hast du gut gemacht.“
„Aber wie wird Liane es aufnehmen?“ fragte Frau Schmidt. „Der schöne Traum von der Verlobung, nun ist er geplatzt.“
„Das wäre doch sowieso nie in Frage gekommen. Glaubst du etwa, ich würde mich in Schulden stürzen, nur um Lianes Verrücktheiten zu finanzieren?“
„Bestimmt hat sie inzwischen gemerkt, daß ihr Walt eine Niete ist!“ sagte Monika. „Das ist doch einfach lächerlich. Wir können mit Amadeus unter einem Dach leben, und er kann ihn nicht mal einen Vormittag ertragen.“
Liane kam zurück. Alle sahen ihr erwartungsvoll entgegen.
„Nun, was ist?“ fragte die Mutter. „Hast du ihn beruhigen können?“
Liane schüttelte stumm und niedergeschlagen den Kopf.
„Aber er kann dich doch nicht dafür verantwortlich machen, daß wir ein Hausgespenst haben!“ rief Monika.
„Natürlich nicht.“
„Hat er was gesagt? Was hat er denn überhaupt noch gesagt?“
„Daß er mit seinem Psychiater darüber sprechen muß.“
„Mit wem?“ fragte Monika.
„Ein Psychiater ist ein Arzt, der sich mit geistigen Störungen befaßt“, erklärte der Vater.
„Ja... ist Walt denn geistig gestört?“ fragte Monika baß erstaunt.
„Er scheint es sich jedenfalls einzubilden.“
Die beiden Schwestern sahen sich an, und plötzlich wurde es auch Liane bewußt, wie komisch die ganze Angelegenheit war. Sie platzte laut heraus, und die anderen stimmten, höchst erleichtert, in ihr Gelächter ein.
Herr Schmidt zog seine Älteste in die Arme. „Ich hoffe, du hast daraus gelernt...“
„Ja, Vati, ich weiß, was du sagen willst!“ fiel Liane ihm ins Wort. „Ich bin wohl doch noch zu jung, mir den Partner fürs Leben auszusuchen. Ganz richtig war ich auch nie in ihn verliebt. Im Grunde war es nur“...Sie suchte das richtige Wort.
„Angabe!“ ergänzte Monika.
Und wieder brachen sie in ein befreiendes Gelächter aus.
An einem hellen Frühlingstag
Endlich brach die Sonne durch den Himmel, der so lange Zeit von Wolken verhangen gewesen war. Der Frühlingsregen hatte die Erde gründlich durchtränkt, und überall grünte und blühte
es.
Monika war voll beschäftigt. Jetzt machte das Ausreiten erst wieder wirklich Spaß. Sie half der Mutter, die Fenster zu putzen, die nach dem langen Winter trübe geworden waren. Außerdem säte sie Petersilie, Kerbel und Dill im Gemüsegarten aus, setzte Salatpflänzchen und Schnittlauchstöcke ein. Dazu kamen die Schularbeiten, für die sie viel Zeit brauchte, und das
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