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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Zeilen schreiben, obwohl es schon abends
½ 11 Uhr ist, und ich gar keine innere Ruhe zum Schreiben habe. Das nennt die Welt nun Sonntag, und dabei kommt man genau zu nichts. Bis ½ 10 Uhr geschlafen, Kaffee getrunken, fertig gemacht, eine halbe Stunde Luft schnappen gewesen, Mittag fertig gemacht, gegessen, zu Tante Gretchen, zu Elli, zu Vater, nach Hause. ½ 6 Uhr heim, um 6 Uhr kam Mutti, war bis ½ 10 Uhr hier, an die Straßenbahn gebracht, Zeitung angeguckt, abgewaschen, jetzt schreiben. Du weißt ja auch, daß ich nicht gut schreiben kann, wenn noch andere mit im Raum sind, ich kann da nicht bei der Sache bleiben und werde abgelenkt. Habe lange mit mir gekämpft, denn in solch mistiger Stimmung bringt man doch keinen anständigen Brief zustande und einen schönen sollst Du doch nochmal nach dort haben. Also werde ich mir Mühe geben und sehen, wie weit ich es schaffe, evt. gebe ich es dann auf und schreibe morgen weiter. Nur möchte ich da gern mal wieder meinen Kopf renovieren lassen. Mutter und Grete lesen noch am großen Tisch und ich schreibe nun an der Klappe. Linienblatt und Löschpapier hat sich in Mutters Schreibfach gefunden, also ist alles in Ordnung. Nun aber erst zu Deinen beiden Briefen. Der eine kam am Freitag an, am 27. geschrieben, und der andere vom 29.1. kam heute zum Sonntag an, sind beide mal wirklich rasch gegangen und danke ich Dir recht herzlich dafür. Es ist doch immer ein Lichtblick, wenn von Dir Post da ist.
    Gestern war ich bei Frau Dr. Weise, und bekomme ich nun meine Säuglingskarte. Hab von 10 – 4 Uhr dort gesessen. Grete war auch mit. Sie war sehr nett, hat alles mögliche mit einer Art von großem Zirkel gemessen. Sie hat mir Kalk verschrieben, den ich aber nirgends bekommen habe, ferner eine Leibbinde, ferner ausgerechnet, daß es am 18., 19. oder 20 Mai sein könnte, ich also ungefähr am 8. April aufhören könnte, meine Ferien noch vornweg, so käme der 1. April raus, also gehe ich noch acht Wochen ins Geschäft. Es ist bei mir jetzt der sechste Monat und bin ich schon ganz schön rundlich. Ehe ich abgehe, gehe ich nun nochmal hin zu ihr. Morgen früh gehe ich nun mal zu unserer Werksfürsorgerin mich melden, da kann ich einmal in der Woche baden gehen und bekomme drei Flaschen Bier die Woche. Deswegen gehe ich aber nicht hin, nur damit sie mich immer mit der Wäsche vormerkt. Gestern, ehe ich zur Ärztin bin, bin ich erstmal mit meinem grünen Mantel aufs Wirtschaftsamt in die Nonnmühlgasse gesockt. Es war Sperrtag, doch bekam ich den Bescheid, daß Antwort am 27.1. nach meiner Außenstelle also nach der Elisabethallee gegangen ist, dort solle ich mir Montag Bescheid holen. Ob ich es nun morgen wegen der Arbeit im Geschäft schaffe, weiß ich noch nicht, da gehe ich dann Dienstag. Sollte es mir abgelehnt sein, was ich allerdings nicht glaube, so rücke ich denselben Tag wieder nach der Nonnmühlgasse. Gleichzeitig lasse ich mir einen Bezugsschein über eine Leibbinde und zwei Büstenhalter geben. Über alles was ich kaufe, lasse ich mir eine Quittung geben, denn das wirst Du dann wegen einer Beihilfe evt. vorlegen müssen.
    Hast Du Dich wegen unserer Briefe sehr beunruhigt? Heute, als ich mal mit bei Vater drin war, hat er mir wirklich sehr gut gefallen, er sah frischer und lebhafter aus, auch ist sein dickes Bein vollständig zurückgegangen. Vielleicht wird es doch wieder. Wir wollen alle weiter glauben. Elli hat Deinen Brief in die Klinik bekommen und hat sich wirklich sehr gefreut darüber. Sie hat keinen Anfall seit Mittwoch wieder bekommen und auch keine Spritzen. Sie bekommt jetzt nur eine neue Medizin. Vielleicht wird auch da alles gut. Wegen Mutter mache Dir bitte keine unnütze Sorgen. Sie ißt normal, zum Teil sogar besser als vorher, sie kann ja jetzt ihre Portion voll verdrücken. Essen bringe ich von Stöhrs mit, und auch sonst ist sie ziemlich stark und zuversichtlich. Was unser Bettchen gekostet hat, habe ich Dir doch schon geschrieben, 38,–, und daß wir es mit der Straßenbahn heim geschafft haben, hatte ich Dir doch auch schon geschrieben. ... Grete ist jetzt über einem grünen Jäckchen häkeln, und von Mutti bekomme ich was rosanes. Was weiß ich allerdings noch nicht. Dann habe ich noch Garn für ein weißes Jäckchen.
    Was ich über Kramers Brief denke, willst Du wissen? Es stimmt da Verschiedenes nicht, aber das ist Diermann, der sich reinwaschen wollte. Auch bin ich ja nicht ohne zu fragen einfach zu Deinem Urlaub weg geblieben, sondern habe

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