Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Uhr war ich dann im Bett, musste aber ½ 6 Uhr wieder raus, um den Groninger Zug zu erwischen. Erst war ich baden und bin in der Badewanne eingeschlafen, dann bin ich auf die Weihnachtssachensuche gegangen, aber ich glaube, dass man in Zwolle mehr Auswahl hat. Mittag habe ich im Wehrmachtsheim gegessen, Salzkartoffeln und Rosenkohl. Um 2 Uhr war ich dann beim Truppenzahnarzt, der aber erst ¾ 3 Uhr kam. Ich bekam zwei Spritzen und ging das Ziehen wirklich gut, der Zahn war wie die früheren an der Wurzel vereitert. Die Spritzen hielten bis nach meiner Rückkehr nach Hoogerveen, aber jetzt habe ich einen dicken Kopf und bin froh, wenn ich im Bett liege. In zwölf Tagen muss ich wieder hin, da das Ersatzstück umgeändert werden muss und habe ich dann hoffentlich bald mal Ruhe.
Nun geniesst Ihr wohl den Ofen in der Kammer, ich bin wirklich gespannt, wie es zu Hause aussieht, wenn ich auf Urlaub komme, denn es hat sich ja verschiedenes geändert. Wir hatten gestern früh einen der neuesten Filme, ‘Eva’, den ich ungelogen schon vor 13 Jahren gesehen habe. Die angeführten Sachen auf dem Zettel hast Du doch schon mit bezahlt, ich habe die Einzelpreise nochmals eingesetzt. Und nun will ich meinen Brummschädel (aber nicht vom Alkohol) schnell ins Bett kriegen und hoffe, morgen klar sehen zu können. Dir für heute recht viele Grüße und Küsse und denk mal
an Deinen Dichliebenden Hans.
O.U., den 4.12.42
Mein lieber kleiner Strolch!
Für den lieben Brief vom 29.11., über den ich mich sehr gefreut habe, danke ich Dir vielmals. Die Post kam gestern erst um 12 Uhr nachts, sonst hätte ich ihn gleich noch beantwortet. Nun bekommen wir unsere eigenen Feldpostnummern und wird wohl in Zukunft nun also die Beförderung besser klappen. Die neue Nummer am Ende des Briefes gib bitte auch Mutter, damit nicht noch an die alte Nummer geschrieben wird. Dass Du durch die Ofengeschichte nicht viel zum Schreiben kommen konntest, ist klar und hast Du wohl nach meinem letzten Brief mehr Grund, enttäuscht zu sein über Länge und Inhalt, aber wie ich Dir schon schrieb, war daran erstens der Kameradschaftsabend und nicht zuletzt die zwei Spritzen beim Zahnarzt dran schuld, denn die Nachwirkung war nicht von Pappe. Es freut mich, dass Du mit Gretel öfter, d.h. zweimal ins Kino gekommen bist und so wenigstens auf andere Gedanken gekommen bist. Und wenn ich auf Urlaub komme, die dreimal Kino und zweimal Theaterbesuche stehen fest auf dem Programm, denn ich freue mich schon darauf, mit Dir mal wieder ausgehen zu können. Und jetzt brauchst Du wegen Heidi abends nicht so besorgt zu sein, sie kommt doch schon mal ohne ihre Mutti aus. Sag mal, ehe ich es vergesse, taugt das Kinderpuder und auch das andere was, evtl. kann ich noch was besorgen. Da habt Ihr bei Lisa ja ein paar nette Stunden verlebt, hier kann man nicht in Adventsstimmung kommen, dazu ist es zu ungemütlich, aber am 10. nun soll ich mit meinem ganzen Zeug in das Bauernhaus ziehen, und da werde ich es mir, so gut es geht, für mich einrichten, aber bis dahin sieht es bei mir wegen Platzmangel wie in einem Trödlerladen aus. Wieso Du dazu kommst, Schönhals als meinen Freund zu bezeichnen, weiss ich nicht und hier wird der Film bestimmt erst in drei Jahren laufen. So war es ja auch mit dem mir so von Euch empfohlenen Film mit dem Schlager ‘Da droben auf dem Berg’, der wurde hier gerade gespielt, als ich das erste Mal in Groningen war, ist eben Pech. Ich an Deiner Stelle wäre, wo Grete da war, am Tag zweimal ins Kino gegangen, also von Verschwendung kann wirklich keine Rede sein. Dass Grete endlich mal ihren Pessimismus etwas abgelegt hat, wurde auch höchste Zeit, denn in ihrem Alter hatte sie wirklich dazu keinen Grund. Und in der Sache mit ihren Schwiegereltern wird und muss ja auch alles noch gut werden. Mal eine Frage, aber schimpf nicht, beruht das dicker werden auf normalem Zustand? Mit der Liebe auf den ersten Blick zwischen ihr und dem Toni scheint es also nicht weit her gewesen zu sein. Der Oberfeldmeister riecht mir zu sehr nach Arbeit und Drill, aber das ist ja Grete ihre Sache und wird sie schon noch den richtigen Mann mit der Zeit bekommen, denn ich habe Dich doch zum Schluss auch noch gekapert, obwohl Du erst von dem miesen Scheich nichts wissen wolltest.
Mutter schrieb mir mit ihrem letzten Brief auch wieder sehr nett von unserer Heidi und kann ich mir vorstellen, dass, wenn Du sie so in der Stube singend rumgetragen hast, ihr das ausnehmend
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