Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Röblau. Vater ist vom Bahnhof erstmal in die Pilze. Ich war dann ¼ 9 Uhr bei Prolls, holte sie aus dem Bett. Frau Proll ist nicht so recht auf dem Posten. Ich mußte gleich ein paar Tassen gute Milch trinken, da haben wir uns erzählt. Zu Mittag gab es eine Blumenkohlsuppe mit Grießklößchen, Hackbraten mit Kolrabi, Möhren und Salzkartoffeln und als Abschluß einen Mandelpudding mit Ei und selbstgebrauten Himbeersaft. Zum Nachmittagskaffee hatte Frau Proll Hörnchen gebacken. Die muß ich Dir mal backen, wenn Du auf Urlaub kommst. Da wirst Du schleckern. Als wir gingen, bekam ich noch vier Eier mit. Auch hier in Hüttstade werden wir wohl was bekommen, vielleicht auch eine Sülze, da lade ich Leni ein. Wird sie sich freuen? Jetzt habe ich eine Pause machen müssen. Ich bin allein im Haus, da kamen zwei Frauen, Leipziger, aus Fichtelberg. Wollten Buttermilch trinken, die konnte ich ihnen aber nicht geben. Weiß bloß mit dem Bier Bescheid. Während ich mit ihnen sprach, waren sämtliche Hühner aus ihrem Verschlag. Die dürften jetzt nicht raus, weil sie sonst ins Gerstenfeld gehen und viel Schaden anrichten. Na, das war dir jetzt eine Treibjagd. Bis auf wenige haben wir bald alle drin, die beiden Frauen haben auch mit helfen müssen. Nun warte ich schmerzlich auf Frau AAB, damit auch die anderen hineinkommen. Ich wollte eigentlich den Brief nach Mehlmeisel an den Zug schaffen, nun muß ich ihn morgen fortschaffen, Du bekommst ihn einen Tag später.
Da hast Du ja viel Post an einem Tag bekommen, und auch ein Brief von Leni wird angekommen sein. Ich hatte die Sachen von Dir, Deinen Brief und zwei Mark für Blumen Frau Lehmann gegeben. Da wird sich Leni wohl sehr gefreut haben. Es war nur schade, daß sie allein war. Vielleicht sind Schlichts und Vater Jentzsch einmal draußen bei ihr gewesen. Seit Ende voriger Woche haben wir schönes Wetter. Jetzt droht es aber sich zu ändern.
Den Foto haben wir nicht mit, den haben wir vergessen. Heute bekam ich eine Karte von Schramms, deren Adresse ist ... Vielleicht schreibst Du ihnen einmal, sie würden sich gewiß freuen. Nun hab ich viel von mir geschrieben.
Bleib mir recht gesund und vergiß uns nicht. Von Vater und mir herzliche Grüße. In aller Liebe
Deine Mutter.
d. 19.10. 42
Mein lieber, guter Junge!
Hab vielen Dank für Deinen lieben Brief, den ich mit Schmerzen erwartet habe. Ich und Vater (der Esel nennt sich zuerst) freuen uns, daß es Dir an Deinem neuen Ort gefällt und auch Deine Arbeit Dich befriedigt. Sind von Deinen Kameraden auch welche von Leipzig dabei?
Siehst Du, nun sind doch Engländer in Lemmer gewesen. Das Schiff, welches sie beschossen haben, war wohl ein Passagierschiff? Und wohl auch nicht bewaffnet? Ist das nicht Mord! Hat Dir Leni von Sprewitz Herbert geschrieben, daß er mit einem Kopfschuß in einem Lazarett liegt? Als mir Ilse Bamberg es in der Straßenbahn erzählte, war ich wie vor den Kopf geschlagen. Er tut mir sehr leid, und will ich nur hoffen, daß er wieder voll und ganz geheilt wird. Ich habe Ilse gesagt, daß ich sie mal mit Heidi besuchen werde. Nun zu unserem Kleinchen. Sie läßt ihren lieben Vati herzlich grüßen, und schickt Dir einen Süßen. Du glaubst wohl nicht, daß das wahr ist? Du mußt nur die Kindersprache richtig verstehen wenn sie sich mit strahlenden Augen mit Dir unterhält. ‘Alle alle, wa wa’, und dann ein Jauchzen. Und wie brav unser Kleines ist. Von abends 6 Uhr bis früh ¼ 7 Uhr schläft der kleine Kerl. Kommt höchstens in der vierten Morgenstunde mal, bekommt ihren Nuckel und schläft weiter. Früh ½ 7 Uhr bekommt sie ihr Fläschchen, dann geht es nochmals ins Bettchen., da schläft sie bald wieder ein. ½ 9 Uhr wird sie bei schönem Wetter auf den Balkon gefahren. ½ 10 Uhr wird das Bad hergerichtet, gebadet und wieder ein Fläschchen. Dann zurück auf den Balkon. Um 2 Uhr Brei mit Apfel oder Tomate, oder auch mal Möhren, da solltest Du nur mal dabei sein, es geht manchmal nicht schnell genug. Ist dann das Wetter halbwegs, geht es spazieren. Heute waren wir in der Nürnberger. Dann gibts um 6 Uhr ein Fläschchen. Dann schläft sie danach ein. Um 10 Uhr kommts letzte dran. Du glaubst gar nicht, wie das kleine Ding gedeiht. Man hat seine Freude daran.
Das ist ja fein, daß Du ein Pfund Butter schickst, weißt Du, ich teile die Butter in drei Teile, für Leni lasse ich sie aus. Sollte Leni nicht da sein, behalte ich die Bonboniere für uns. Du wirst schon wieder mal eine für Leni
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