Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
wieder zwei Stunden rumgeopert, und war munterer wie ein Fisch im Wasser.
Für heute gute Nacht, mein Strolch, bleib gesund und denk immer daran, daß wir Dich sehr lieb haben. Hoffentlich muß ich jetzt nicht zu lange in diesem Ungewissen leben. Nun noch einen Kuß
Deine Leni.
Leipzig, am 11.5. 1943
Mein lieber alter Strolch!
Heute kam nun Dein lieber Brief, der wirklich mit Schmerzen erwartet wurde und danke ich Dir wieder recht herzlich dafür. Ich muß schon sagen, die Post von Arnheim nach hier geht beeindruckend schneller als von Hoogeveen. Am 10. dort abgestempelt und am 11. Nachmittag schon hier. Hoffentlich ist es umgekehrt auch so, daß Du armer Kerl nun endlich mal zu einem anständigen Brief kommst. Ich muß wirklich sagen, daß mir ein Stein vom Herzen war, als ich las, daß Du noch in Holland bist. Wenn Du auch enttäuscht bist, ich jedenfalls bin sehr froh denn auf einen Einsatz im Reich hatte ich wirklich nicht getippt, und wird es wohl auch keiner werden. Sag mal, graut Dir nicht selbst davor, wie unheimlich gescheit Du werden mußt, nachdem Du nun schon wieder einen Lehrgang mitmachst. Darf man fragen, was es für ein Kurs ist, nachdem er nichts mit Geräteverwalter zu tun hat, oder ist das Amtsgeheimnis? Dann will ich natürlich nicht zu neugierig sein. Haben wir doch wieder mal Glück gehabt, ja? In Bezug auf die Verpflegung, Landschaft und militärische Straffheit, da ruh Dich nur recht schön aus und aale Dich für mich mit, und vielleicht kannst Du auch dort mal was bekommen. Von Deinen drei Paketen ist noch keines angekommen, auch das Expresspaket noch nicht. Aber erstere drei sind abgeschickt, denn Herdbücher hat mir drei Einlieferungsscheine geschickt. Du hast wirklich sehr viel zusammengetragen, guter alter Lumisch, aber meine Kaffeekunden kann ich trotzdem nicht alle beliefern. Ich werde Dir aber wieder Geld schicken, bekommst Du was, ist es sehr fein, bekommst Du nichts, können wir es nicht ändern. Nur schreib mir mal, ob ich es gleich in dem Brief schicken soll oder mit Postanweisung. Und dann hast Du ganz vergessen zu schreiben, was die Wurst kostet, denn umsonst nimmt sie niemand an. Waren wohl Deine gesparten Fleischmarken? Du, ich muß Dich überhaupt erst mal loben und Dir einen Extrakuß geben als Belohnung, weil Du Dich so gut rasiert hast, kleiner Mann, wenn Du Dich mit mir unterhältst. Ich glaube Dir sehr gern, daß es Dir schwerfällt, Dich jedesmal so schnell auf die neuen Kameraden umzustellen, ich weiß doch, daß es Dir schwerfällt. Und doch mußt Du daran denken, wer die größte Schnauze hat, ist Sieger. Eigentlich müßtest Du Dich doch nun langsam an die neuen Gesichter dauernd gewöhnen, und im Großen und Ganzen Dich da schneller anpassen. Aber es scheint eben doch nicht; na, ich glaube mir ginge es nicht anders. Wenn Du Dich recht einsam fühlst, mußt Du Dich eben hinsetzen und Dein Herz bei Deiner Lenifrau ausschütten, denn das hilft doch immer. Im Vergleich zu Hoogeveen ist es doch dort mit der Ausgeherei bedeutend besser. Ich bekomme doch da direkt auch mal Lust zum Ausgehen, aber ich gönne es Dir von Herzen, kleiner Mann, nur um das Eis, da könnte ich Dich wirklich beneiden. Denn die ganze Zeit bin ich bis jetzt erfolglos auf der Suche nach einer Portion. Ja, die Wäsche haben wir nun glücklich mal wieder geschafft. Gestern früh bin ich um 6 Uhr runter, bis 8 Uhr gewaschen, dann angezogen und nach einem Sportwagen gesaust, und von 11 Uhr an wieder im Waschhaus. Nachmittags verschiedenes Buntes aufgehangen, am Abend Spinat und Kartoffeln für heute fertig gemacht, dann abgewaschen und dann habe ich mich noch zu einer Partie Doppelkopf geopfert, aber wirklich geopfert, denn ich war hundemüde. Heute bin ich wieder ¾ 6 Uhr raus, weil ich um 6 Uhr schon unten sein wollte zum Aufhängen. Wie ich aber meine Nase raushänge, so sieht alles grau und es regnet. Habe ich mich eben wieder in mein Bett verkrümelt. Dann ging Mutter zu Frau Dr. Weise, und nach 9 Uhr kam Tante Anna, und als es sich dann aufhellte, haben wir gegen 11 Uhr noch aufgehangen, und haben wirklich Glück gehabt und trocken bekommen, denn es hatte immer mal angefangen mit spritzen. Gegen 6 Uhr habe ich dann Heidi und Mutter aus der Nürnberger abgeholt und sind dann durch den Park rausgelaufen. Morgen will Lotte kommen und vielleicht auch Lisa mit, und am Donnerstag gehe ich mal mit Helenchen ins Kino. Am Sonnabend gehen die Eltern in Zirkus Rusch, und ich werde Dir da
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