Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Vorführungen und ausserdem hat man Busverbindungen nach Arnheim, wo man am Niederrhein schöne Spaziergänge machen kann. Von der Unterbringung war ich wenig entzückt, liege mit fünf Unteroffizieren zusammen und hatte dabei noch Glück, denn andere Unteroffizieren liegen bis zu 18 Mann auf einer Stube. Das Essen ist gut und reichlich und ist da kein Unterschied zu Hoogeveen. Da ich nun hierher versetzt bin, dachte ich, hier die Geräteverwaltung zu übernehmen und lach nicht, war natürlich platt, als mir am Sonnabende morgen eröffnet wurde, dass ich an einem vierwöchentlichen Lehrgang, der mit Geräteverwaltung nicht das Geringste zu tun hat, teilnehme. Ich hatte natürlich gleich eine Stinkwut, denn die letzten drei Monate hatten mir gerade genügt, aber nun, nachdem ich gestern und heute früh mitgemacht habe, musste ich feststellen, dass das eine ganz schöne Erholung ist und kann man es lehrgangsmässig gut diese Zeit aushalten. Ich glaube aber, dass ich nach diesen vier Wochen wieder versetzt werde und werde ich alles tun, um nach dieser Zeit eine Planstelle irgendwo als Geräteverwalter zu bekommen, aber am Ende das Lehrganges reiche ich erst mal Urlaub ein, denn die Aussicht auf diesen lässt alles in einem besseren Licht erscheinen. Hier können wir mittwochs, sonnabends und sonntags mit dem Bus nach Arnheim reinfahren, wovon ich gestern Gebrauch gemacht habe. Zuerst bin ich baden gewesen, was ein Genuss war, denn am vorhergehenden Reisetag habe ich mit dem vielen Gepäck reichlich geschwitzt, zumal eine Affenhitze war. Dann bin ich ins Kaffee Rondo, das schönste von Arnheim, und habe ein Eis gegessen, was nicht übel schmeckte. Um 18 Uhr hatte ich eine Karte zum Kino ‘Rembrandt’, ganz neu und aufs modernste eingerichtet. Zuerst spielte eine Jazzkapelle, dann traten zwei Artisten auf, alles waren gute Kräfte und von dem anschließenden Film ‘Die grosse Nummer’ war ich wieder mal restlos begeistert. Nach dem Kino habe ich im Wehrmachtsrestaurant noch eine Tasse Kaffee getrunken und bin dann bis um 10 Uhr durch die innere Stadt gestrolcht. Durch das noch bestehende Standrecht, die Holländer dürfen von 21 Uhr bis 4 Uhr nicht auf die Strasse, war alles wie ausgestorben und hatte man reichlich Platz in den Strassen. ½ 11 Uhr war ich dann wieder in der Stellung und war froh, denn es war unverschämt kalt geworden und ausserdem fing es an zu regnen. Ich nehme an, dass hier die Eisheiligen zeitiger ihr Unwesen treiben, denn auch heute zum Sonntag regnet es und kalt und ungemütlich ist es ausserdem. Früh hatten wir paar Stunden Unterricht, davon habe ich den meisten zur Genüge in Böhmen schon gehabt, so dass es für mich keine Anstrengung war. Bei schönem Wetter wäre ich die neun Kilometer nach Arnheim rein gelaufen, denn es ist ein herrlicher Weg durch Buchenwald, dazu etwas hügelig und hat man dabei schöne Blicke auf Arnheim. Ich wollte dann gegen 18 Uhr zurück und hätte Dir dann nach Rückkehr geschrieben. Aber bei diesem unleidigen Wetter habe ich einen Nachmittagsschlaf getan, dann in Ruhe Kaffee getrunken und bevor ich den Brief zu schreiben anfing, mich schön sauber rasiert, denn ich weiss, dass Du das liebst und da ich mich nun mit Dir brieflich unterhalte, sollst Du nichts an mir auszusetzen haben. Anschliessend will ich meine neue Feldpostnummer nach Hoogeveen schreiben, denn dort wird doch sicherlich ein Brief von Dir für mich liegen und der muss schleunigst her, denn seit meiner Abfahrt von Leipzig konnte mich durch diese Versetzung ja keine Post erreichen, aber Du kannst Dir wohl denken, dass ich mit Schmerzen auf ein Lebenszeichen von Euch warte. Es sind hier ganz nette Kameraden, aber ich finde zu ihnen nicht den richtigen Kontakt, Du weisst ja, dass ich mich schwer an jemanden gewöhnen kann und bin dadurch, obwohl ich hier nicht klagen kann, etwas aus dem seelischen Gleichgewicht gekommen. Ich glaube, ich bin eben erst dann wieder richtig zufrieden, wenn ich für immer wieder bei Dir bin. Heute habe ich mir noch mal die zwei Tage, die wir zusammen waren, durch den Kopf gehen lassen, man kann sich gar nicht vorstellen, dass man wieder einmal dauernd zu Hause ist und muss ich mich manchmal selbst ganz gehörig rüffeln, wenn mein Optimismus ins Schwanken kommt und zum Pessimismus umschlagen will. Man müsste eben so einen Kameraden wie Rank Walther mal wieder finden, so nett wie die Kameraden hier auch sind, meistens haben sie nur Frauengeschichten im Kopf und deswegen
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