Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
ich eine, da sind wir wieder quitt.
Nun aber mal was anderes, schick mir umgehend mal 20.-M. Ich will mal sehen, ob ich Äpfel und Zwiebeln bekomme. Allerdings Äpfel M -.50 bis -.60 das Pfund und die Zwiebeln genauso. Und dann schreib mir, wo ich das Obst hinschicken soll, es geht von Arnheim per Bahn als Eilgut dringend.
Was machen die Eltern? Mutter hat wohl den Brief bekommen und Du grüsst sie und Vater recht vielmals von mir. Ja, nun werde ich für heute Zapfenstreich pfeifen, noch ein Marmeladenbrot essen und mich wieder verziehen. Am Sonnabend oder Sonntag gehe ich wieder ins Kino und dann ist die Woche wieder rum und wir eine Woche älter.
Dir und Heidi nun recht liebe Grüsse und Küsse und behaltet weiter lieb
Deinen Hans und Vati.
Mühlhausen, den 12.9.1943
Mein lieber alter Strolch!
Jetzt nach dem Mittagessen eben unseren letzten Bohnenkaffee getrunken und unser letztes Stücklein selbst gebackenen Streuselkuchen verdrückt. Heidi schnarcht nebenan, und dann, wenn sie munter ist, wollen wir, da das Wetter sehr schön ist, nach Bad Elster rein zum Konzert. Am Dienstagabend ist das letze Konzert und dann ist Saisonschluß. Eigentlich wollte ich Dir schon gestern Abend schreiben, hatte aber so rasende Kopfschmerzen, daß ich mich mit einem nassen Waschlappen ins Bett gelegt habe. Heute ist es wieder besser und da will ich Dir gleich schreiben. Hatte ich Dir eigentlich am Donnerstag geschrieben? Ich weiß es nicht mehr, auf alle Fälle will ich mich nochmals für Deinen lieben Brief bedanken. Mutter brachte ihn mir mit rein nach Elster. Du mußt nämlich wissen, daß ich da mein erstes Reinigungsbad in Elster genommen hatte. Dienstag geht Mutter wieder und am Donnerstag wieder ich. Es ist wirklich prima dort, viel besser als unsere Wannenbäder, dazu kann man sogar 50 Minuten baden. Auch für Deine Zeilen gestern vielen Dank. Besonders Heidi wird sich wohl auf den Keks freuen, da hat sie doch wieder was zum ‘babab‘ machen. Gestern waren wir mal in Adorf und haben wir Heidi einen Sandwagen und ein Schifflein fürs Bad gekauft. Heute früh wieder im Walde. Man merkt aber, daß der Sommer zur Neige geht. Bis zum Mittag hin ist der Boden und das Gras immer vom Tau und Nebel sehr naß, so daß man eigentlich immer nasse Füße hat. Mutti hat mir gestern erst noch Paar Schuhe geschickt. Vater und Mutter wollen nun noch eine Woche länger bleiben, also bis zum 26. rum, und ich muß wohl oder übel mit bleiben. Manchmal habe ich richtige Sehnsucht nach Hause. Ich bin sehr dumm, was? Weißt Du, ich könnte es mir nicht vorstellen, daß unser Heim plötzlich nicht mehr sein sollte. Man merkt erst, was einem alles fehlt, wenn man mal weg ist, vor allem mit einem Kind. Vor allem fehlt mir Heidis Bettchen. Ich muß sie oft in der Nacht in mein Bett nehmen und da braucht sie so viel Platz, daß ich mich auf eine Ecke quetsche. Aber Du sollst nicht glauben, daß ich jammere, ich sage Dir das nur so. Soso, da hast nun also Du nach dem Film ‘Drei schöne Tage’ Sehnsucht nach den Bergen. Ja, kleiner Mann, da wollen wir also abwarten, wie es wird und es der Zukunft überlassen wo wir hinreisen wollen. Am schönsten waren aber doch unsere ersten Ferien in Koserow, oder nicht? Von Mutti kam gestern außer den Schuhen noch ein Brief. Sie bedauert sehr, daß du auf Post hast warten müssen, aber sie schreibt, daß Du es eigentlich wissen müßtest, daß sie Dich nicht vergißt. Sie hatte nur Deine Nummer vergessen. Kunads hatten von dort eine katastrophale Heimfahrt und hatten Mutti und Papa ein Telegramm geschickt ‘Unbedingt Klagenfurt abfahren’. Frauen mit Kinderwagen und Kleinkindern blieben ab Salzburg auf dem Bahnhof zurück. Zugschaffner waren machtlos gegen den Andrang. Auch von Onkel Paul soll ein erschütternder Brief gekommen sein. Die Verbindung nach der Innenstadt ist unterbrochen. Die Gas- und Wasserzufuhr unterbrochen. Täglich fahren Autos und bringen Wasser und Lebensmittel, außerdem ist die Gulaschkanone in Tätigkeit getreten. Was sagt der Holländer zu Italien? Regnet es noch nicht in deren Nasen? 8) Heute liegen nun wieder 150 M bei, hast Du meinen letzten Brief mit dem Geld erhalten? Müssen es also wieder 300 M sein bis jetzt.
Für heute will ich nun mal wieder schließen, ich muß jetzt sparsam werden, denn mein Briefpapier und Umschläge gehen hier zur Neige und zu kaufen gibt es hier nichts. Nimm also für heute 1000 liebe Grüße und Süße entgegen und Grüße von den
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