Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Fühlung verloren habe. Fritz frug nach allen, und besonders nach Gretel, er scheint sie doch immer noch zu lieben. Er beschwert sich, daß niemand mal an ihn schreibt, ich wußte doch aber gar keine Anschrift, sonst hätte ich es längst mal getan. Jetzt liegt er in einem Lazarett in Bayern, aber ob verwundet oder krank weiß ich nicht, wenn ich Deinen Brief fertig habe, will ich ihm noch schreiben, und dann soll ich morgen Vormittag mit Heidi mal zu Frau Leonhard kommen, sie möchte gern mal wieder mit mir sprechen, denn sie ist jetzt ganz einsam.
Der Hoffnung, daß Du Heidi mit wallender Mähne antriffst, brauchst Du Dich nicht hinzugeben. Trotzdem sie paar Zentimeter länger sind, wird sie doch immer noch für einen Jungen gehalten, zumal im Anzug. Sie liebt wirklich ihren Papa sehr, das wirst Du merken, wenn Du hier bist, aber die ‘Mummi’ möchte sie auch nicht missen. Treu ist es, wenn wir sie ausziehen. Dann streicht sie über ihren dicken Bauch und sagt ‘Kuller’ und dann bohrt sie im ‘Popf’ (Bauchknopf) rum. Manchmal guckt sie auch oben in mein Kleid und will meinen Bauch sehen. Sie macht jetzt solchen Spaß und ist ein es Jammer, daß Du das direkt nicht mit erleben kannst. Augenblicklich hat sie wieder einen ganz entzündeten Popser und da heult sie manchmal in der Nacht los “Weh weh”. Muß sie eben nachts jetzt öfters aufs Töpfchen setzen, damit sie nicht so lange in der nassen Windel liegt. Wie es bei Frau Dr. Weise war, habe ich Dir ja inzwischen mitgeteilt und brauch ich Dir nicht noch mal zu berichten. Die Klöße und das Karnickel zum 35-jährigen waren wirklich ganz groß. Alter Lumisch, wenn Du da bist, gibt es auch mal rohe Klöße, ja? Mutter hatte uns, das heißt Heidi, abgeholt, wir anderen haben noch einen Doppelkopf gespielt, aber um 8 Uhr war ich auch wieder heim. Am Mittwoch hatte sich unsere ehemalige Riege mal wieder getroffen und war es sehr schön, nach vier bis fünf Jahren mal alle wiederzusehen und gab es natürlich viel zu erzählen. Das letzte Buch, was Du mir zum Muttertag geschenkt hast war ‘Das unwandelbare Herz’ und hat es mir ganz großartig gefallen. Es ist wieder ein schönes Stück in unserer Bücherei.
... Du bist wohl sehr stolz, daß Du nun im Revier warst, und nicht hast behandeln lassen, ich bin wirklich gespannt, wann es mal so weit ist. Vielleicht wird es doch noch im Laufe des Krieges. Wie es da allerdings mit dem Likör wird, muß ich mir erst noch überlegen. Zu dem Schlitten würde ich unbedingt raten. Es wäre sehr schön, wenn wir einen bekommen könnten, und würde ich einstweilen von Meyern eine Lehne dran machen lassen für Heidi. Mit der Verpackung muß ich mal sehen, wie ich es mache, evtl. kaufe ich paar Feldpostpäckchen und schicke sie zusammengeklappt hin. Die Strümpfe für 8.75 M müssen doch eigentlich bei dem Preis gut sein, bin wirklich gespannt.
Heute haben wir unsere Wäsche abgekocht, es ist unheimlich viel. Die Eltern sind ins Kino, und ich will dann noch an Fritz schreiben, und dann noch mein Essen für morgen fertig machen. Da wird es wohl wieder 11 Uhr werden. Zeitig ins Bett bin ich jetzt nie gekommen, aber morgen gehe ich wirklich mal mit Heidi schlafen, denn ich kann es wirklich mal gebrauchen. Die Eltern sind morgen Nachmittag und Abend zu Frau Küfer und Vogt eingeladen, so daß ich Ruhe habe. Eben kommen die Eltern zurück, und ich will Deinen Brief nun schließen. Wenn die Wäsche vorbei ist, Dienstag oder Mittwoch, schreibe ich Dir wieder, und bis dahin nimm viele liebe Grüße und Süße
von Deiner Lenifrau und Heidikind.
Grüße von der Nürnberger, Lisa, Martin und den Eltern.
Leipzig, den 17.10. 1943
Mein lieber alter Strolch!
Du wirst sicher recht böse sein, daß Du nun schon mal wieder einen Brief lesen mußt. Man hat eben nie Ruhe. Da aber wieder ein Brief heute eingetroffen ist von Dir, will ich Dir auch gleich antworten. Mutter und Vater sind bei Frau Kühn eingeladen, und schwelgen sicherlich in lukullischen Genüssen. Vorhin habe ich mal wieder in Briefen von 1935 von uns gestöbert. Weißt Du, ich habe festgestellt, daß Du früher bessere Briefe schreiben konntest. Liegt das daran, daß wir schon über sechs Jahre verheiratet sind? Heute haben wir nun, Heidi und ich, den Sitz eingeweiht. Ich kam erst allein nicht zurecht mit Anmachen und habe mir Herrn Burmann zu Hilfe geholt. Wir mußten die Lenkstange ein klein Stück höher machen, und ging es da tadellos. Nun hättest Du
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