Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
öfters, ein Zeichen, dass der Urlaub immer näher rückt. Ich glaube, Heidi fühlt sich überall noch wohl, aber mit ihren Omis hat sie es ja auch besonders gut getroffen, wenn ich an meine Grossmütter denke, die eine hatte überhaupt nichts für uns übrig und die andere nur für Elli, es war ein grossmutter- bzw. schreckliche Zeit. Über Dieter bin ich direkt erstaunt, er hat sich ja ganz gewaltig zu seinen Gunsten verändert. Da hat ja Heidi paar nette Spielkameraden gefunden, hoffentlich tyrannisiert sie die beiden nicht zu sehr.
Ja, kleine Frau, mit der Musik hast Du recht, auch mir geht es manchmal so, dass man tatsächlich die Zeit um sich vergisst, aber es kommt auch wieder die Zeit, wo wir zusammen und ohne an Krieg mehr denken zu müssen, geniessen können, verlass Dich darauf und es kann auch nicht mehr so lange dauern. Hat sich denn Mutters Besuch des Backkurses gelohnt, na, vielleicht wird sie mich davon zu Weihnachten überzeugen können. Über Appetitmangel hat sich wohl Heidi nicht zu beklagen, aber wenn es ihr nur schmeckt, das ist ja die Hauptsache. Ich kenne doch meine kleine Frau, die nimmt doch den kleinen Stromer in ihrem Bettchen auf und wenn sie dann weiterschläft, ist es ja immer noch besser, als wenn Du sie nun erst stundenlang in den Schlaf singen musst. Aber der kleine Kerl ist gar nicht dumm, dadurch, dass er Dir gleich alles rüberreicht, stellt er Dich schon vor die vollendete Tatsache. An Mutter schreibe ich dann nach diesem Brief, aber erst will ich was essen, sonst fleckt es mit dem Schreiben gar nicht. Weisst Du, mit Elli ist es für mich nicht gerade leicht, darüber mit Mutter zu schreiben. Man muss nun mal abwarten, wie Mutter Elli vorgefunden hat, seinerzeit, als wir sie besuchten war, es ja schrecklich mit ihr. Mutters ganzer Halt ist ja jetzt unser kleiner Strolch und bin ich froh, dass es so ist. Den Film ‘Wunschkonzert’ habe ich doch nicht gesehen, aber seinerzeit die Kritik mal gelesen, aber so scharf bin ich nicht darauf. Ich war am Freitag in ‘Der Hochtourist’ mit Joe Stöckel, ich hätte doch lieber in ‘Romanze in Moll’ gehen sollen, aber Du weisst ja, dass ich für die Marianne Hoppe nichts übrig habe. Vorher habe ich nun mal Ofw. Flieht auf seinem Lager besucht. Er war böse auf mich, weil ich vorher schon mal zugesagt hatte und nicht gekommen war. Er hatte von seiner Frau Kuchen backen lassen und dazu Bohne. Na, er hat sich dann wieder beruhigt. Gestern Abend sollte hier wieder Wehrbetreuung sein, die Künstler kamen ½ 11 Uhr nachts und hatten untereinander Streit, ob sie noch spielen sollten. Zum Schluss sind sie sang- und klanglos wieder abgezogen. Allerdings hatten sie keine Schuld, sondern lag das am Wehrmachtsbus, der sie nicht früher abholen konnte.
Nun zu Dir, kleine Frau, hast Du nun den Umgang mit dem Zahnarzt abgebrochen und bist Du nun fertig damit? Ich habe am Freitag um 3 Uhr an Dich gedacht. Übermorgen halt den Daumen wegen Zwolle und Mittwoch gehst auf den Lehrgang. Sonst gibt es hier nichts Neues, in Arnheim ist jetzt fast jeden Tag Fliegeralarm, aber nur Überflüge.
Zum Schluss Dir nun recht viele liebe Grüsse und Küsse von
Deinem Dichliebenden Hans.
Drück Heidi von mir und grüsse alle.
Leipzig, den 8.11. 1943
Mein lieber alter Strolch!
Dein lieber Brief traf heute zum Montag ein, und danke ich Dir wieder recht herzlich dafür. Auch für die Kuchenmarken vielen Dank, ich werde sie mit Mutter teilen. Kleiner Mann, berauben wir Dich nicht zu sehr damit? Augenblicklich bekommen wir ja etwas mehr weiße Marken. Gestern hatte ich vergeblich auf Deinen Brief gewartet, und auch heute dachte ich, daß nichts kommt, denn die Post kam erst um 10 Uhr. Da habe ich Deinen Brief ungelesen mit zu Schleinach genommen, und dort im Wartezimmer gelesen. Heidis Karte werde ich ihr vorlesen, wenn sie nachher ausgeschlafen hat. Die Äpfelkiste habe ich am Donnerstag vom Bahnhof geholt. Mutter war mit reingefahren, ist aber da es dort so voll war, wieder früher weggefahren, und habe ich die Kiste dann allein geschleppt. Aber keine Angst, ich habe mir von Frau Lehmann einen kleinen Rolli geborgt, und habe die Kiste bis und von der Straßenbahn gefahren. Es ist ein sehr guter Apfel, und schmeckt ausgezeichnet. Frau Liebau hatte das spitz gekriegt, und kam gleich am Freitag früh rauf und erzählte, was für ein feiner Apfel das wäre, und daß sie auch so gern diese Sorte haben wollte, aber nicht bekommen hätte, und daß ihr Mann
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