Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Süße
von Deiner Leni und Heidi.
Anbei schicke ich Dir Deine Abrechnung zurück und das Geld für Äpfel, Zwiebel und Porto.
Leipzig, den 10.11. 1943
Mein lieber alter Strolch!
Eben habe ich den Brief für Maja fertig gemacht. Ich hatte den Brief mit in Deine Briefschaften gebaddelt und mußte denselben erst wieder raussuchen. Aber ich weiß, Du wirst mir deswegen nicht böse sein, nein? Deinen lieben Brief habe ich heute programmgemäß erhalten, und danke ich Dir recht herzlich dafür. Daß nun alles da ist, halt die Zwiebeln und 19 Pfund Äpfel fehlen noch, hatte ich Dir wohl geschrieben. Stimmt denn nun die Abrechnung? Vorhin war im Radio die Sendung ‘Wovon kann der Landser denn schon träumen’, hast Du das auch gehört? Ich hatte es mir eigentlich schöner vorgestellt, dafür ist jetzt wunderbare Musik. Gerade ‘Unter dem Sternenzelt’. Schööön! Die Sendung am Sonntag ‘Was sich Soldaten wünschen’ ist ja immer sehr hübsch, aber ich habe nicht gehört, denn ich bin mit Heidi in die Nürnberger gefahren. Kleiner Mann, das schöne Wetter ist bei uns auch vorbei, jetzt ist echter November, und heute morgen waren in unserer Schlafstube zum ersten mal die Fenster gefroren. Es wird eben Winter. Gestern habe ich die Bilder von Hingst geholt, ich will mich nicht loben, aber auf dem ganzen Film ist nicht eine verwackelte Aufnahme. Einzelne Bilder sind ganz süß. Ich werde Dir in den nächsten Tagen ein kleines Feldpostpäckchen schicken mit dem Film und den Bildern. Die Bilder schickst Du mir aber alle zurück, ja? Ich schreibe auf den Filmrand wieder, wie viele ich Abzüge von den einzelnen haben möchte, und Du setzt dann noch Deine Wünsche dazu, ja? Heute war Mutti haußen, und sind wir mit Heidi ein Stück spazieren gegangen nach der Rennbahn. Ich habe ihr eines von den vier großen Bombentrichtern gezeigt, der so groß ist wie zwei Stuben. Zu Hause hat mir Mutti noch eine Wollweste für Heidi eingerichtet, die ich schon bald wieder fertig habe. Habe aber meine Arbeit unterbrochen um Dir Deinen Sonntagsbrief zu schreiben. Mutter ist heute von Elli wiedergekommen. Es ging ihr nicht gut. Sie würde nur noch in den Sachen hängen und sehr traurig sein. Sehr verwirrt soll sie nicht gewesen sein. Mutter wird Dir wohl alles selbst schreiben. Ich fürchte aber, all das wird wieder an ihr zehren. Hoffen wir das Beste, daß sie nicht daran zugrunde geht, sondern uns allen noch recht lange erhalten bleibt. Wir brauchen sie doch, wenn sie mir das auch meist nicht glauben will. Man kann eine Mutter nicht lange genug haben, und würde es sehr leer um uns sein, wenn wir unsere Mütter mal plötzlich nicht mehr hätten. Man denkt nicht gern an so was.
Heute morgen war ich mal wieder beim Zahnarzt, und gehe ich nun am kommenden Mittwoch früh ¼ 11 Uhr wieder hin. Da kommt der letzte der Mohikaner dran. Gestern früh war Heidi wieder bei Kürbissens unten, und als ich sie mittags zum Essen holen wollte, saß sie mit der ganzen Familie am Tisch und hatte schon gepappt. Wegen dem Kaffeegeld muß ich erst noch mal mit der Zeitungstante reden. Wird es eben erst im Dezember, vielleicht kommt da noch mehr Kaffee zusammen. Ab heute können meine Gedanken wenigstens mal wieder direkt zu Dir gehen, und kann ich Dich in Gedanken auf der Schulbank sitzen sehen. Mit meinen Sorgen und Nöten komme ich doch immer zu Dir, kleiner Mann, zu wem außer unseren Müttern sollte ich wohl sonst kommen? Wie wollen wir es nun mit dem Schlitten machen? Gretel hat mir jetzt ein Karnickel abgeschickt, etwas werde ich davon einwecken, damit Du auch in den Genuß kommen kannst. Mein Bohnenkaffee ist leider bald alle. Aber ich leiste mir noch mal welchen, wenn Du kommst, halt nur immer Umschau.
Für heute will ich mal wieder schließen. Ich wünsche Dir einen recht schönen angenehmen Sonntag und schicke Dir wieder viele liebe Grüße und einen Kuß
von Deiner Lenifrau und Heidikind.
Wie steht es denn nun mit Weihnachten? Habt Ihr noch nichts Endgültiges gehört? Ihr müßt es doch bald erfahren, denn bis zum 30.11. müssen doch die Weihnachtspäckchen ausgeliefert sein. Wenn man auch nichts schenken kann, aber ein paar kleine Leckereien sollen doch werden.
Leipzig, den 14.11. 1943
Mein lieber alter Strolch!
Heute habe ich Deinen lieben Brief bekommen und danke ich Dir recht herzlich dafür. Hast Du denn nun meinen Brief bekommen? Ich verstehe das nicht, muß doch so ein Brief mal wieder irgendwo gelegen
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