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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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hattest aber auch alles schön gemacht, kleine Frau, da muss ich mich ja schämen, wie lieblos da meine Pakete immer abgegangen sind. Ich hatte ja vorgehabt, nun Dir und den Eltern gleich zu antworten, aber die Wulst um meinen Daumen hinderte mich daran; ich versuchte, die Binde abzumachen, da fing es wieder an zu bluten, so dass ich es mit dem Schreiben aufgeben musste. Da habe ich mich dann in den Sessel gehockt, und dann mir vorgestellt, was Ihr zuhause gerade machen würdet. Vielleicht habt Ihr das runde Tischchen nach dem Ofen vorgerückt und geht es Euch so wie mir, auch Ihr denkt an mich und wie es bei uns hier zugehen könnte. Gefällt Dir die Tasche und was hältst Du von dem ‘Kölnisch Wasser’? Soll ich denn nun für beide Mütter auch solche Taschen besorgen, damit auch sie zu ihren Geschenken kommen? Hoffentlich sind nun auch alle drei Pakete gut angekommen und was hat denn unser Kerlchen zu all dem gesagt, was ihr der Weihnachtsmann gebracht hat? Ich wäre zu gern dabei gewesen, ob sie sich recht darüber gefreut hat. Dann habe ich an die schönen Weihnachten denken müssen, die wir zusammen verleben konnten; die Gedanken gingen so richtig in der Vergangenheit spazieren. Nun wollen wir nur hoffen, nein, ich glaube es jetzt ganz bestimmt, das es das letzte Kriegsweihnacht war und wir uns alle recht gesund wiedersehen. Um 10 Uhr rum, ich hatte gerade die Lichter ausgelöscht, musste ich auf die Vermittlung, da der Störtrupp und das Vermittlungspersonal darauf drang, dass ich als Dienststellenleiter doch mit feiern sollte. Das konnte ich schlecht abschlagen, aber nach einer halben Stunde habe ich mich dann wieder gedrückt und lag ¾ 11 Uhr schon im Bett. Da habe ich dann noch das Radio angestellt und dann weiter gesponne n. Wie schön war es doch, wenn wir am Heilig Abend noch zu den Thomanern gingen, damit ist es jetzt wohl vorläufig aus? Man besann sich auf manches Weihnachten bis zur Kindheit zurück und hat man doch schon viel Schönes erlebt, aber das schönste, kleine Frau, ist doch, dass ich Dich und das Kerlchen habe. Unter all diesen Gedanken bin ich dann eingeschlafen und heute früh um 10 Uhr aufgestanden. Ihr seid ja heute bestimmt in der Preussenstrasse oder bei Erie gewesen. Ich habe dann bis Mittag herumgebuddelt, aber mit gutem Appetit bin ich zum Mittagessen gegangen und man kann gar nicht beschreiben, was es da alles gab. Die Kompanie hat wirklich alles getan, um uns wenigstens materiell für die Urlaubssperre zu entschädigen. Zuerst gab es eine prima Suppe, dann Salzkartoffeln, Rosenkohl und ein Schnitzel, ich schätze 400 Gramm Frischfleisch. Hinterher gab es noch einen Schokopudding. Man hatte Mühe, alles hinunter zu bekommen und bin ich dann froh gewesen, als ich mich hier lang legen konnte. Und trotzdem, wie gern hätte ich auf alles verzichtet, nur um bei Euch sein zu können. Von 1 Uhr bis 5 Uhr habe ich geschlafen und dann sind wir uns gegenseitig besuchen gegangen. Um 6 Uhr habe ich dann Deinen Brief angefangen, um 8 Uhr kam dann der Spiess und musste ich mit zum skaten gehen, wo wir bis um 12 Uhr spielten und nun schreibe ich weiter. Den Verband habe ich heute Nachmittag umwickeln lassen und kann ich nun wenigstens schreiben. Es ist nicht schlimm mit der Wunde, nur bis auf den Knochen ein cm breit reingequetscht, aber wird wohl bald wieder in Ordnung sein. Morgen kann ich nochmals lange schlafen, aber übermorgen geht dann die alte Walze wieder los, aber jetzt habe ich einen Unteroffizier und Obergefreiten mit LKW zur Verstärkung und brauch ich mich um die Leitung, die über Emmerich ins Reich geht, nicht mehr zu kümmern. Es dauert ja nun nicht mehr lange und wir sind wieder mal beim Jahreswechsel angelangt. Wir haben dafür pro Mann eine halbe Flasche Genever und eine halbe Flasche Rotwein. Ausserdem will die Kompanie noch Grog brauen; es wird wohl eine mächtige Sauferei werden. Bis 12 Uhr werde ich mich zurückhalten, damit ich Dir in Gedanken ein gesundes neues Jahr und Euch allen wünschen kann, aber dann werde ich mich auch mit hineinstürzen, das ist wohl am besten, um nicht nüchtern einen Katzenjammer zu bekommen. Hoffentlich habt Ihr auch was Alkoholisches, kleine Frau, damit es nicht zu trocken bei Euch zugeht. Und nun wünsche ich Dir alles Gute für das kommende Jahr, bleib recht gesund und behalt mich immer recht lieb. Lass den Kopf nicht hängen, sondern denke daran, dass ich Dich ganz derb lieb habe und wir doch wohl bald für immer wieder zusammen

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