Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
sind. Ich bin nun schon in Erwartung Deines nächsten Briefes, wo Du mir ja sicherlich den Verlauf Eurer Weihnachten schildern wirst, darauf bin ich wirklich mehr wie neugierig.
Und nun bis zum nächsten Brief Dir recht viele liebe Grüsse und Küsse und drück das Heidikind für mich.
Dein Dichliebender Hans
E.O., den 29.12. 44
Meine liebe kleine Lenifrau!
Dies wird nun der letzte Brief an Dich im alten Jahre und der nächste wird nummeriert mit Nummer 1 in das neue Jahr starten. Nun aber erst mal recht vielen Dank für Deine lieben Zeilen vom 14.12. (Brief Nummer 8) und den Silbenrätseln. Mit beiden hast Du mir eine grosse Freude bereitet, ein Teil der Rätsel hab ich gleich beim Empfang richtig ausgehungert gelöst. Dass Du trotz Deiner vielen Arbeit Zeit gefunden hast, mir zu schreiben, war sehr lieb von Dir. Hoffentlich hast Du nun meinen Neujahrs- und Weihnachtsbrief bekommen und bin ich bloss gespannt, ob die Pakete nun eingetroffen sind. Du, das Gebäck von Dir schmeckt ja wirklich wunderbar; ich muss mir jedesmal einen Ruck geben, damit ich beim Essen ein Ende finde und nicht alles auf einmal auffuttere. Es freut mich, dass Du wieder einmal im Kino warst und vor allem, dass die Filme anscheinend auch sehr gut sind. Ueber unseren Film hatte ich Dir ja geschrieben, es war ein Jammer, dass es nicht hingehauen hatte, denn der Film musste bestimmt gut gewesen sein. Wenn Ihr nun noch vor dem Fest gewaschen habt, da hat es Euch ja bestimmt nicht an Arbeit gefehlt und werdet Ihr froh gewesen sein, als die Feiertage endlich da waren. Wegen einer Gardine will ich mal sehen, ob ich so was ähnliches auftreiben kann und werde ich mich mal umschauen. Hast Du es denn noch mit dem Schlafanzug und den Puppenkleidern geschafft? Kleine Frau, da hast Du ja mit diesem Arbeitspensum Dir ehrlich die Feiertage verdient, hoffentlich waren sie auch danach. Deine Sorge, dass Du nun nichts zum Schenken hast, ist ja nun hinfällig, wenn nun erst mein viertes Paket ankommt; sage nur Mutter, Vater, Helenchen und dem Meester Bescheid, dass sich der Weihnachtsmann bei ihnen ziemlich spät sehen lässt, ab kommen tut er auf alle Fälle noch. Ich hätte die zwei Taschen für Mutter und Deine Mutter schon seinerzeit mit gekauft, als ich Deine besorgte, aber einerseits brachte ich sie weder in Apeldoorn mit weg, noch hatten sie Platz in dem dritten Paket. Vorgestern kam Dein Brief an, und schon gestern hat mir der Postbote zwei gleiche Taschen, wie Du sie bekommen hast, gebracht. Und nun halte mal den Daumen, dass sich bald eine Gelegenheit bietet, das Paket mit ins Reich zu nehmen. Als Inhalt zwei Taschen, eventl. die schwedischen Bücher, für Dich paar Zigaretten, Lebkuchen, Drops, für den Meester ein Päckchen Tabak und zwei Zigarillos, für Vater ein Buch und für Dich ein kleines. Wird doch noch ein ganz schönes Weihnachtspaket? Dass Eure Weihnachtspäckchen und -briefe zur Zeit eingetroffen sind, habe ich schon am ersten Feiertag geschrieben, vielleicht hat es auch mit meinen so geklappt. Kleine Frau, mach Dir ja keinen Kummer, Du glaubst nicht, wie ich mich über Dein Päckchen gefreut habe; es kommt ja nicht darauf an, was, sondern wie man schenkt. Und Euren Päckchen fühlte man an, mit welcher Liebe sie gepackt und verschickt wurden. Die Feiertage habe ich mit viel Schlaf und keinem Alkohol rumgebracht. Den halben Liter Genever, richtiger Fusel, habe ich mit Kunsthonig zu ‘Likör’ umgearbeitet, sonst war er kaum zu geniessen und nun heb ich ihn bis Silvester auf, falls der Grog nicht zu reichlich ausfällt. Seit paar Tagen haben wir nun Frost und klares Wetter und da sind nun unsere Freunde wieder da, aber längst nicht mehr in dem Ausmass wie erst; die Westoffensive macht sich doch bemerkbar. Ist es bei Euch nun die Feiertage ruhig gewesen? Ja, kleine Frau, ich hab mir da ja nun eine ganz nette Bude hergerichtet und ist es ganz wohnlich geworden, aber trotzdem ... Kürzlich war der Chef hier und sagte er mir: “Na, da müssen sie sich ja wohlfühlen.” Ich antwortete ihm: “Wohlfühlen kann ich mich nur zu Hause.” Aber klagen kann man nicht, wenn man an die Kameraden an den Fronten denkt. Du, der Esel hat mir wirklich Spass gemacht. Das Vieh sieht bestimmt zu drollig aus und ich glaube, er ist auch so stabil gebaut, dass sich Heidi draufsetzen kann. Ob Du ihn nun jetzt zum Fest geschenkt hast oder bis zum Geburtstag, das überlasse ich Dir, aber letzteres wäre auch nicht schlecht, denn wer weiss, ob
Weitere Kostenlose Bücher