Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Weihnachtsmann Dir alles gebracht hat, na, die Mutti wird es mir ja genau schreiben. Hoffentlich hast Du immer gut gefolgt, aber jetzt musst Du immer recht artig sein, sonst holt der Weihnachtsmann alles wieder ab. Ich denke immer viel an Dich und hoffe, dass Du recht gesund bist und Mutti, Oma und Omi viel Freude bereitest.
Nun schreib mir mal bald wieder und bis dahin sende ich Dir viele Grüsse und Küsse und drücke Dich ganz fest
Dein Vati
Lina Helm an Hans Helm / Hans Helm an Lina Helm
E.O., den 13.1. 1944
Meine liebe Mutter!
Mit grosser Freude hab ich Deine lieben Zeilen gelesen, denn erstens hatte ich schon auf Post von Dir gewartet und zweitens bekam ich sie heute Abend ganz überraschend, denn sonst kommt die Post immer mittags zur Verteilung. Ja, nun bin ich schon wieder bald zwei Wochen hier, schwimme in Arbeit und denke immer an die Tage des Urlaubes zurück, dabei habe ich aber immer noch den Glauben, dass es der letzte Weihnachtsurlaub beim Militär war und wir dann die nächsten Feste für immer zusammen sind. Wegen meiner Gesundheit brauchst Du nicht besorgt zu sein, der Durchfall hat sich verzogen, mit den Füssen muss ich ja warten, bis ich wieder zivil bin, und sonst fühle ich mich so wohl, wie man sich eben bei Preussens fühlen kann. Wie lange bleibt denn Vater in Pöhla? Er hat meinen Brief in Werdau aufgegeben und ist also in zwei Tagen schon hier gewesen, während Ihr bedauerlicherweise noch keine Post von mir habt, was mir sehr leid tut. An Leni sind schon drei Briefe weggegangen und an Dich einer, dann ist noch ein Paket am 10. in Gütersloh an Leni aufgegeben worden und eins müsste ein Kamerad, der nach Leipzig Arbeitsurlaub bekommen hat, eigentlich am Montag gebracht haben. Wenn Du mit Vater zu Elli fährst, dann nimm ihr doch bitte ein Brot und von der Butter, die ich morgen schicke, ein halbes Pfund von mir mit, grüsse sie recht vielmals von mir und sie soll es sich recht gut schmecken lassen. Leni schrieb mir, dass Elli schon zweimal und wie es scheint, ganz vernünftig geschrieben hat und freue ich mich darüber, denn das wird Dir wohl eine Beruhigung gewesen sein. Wenn Leni mit Heidi jetzt wegfährt, so lass nur den Kopf nicht hängen und vor allem, geh öfters mal ins Kino, wenn Du auch erst keine Lust hast, die stellt sich dann schon ein, wenn Du drinnen sitzt und dann geht die Zeit auch rum, und Du hast unser kleines Kerlchen wieder da. Ueber meine Fahrt zurück nach hier habe ich ja Dir und auch Leni schon geschrieben, der Uebergang ins neue Jahr war still, ich habe an Euch zu Hause gedacht, mit dem Wunsch, dass dieser barbarische Krieg dieses Jahr nun sein Ende findet und wir dann alle zusammen noch recht lange zusammen sein können. Die ‘Nachrichten’ bekomme ich bis jetzt noch nicht, wäre Dir dafür dankbar, wenn Du nochmals deshalb hingehen würdest, denn es ist ja auch ein kleiner Kontakt mit Leipzig. Ich kann es Dir nachfühlen, dass Du abends immer in Unruhe bist, mir geht es hier genau so, wenn Einflüge sind, aber man hofft immer, dass Ihr verschont bleibt; obwohl Ihr ja in letzter Zeit viel im Keller gesessen habt, hat man Euch doch nicht wieder angegriffen? Wie ist es denn, wenn Du, während Vater und Leni weg sind, bei Frau Kürbis unten schlafen würdest, das geht doch bestimmt zu machen. Noch besser wäre es gewesen, wenn Du mit nach Pöhla gefahren wärst, denn Dir tut mal ein Ausspannen mehr wie not. Und hast Du nun herausbekommen, wo Frau Dr. Weise praktiziert, Du wolltest Dich doch einmal erkundigen. Morgen schaffe ich nun zwei Pakete mit zwei Broten und 15 Pfund Butter zum Express, die an Dich adressiert sind und zum Expressgut Leipzig-Plagwitz gehen. Falls Leni und Vater nicht da sind, hilft Dir vielleicht Dieter mit dem Heimbringen. Ausserdem geht Ende dieser Woche noch ein Paket mit zwei Broten und den verschiedenartigsten Dingen ab, worüber ich Dir am Tage der Absendung nochmals ausführlich drüber schreibe. Leni wird Dir wohl gesagt haben, wie die Butter verteilt wird, sage den betreffenden Bescheid, dass sie morgen hier abgeht und jeder mit das Risiko trägt, falls mal was wegkommen sollte. Frau Kürbis ihr Notenheft geht auch mit dem nächsten Paket hier weg. Meine liebe Mutter, nun fühle Dich nicht gar so einsam, denn so wie Du immer mit Deinen Gedanken bei mir bist, so denke ich immer an Dich und werde ich am Sonntag Dir wieder schreiben. Ich bin ja hier auch so gut wie allein, erst den ganzen Tag auf der Dienststelle und
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