Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Aussicht auf eine Wohnung, wenn es klappen sollte. Es wäre dann eine Wohnung in der Märchenwiese. Wir würden dann Hauptmieter, müßten aber ein gleichaltriges Ehepaar mit herein nehmen, was übrigens schon drin wohnt und den Hausmannsposten mit macht. Mit denen müßte ich dann die Küche gemeinsam benutzen. Zu der Küche gehört auch eine Loggia, die auch gemeinsam benutzt werden soll sowie das Bad. Diese Leute haben nach hinten heraus zwei Zimmer für 35 Mark. Wir bekämen nach vorn heraus zwei schöne Zimmer nach der Märchenwiese gelegen, kosten 50 Mark. Der Preis ist vom Grundbuchamt festgelegt und das entscheidet auch für den Mieter. Freilich, billiger werden wir wohl auch kaum etwas bekommen. Dazu käme nun noch Etagenheizung, also Koks, was auch nicht so billig ist. Die wird von der Küche aus geheizt und kann zugleich mit darauf gekocht werden, dann ein zweiflammiger Gaskocher. Möbel würde uns die Frau stehen lassen, bis wir etwas eigenes haben.
Ich hatte ja Papa umgehend darum geschrieben, da ich eigenmächtig nichts unternehmen möchte. Lisa hat sich es nun angesehen und geht am Montag zum Grundbuchamt. Die Wohnung bekommt nur einer, der in Leipzig berufstätig ist. Nun, etwas arbeiten müssen wir ja sowieso noch und wenn es klappt, so würde die Wohnung am 1. Juli frei. Die Frau muß ihnen erst zum 1. Juni kündigen. Sie sind bereits in Meißen. Übrigens sieht es da draußen in der ... Siedlung ziemlich wüst aus. Die näheren Umstände müßte ich Dir dann persönlich erzählen.
Heute Nachmittag kommt nun Lotte und Heidi und wird hier wieder zweimal übernachten. Hoffen wir für sie das beste.
Dein Gürtel hing im Korridor und habe ich ihn in den Schrank gehangen.
Und nun werde ich für Heidi zum Geburtstage ein Pfund Gebäck schicken, schicke es am Montag ab und den Kuchen stelle ich Euch in der Steubenstraße auf den Tisch. Da habt Ihr gleich etwas, wenn Ihr kommt, auf dem Tische. Soll ich Brot und Butter besorgen, so schreibt mir Bescheid. Ich denke, daß Ihr doch am zweiten Feiertag kommt, oder nicht? Ich bin nun noch bei Lischen, wollen erst abwarten, evtl. ziehen wir nicht erst in die Wilh.-Gustloff-Str. Lisa läßt Dir einen schönen Gruß sagen. Sie wird Dir nicht erst schreiben, sie ist nicht in Stimmung.
Vielen Dank hab auch für die M. Marken. Du sollst Dich nicht berauben, das möchte ich nicht. Gestern, als Alarm kam, waren wir gerade an der Märchenwiese und sind schnell zu den Leuten und dann zu Tante Martha. Sie waren natürlich ganz nahe an Leipzig und nach Berlin und Braunschweig. Frau Neumann war auch in Köln und hat zwei schreckliche Nächte hinter sich.
Nun will ich schließen, hab nochmals vielen Dank für Deinen lieben Brief und sei recht herzlich gegrüßt und einen lieben Kuß von
Deiner Mutter
Mein Heidikind drück mir mal ans Herz.
Gruß an die Eltern.
Weißt Du, was ich gemacht habe! Die Pantoffeln, das eine Paar, die habe ich wieder zu Frau Kiefer mitgenommen. Sie sollte Dir ein Paar Größere aufheben. Aber sie hat mir das Geld wiedergegeben. 3,35 bekommst Du von mir. Du kannst ja mit vorbei gehen bei Gelegenheit, aber ich denke, Du hast mit einem Paar solchem Mist genug. Papa kann Dir vielleicht ein Paar besorgen, wenn Du willst. Und nun Schluß.
M.
Bad Elster, den 2. Mai 1944
Meine liebe Mutti!
Ich hoffe, daß Du nun bei uns bist und Dich auch ein klein bissel wohl dabei fühlst. Wir sind nun gestern Mittag gut hier angekommen. Von Leipzig nach Plauen hatten wir sehr schön Platz, von Plauen bis Elster war es schon voller und der Omnibus war mehr als besetzt. Wir haben nun hier zwei ganz hübsche Zimmer im zweiten Stock mit einer sehr hübschen Aussicht nach dem Tennisplatz und dem Wald. Im Verhältnis zu uns ist hier noch alles um bald vier Wochen zurück, aber wenn es wärmer wird, wird es wohl mit Macht werden. Im Augenblick jedenfalls kommt mir Deine Strickjacke sehr zu passe. Wir bekommen hier Frühstück und Mittagbrot, Abendbrot müssen wir uns selbst halten. Mutter ist es schon himmelangst geworden, denn es ist nicht viel Brot an der Karte geblieben, und für die Woche bleiben noch hundert Gramm Wurst. Wenn von Hans die Butter kommt, wird es schon gehen. Gestern Mittag gab es Gemüse, Apfelmus und ein Stück Kuchen. Heute Mittag Kartoffelsalat, grüner Salat, rote Grütze mit Vanilletunke. Früh jeder zwei Scheiben Brot und Marmelade. Über die Butter kann man frei verfügen. Gestern war nun hier alles geschlossen, und sind wir
Weitere Kostenlose Bücher