Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
wenigstens von direkten Angriffen verschont. Ja, kleine Frau, wir warten genau so wie Ihr auf ein stärkeres Einsetzen von Maschinen und freuen uns wie die Kinder, wenn wir hier mal ab und zu eine deutsche Maschine sichten. Sonst ist immer der Tommy dominierend in der Luft. Im Osten ist es ja anders, dort haben wir eine stärkere Luftwaffe eingesetzt.
Im Radio ist jetzt oft schönes Unterhaltungskonzert, aber ich komme nicht oft zum Hören. Ja, das waren noch andere Zeiten im Erzgebirge oder unsere Nachtwanderung mit Bambergs, Spreewitzens und Max nach dem Mühltal. Man kann sich so was gar nicht mehr als wahr vorstellen und so wird es doch nie wieder, denn dafür liegt zu viel Schweres hinter uns. Ist denn Mutter nun nochmals wegen Heidi bei dem Privatspezialisten gewesen und was war der Erfolg? Siehst Du, was Du für einen dummen Mann hast, der ein Strickhemd für einen Pullover ansieht; nur gut, dass Du es dazu umändern kannst und dass dabei sogar noch was für das Heidikind herausspringt. Mit dem Film nehme ich an, dass er bei Hingst versaut wurde, aber die sitzen ja heute auf dem hohen Pferde u. machen kann man nichts. In Zukunft geh nur zu Winter, da wirst Du wohl besser bedient werden. Das hat ja nun geklappt, dass Du für die Zigarettenmarke zehn Stück bekommen hast. Ich habe nicht deswegen angefragt, damit Du sie für mich aufhebst, sondern, weil ich wissen wollte, wie viel Du darauf bekommen hast und nun lass sie Dir gut munden. Dass Ihr die Wäsche gut überstanden habt, freut mich, denn ich weiss ja, was das allemal für eine Plage für Euch ist, zumal bei schlechtem Wetter.
Du, an die Kohlrüben gehe ich auch hier noch nicht ran; wir hatten zwar erst einmal welche im November, aber da hab ich einen grossen Bogen darum gemacht. Das war ja auch das einzige Mal, dass wir uns deswegen wegen dem Essen gezankt hatten. Wenn ich wieder mal in Apeldoorn zu tun habe, will ich mal wegen Samen herumfragen, aber viel Erfolg verspreche ich mir nicht davon. Warum schläfst Du denn nicht in meinem Bette, wenn Heidi in Deinem liegt? Zu zweit ist es doch für Euch ungemütlich. Haben die Kinos denn nun wieder ihre Pforten geöffnet und hast Du Dir wieder einen netten Film angesehen? Es ist schön, dass nun das vierte Paket bei Euch eingetroffen ist und nun alle zu ihren kleinen Geschenken doch noch gekommen sind. Hat dem Meester der Tabak gemundet und bist Du mir nicht an Nikotinvergiftung gestorben. Heidis Entzücken wird ja nun dem kleinen Pfefferkuchen nicht gerecht, aber mehr hatte ich nun leider nicht. Nun musst Du Dich bloss noch mit Mutter verständigen, da es ja die gleichen Taschen sind. Um nicht zu vergessen, am 18. habe ich ein Feldpostpäckchen an Dich fertig gemacht, Inhalt paar Bleistifte, zwei Batterien, etwas Schreibpapier und ein halbes Pfund Butter, halte den Daumen, dass es bald ankommt. Nun macht Euch aber ja keine Hoffnung, dass ich in Zukunft wieder Butter schicken kann, denn das war ein ganz grosser Glückszufall. Am, Freitag war ich nämlich in Apeldoorn und im Wehrmachtsheim habe ich von einem Kameraden, der auf der Durchreise war, gegen Zigaretten und Zigarren die Butter eingetauscht. Ich frage jedesmal, wenn ich in Holland unterwegs bin, nach Butter und Käse, aber es ist nichts zu bekommen. Morgen schicke ich wieder ein Päckchen mit einem Block Briefpapier und Umschlägen. Es ist schade, dass Du das Weihnachtsbuch schon kennst, aber die Auswahl ist ja hier nicht mehr gross und jetzt gibt es in Apelddorn überhaupt keine deutschen Bücher mehr. An Helenchen habe ich immer noch nicht geschrieben und schäme ich mich da richtig, aber abends bin ich immer todmüde. Hast Du ihr von mir Grüsse ausgerichtet? Aber morgen oder übermorgen muss es nun endlich werden. Auch an Tante Anna hab ich noch nicht auf ihren Brief geantwortet. Hier ist es nun seit ein paar Tagen schon ganz schön warm, aber nachts noch unverschämt kalt. Mit dem Schönwetter haben sich aber auch die Jabos wieder eingestellt und als ich am Freitag von Apeldoorn mit dem Rad zurückfuhr, habe ich mich bei Beekbergen 20 Minuten im Wald aufgehalten, denn die Brüder kreisten doch über der Strasse und fegten sie auf und ab, dass es nicht mehr feierlich war. Uebrigens habe ich in A. versucht, einen Puppenkopf oder eine neue Puppe für Heidi zu bekommen, war aber eine aussichtslose Angelegenheit. Durch meine Fahrt nach A. bin ich vorigen Freitag um den Film gekommen; gespielt wurde ‘Ein Zug fährt ab’, den habe ich schon
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