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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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nicht aus gewesen, denn gestern war ich nicht ganz auf dem Damm. In den nächsten Tagen haben wir nicht viel zu tun, denn hier wird alles noch zusammengestellt, und sollen wir in Verbindung mit der Post hier und in der Umgebung das Telefon und Telegrafennetz wieder mit aufbauen. Dass wir uns gewaltig verbessern gegenüber dem Gefangenenlager in Belgien kannst Du Dir wohl denken, zumal die persönliche Freiheit nach Dienstschluss nicht mehr beengt ist auf einen schmalen Platz hinter Stacheldraht und Posten. Dann nicht mehr in Zelten und auf dem Erdboden, sondern in Baracken und zuletzt als Notwendigstes, gute und reichliche Verpflegung und damit wurde es höchste Zeit, sonst wäre man auf den Hund gekommen. Hier kriegen wir ob unseres leiblichen Zustandes noch zusätzlich Verpflegung und ist es schon so, dass man Mühe hat, alles ohne Magenbeschwerden runter zu bekommen. Wir sind eben zu sehr von unseren eigenen Kameraden in Belgien mit dem Essen betrogen worden und hoffe ich nun, dass diese Lumpen mal ihre Strafe dafür bekommen. Heute Nachmittag will ich nun meinen ersten Schritt in die ‘Freiheit’ tun und sehen, ob ich irgendwo baden gehen kann. Geld haben wir ja keins und bekommen das erste am 1. Dezember und bis dahin muss man eben so sich hinhalten. Aber übermorgen bekommen wir Zigaretten und zwar per Woche 20 Stück, da kann man schon zufrieden sein. Genaueres werde ich Dir wohl mit meinem nächsten Brief schreiben können, auch werden die nächsten Briefe wohl etwas besser ausfallen. Man hat so viel zu schreiben und weiss gar nicht, wo man zuerst anfangen soll. Ausserdem hat der Geist doch etwas gelitten und wird sich wieder an Beschäftigung gewöhnen müssen.
    Jetzt war ich erst einmal essen und muss sagen, dass mir drei Liter Bohnensuppe prima geschmeckt haben. Bei uns dreht sich eben vorläufig alles noch ums Essen, aber das wird sich wohl bald legen. Nun habe ich wieder den ganzen Brief von mir geschrieben und mich noch gar nicht weiter nach Euch erkundigt. Hoffentlich brauche ich nun nicht mehr all zu lange auf Post von Dir zu warten; Kameraden erzählen, dass sie nach 10 Tagen schon Antwort aus dem Russengebiet bekommen hätten. Du kannst Dir denken, dass ich sehnsüchtig auf Nachricht warte. Es ist ja nun schon sieben Monate her, seit ich zu Hause war und in dieser Zeit ist ja so viel passiert, dass man im Zweifel sein kann, wie es bei Euch zu Hause sein muss. Hoffentlich habt Ihr alle den Rest des Krieges gut überstanden und seid noch alle gesund. Wie ist es denn mit den Nahrungsmitteln, seid Ihr da halbwegs gut damit versorgt? Wie geht es den beiden Eltern, sind sie alle wohlauf? Und was machen Kunads und Schlichts, ist da alles in Ordnung? Das Heidikind hab ich nicht vergessen und grüss sie mir recht vielmals und sag ihr, dass der Vati oft an sie denkt und annimmt, dass sie wohl inzwischen recht gewachsen ist. Wenn es geht, schreib mir nur bitte recht ausführlich und so schnell wie möglich. Ich will sehen, was sich tun lässt, um so schnell wie möglich einmal nach Hause zu kommen, aber darüber wird wohl noch eine Zeit verstreichen. Jetzt wollen wir uns alle einmal erst richtig rausfuttern, denn das haben wir alle bitter nötig.
    Nun will ich für heute Schluss machen und schicke Dir und dem Heidikind viele liebe Grüsse und Küsse. Viele liebe Grüsse an die Eltern und alle anderen.
    Dein Dichliebender Hans.
     
     
     
    Leipzig den 10. Nov. 1945
    Mein lieber Hans!
    Heute ist nun endlich die qualvolle Warterei vorbei, und bekamen wir heute Deinen 1. Brief vom 12. August. Es ist uns ein riesengrosser Stein vom Herzen, Dich gesund und wohlbehalten zu wissen. Dir nun gleich anfangs zur Beruhigung: Wir sind noch alle gesund und wohlbehalten, und auch sonst ist noch alles beim Alten. Ich wünsche jetzt nur eines, dass Du diesen Brief so rasch als möglich bekommst, damit auch Dir endlich die Ungewissheit genommen wird, und dann kann ja auch der Tag nicht mehr all zu fern liegen, an dem wir dann endlich alle wieder beieinander sind, für mich wird das der schönste Tag meines Lebens dann. Wir denken und erzählen ja jeden Tag von Dir, und haben wir genau wie Du von einem Tag zum anderen gewartet. Als ich Heidi heute sagte, wo Du bist, meinte sie: “Geben die Engländer meinem Vati was zu essen?” und dann “Sind die Engländer gut mit meinem Vati?” Vielleicht sind wir Weihnachten doch beisammen, ja! Halten wir ganz fest unsere Daumen dafür. Jeden Abend im Bett lese ich jetzt der Reihe nach

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