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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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unsere Briefe, die wir in den fünf Jahren geschrieben haben, und bin ich da in Gedanken ganz nahe bei Dir. Heinz hat eine Anstellung in der Nähe von Hildesheim bekommen, genaue Anschrift am Schluß. Solltest Du auf der Heimreise dort vorbei kommen, sein Haus steht für Dich Tag und Nacht offen. Es liegt in der britischen Zone. Mutter schläft jetzt hier im Sessel, sie hat heute geweint vor Freude, desgleichen Helenchen. Vielleicht interessiert Dich noch zu hören, daß Krolls und Leidels in unser Nebenhaus zusammengezogen sind.
    Ich will heute nicht so viel schreiben, ich weiß nicht, ob mir der Brief sonst abgenommen wird. Von Gretl kam auch vorm Vierteljahr mal ein Brief. Sie frug an, ob sie bei uns ein Unterkommen finden könnte, ist aber bis jetzt auch nicht da, und ich kann ja nicht schreiben.
    Mein Hans! Bleib uns gesund und halte Dich tapfer bis zur Heimreise, in Gedanken sind wir immer bei Dir, und nimm Du von uns allen recht viele liebe Grüße und von mir und Deinem Heidikind noch einen Kuß
    Deine Leni.
    Kleiner Mann!
    Eben kommt Dein Brief vom 5.11. an, und bin ich ja so glücklich darüber. Gleich jetzt setze ich mich hin und fange an ausführlich zu erzählen. Einstweilen schicke ich dies ab, damit Du ein erstes Lebenszeichen hast.
    Gruß und Kuß
    Deine glückliche Leni
     
     
     
    Leipzig, den 13.11. 1945
    Lieber kleiner Mann!
    Nun kann man wenigstens mal den Anfang machen mit Schreiben, und ist das ja ein großer Schritt wieder vorwärts, und wenn wir erst wieder in regelmäßigem Briefwechsel stehen, dann wird es auch sich viel leichter tragen lassen. Da will ich nun erst mal der Reihe nach von uns erzählen. Also den Rest des Krieges haben alle gut überstanden. Es wurde aber auch höchste Zeit, daß der Krieg alle wurde, denn lange hätten wir es nicht mehr ausgehalten. Die letzte Zeit war furchtbar in Bezug auf die Luftangriffe und habe ich da erst mal kennengelernt, was wirklich Angst ist. 1) Blödels Haus, die Rochlitzburg, das Plättgeschäft gegenüber und noch ein Haus sind durch eine Luftmine völlig vom Erdboden verschwunden, und ist da nicht eine lebende Seele rausgekommen. Beim letzten Angriff am 6. April war Jännerts Haus bis zur ersten Etage runtergerissen (wird aber schon wieder aufgebaut). Eine Bombe auf die Straße an Ecke Rochlitzstraße, eine Bombe im Hof bei uns in der Ecke (39), durch den Luftdruck hat es das Aschengrubengestell von etlichen Zentnern auf unser Dach geworfen. Dann eine Bombe vor unser Haus, ist auf zwei Bäume gefallen, hat die umgelegt, hat unsere Haustür und Wirtschaftstür völlig zerschlagen. Im Großen und Ganzen haben wir richtiges Glück gehabt, denn es hätte übler ausgehen können. In unserer Wohnung sah es ja wüst aus. Sämtliche Fenster in tausend kleine Stücke, der Putz von der Decke, Risse in den Wänden. In unserer Schlafstube hat es die Gipswand ums Fenster rum ca. 20 Zentimeter auseinander gedrückt, so daß man in den freien Himmel schauen kann. Das Dach war vollständig abgedeckt, und hat die Hausgemeinschaft es erst wieder provisorisch gedeckt. Regnen darf es natürlich nicht, dann läuft es an den Wänden lang runter. Adolf rührte sich natürlich nicht und hat es Vater der Baupolizei gegeben. Heute sind die Dachdecker oben, aber Ziegel haben sie nicht. Die äußeren Fenster haben wir zum Teil wieder drin. Doppelfenster werden nicht gemacht. In unserer Wohnstube habe ich für die Balkontür auch kein Glas, desgleichen in unserer Schlafstube. Habe von Frl. Brosius Filme bekommen, die abgewaschen und eingesetzt, und so geht es wenigstens zur Not. Von Lisa haben wir Kohle bekommen, so daß wir es so wenigstens aushalten können. Also brauchst Du Dir wirklich keine Sorgen zu machen. Der Einzug der Amerikaner ging ziemlich kampflos vonstatten, lediglich das Völkerschlachtdenkmal ist leicht beschädigt. Eine Nacht haben wir dadurch im Keller geschlafen, und zu Mutters Geburtstag auch gerade im Keller gesteckt. Sonst ging aber alles in Ruhe und Ordnung vonstatten. Und von da bis jetzt haben wir immer nur aus Warten bestanden. Immer und immer auf ein Lebenszeichen von Dir gewartet. Heinz ist vom Allgäu wieder hier, aber ihre ganzen Sachen, Wäsche, Lebensmittel usw. sind dort geplündert worden. Seit dem 6. hat er nun eine Anstellung zwischen Hannover und Hildesheim. Erika ist augenblicklich mit dort um sich alles anzuschauen, kommt aber dann wieder. Leider haben sie vergessen, ihre Anschrift hier zu lassen, und kann ich sie Dir leider nicht

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