Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
übernehme ich nun endgültig die Geräteverwaltung hier und habe schon seit einer Woche nicht mehr auf der Strecke gearbeitet, was bei dem Wetter jetzt nicht zu unterschätzen ist. Wie geht es denn Frau Leonhardt? Ist ihr Mann und der Sohn zu Hause? Solltest Du sie mal wieder treffen, dann grüss sie bitte bestens von mir. Ist denn nun die Kellerkontrolle gut vorbeigegangen? Ich kann mir denken, dass es für Heidi und Karin ein Heidenspass war, Dich mit Schnee abzureiben; der arme Mantel tut mir leid. Verfahrt Ihr immer so pietätvoll mit meinem Bett, oder benützt Ihr es doch ab und zu mal? Am vergangenen Sonntag hat mich hier in der Baracke ein Kamerad und sein Mädel zum Kaffee eingeladen, da habe ich früh drei Tassen und nachmittags vom Aufguss drei mit Milch und Zucker und dazu ein Stäbchen, es war ein Genuss. Wie vertragen sich denn Heidi und Ulli zusammen? Mutter hat mir da wieder paar hübsche Sachen von beiden geschrieben, worüber ich herzhaft gelacht habe. Hast Du denn Glück gehabt mit ‘Der keuschen Susanne’ oder hat wieder jemand auf die Leitung getreten? Bei uns hat es sich insofern gebessert, als die ganze Nacht durch das Licht jetzt brennt. Von Dir scheint tatsächlich ein Brief zu fehlen, denn einmal hast Du mir geschrieben, dass Brief Nummer 2 und 3 mit dem Geld nicht angekommen wäre. Dass sie später noch angekommen sind, habe ich nicht brieflich von Dir. Von mir sind nun noch drei Briefe unterwegs und zwar vom 13., 20. und 25.1., die Dich wohl inzwischen auch erreicht haben. Heinz hat mir einiges von Martin erzählt, worüber man nur mit dem Kopf schütteln kann, im übrigen müssen sie ihre Eheangelegenheiten schon selbst klären, auch wenn Du vielleicht aus der schwesterlichen Stellungnahme heraus helfen möchtest. Obwohl das Kanapee nach den bisherigen Erd-. und Strohlagern wie eine Oase in der Wüste winkt, werde ich mit noch grösserer Freude mit Dir und Heidi ins Weihnachtsmärchen wandern, ohne darin ein Opfer meinerseits zu sehen. Beruhigt, kleine Maus? Ich hatte Dir wohl geschrieben, dass Heinz mir für Erie einen Brief mitgegeben hat, den ich dem Röthaer zur Weiterbeförderung mitgeben wollte. Dadurch, dass er die Briefe nur offen mitnehmen wollte, hab ich dann den Brief an Erie per Einschreiben von hier weggeschickt, und hat sie ihn hoffentlich erhalten. Du brauchst nun keine Angst zu haben, dass ich in den Fussstapfen von Heinz in Zukunft wandle, aber eines musst Du mir versprechen. Wenn ich mal für immer wieder zu Hause bin, dann erledigst Du die laufende Post. Heute z.B. ärgere ich mich über das Streichholz von Federhalter und bin ich bloss gespannt, ob Du meine Schmiere überhaupt lesen kannst. Dass es Heidi besser geht, freut mich sehr, hoffentlich ist sie wieder bald ganz auf dem Posten. Warst Du denn nun zum Impfen? Weisst Du, dass wir in Ostende und Brüssel ca. 15 mal gegen was weiss ich geimpft worden sind und nur dreimal habe ich mich drücken können. Es ist nur gut, dass sie nicht so viel Impfstoff wie bei der Wehrmacht nehmen. Mit der Zeit werde ich schon noch dahinter kommen, wie ich an meine Tochter schreiben muss; es muss eben alles gelernt werden. Vor kurzem traf ich bei Feises im Hausflur so ein kleines Zweijähriges und nahm es auf den Arm, als es mich gleich abdrückte. Ja, man wird eben alt und freut sich schon darüber. Hast Du vielleicht auch noch so was für mich übrig? Aber Spass beiseite, die Kleine war sehr ulkig anzusehen, denn sie machte dabei ein ganz ernstes Gesichtchen. Heidi werde ich einen Brief mit Deinem nächsten mitschicken. Ihre Karte war sehr lieb und habe ich mich sehr darüber gefreut. Sie ist ja jetzt unter die ganz eifrigen Briefschreiber gegangen. Heute lege ich wieder eine englische Zigarette bei; lass sie Dir beim Lesen recht gut schmecken. Uebrigens habe ich schon 20 Stück a M 3.– zum Mitbringen und werden noch einige dazukommen. Dass ich schon unterwegs sein soll, wäre ja sehr schön, aber nicht möglich. Ungefähr am 10.2. reiche ich den Urlaub ein für den 20., muss aber erst noch zu Heinz fahren und mich umziehen, falls es noch eine russische Zone gibt. Am 1. März muss ich aber wieder zurück. Na, vielleicht ist inzwischen auch was anderes eingetroffen und wollen wir uns jetzt erst mal auf das Wiedersehen freuen. Holz hacken ist nett, aber mit dem Sägen kann man mir gestohlen bleiben. Lohnend ist es auch nicht mehr und habe ich mich jetzt etwas von diesem Geschäft zurückgezogen. Am Montag habe ich für die
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