Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
dahin wünsch ich Dir was.
So, kleine Frau, nun bin ich wieder zurück mit 30 Pfund Butter à Pfund M 37.50 und morgen schicke ich sie in mehreren Paketen per Express weg. Am Sonnabend bekomme ich ein halbes Pfund Kaffee, halte Dich fest, das Pfund soll M 260.– kosten, aber man muss froh sein, wenn man welchen bekommt. Soll ich denn noch Käse versorgen? Allerdings muss ich dann warten, bis Ihr mir wieder Geld schickt, genaue Rechnung folgt anbei.
Nun wünsche ich Dir einen recht schönen Sonntag, solltest Du noch in Leipzig sein, so grüsse beide Eltern recht vielmals von mir. Dir und Heidi recht viele liebe Grüsse und Küsse und behaltet recht lieb
Deinen Hans und Vati.
Oschatz, am 12. Jan. 1944
Mein lieber alter Strolch!
Heute ist nun der erste Tag (Abend), wo wir hier sitzen, und ich will Dir nur gleich wieder schreiben. Wir waren um 1 Uhr hier, der Zug war wahnsinnig voll, und war ich froh, als ich mit Heidi aussteigen konnte. Mutti war schon mit Onkel Paul gestern gefahren, Onkel Paul ist aber heute früh schon wieder nach Berlin zurück. Papa war mit uns hierher gefahren. Für Heidi war nun das alles hier wieder neu und ungewohnt, und hat unser Kerlchen sehr viel geweint, so dass ich am liebsten an Ort und Stelle umgekehrt wäre und ich mit ihr um die Wette hätte heulen können. Heute zum Bad ging es dann, und war sie schließlich zum Schluß direkt vergnügt, weil sie im großen Bett mit der Mutti schlafen darf. Wir sind hier oben ziemlich für uns, aber kleiner Mann, daheim ist daheim, und erst recht ist es mit einem Kind zu Hause immer am besten, das habe ich ja schon in Bad Elster gemerkt. Ich habe von zu Hause eine Tischdecke mitgenommen, und Papa hat hier eine Tischlampe gekauft, so daß es wenigstens so halbwegs wohnlich ist. Bis Ende Februar ist ja auch nicht mehr gar so lange, und dann möchte es Gott geben, daß wir in unser Heim zurückkehren können. Mir ist es sehr schwer geworden wegzufahren, denn mir graute davor, wie sehr Heidi ihre Oma vermissen wird, denn unser Kerlchen hängt doch nun mal sehr an ihr. Ich persönlich werde sie auch sehr stark vermissen, das kannst Du mir glauben, obwohl es Mutter wahrscheinlich nicht wahrhaben will. ... Am Sonntag Nachmittag bin ich noch mal bei sehr starkem Wind mit dem Rad nach Holzhausen gefahren um mir meinen Koffer zu holen, als ich zurückkam war Heidi schon ziemlich heiß, und haben wir beide nicht viel geschlafen. Früh habe ich sie gemessen und hatte sie 38° Fieber. Mutter und ich mußten dann immer mit ihr ‘bisch bisch’ machen. Nach Tisch war das Fieber auf 39,9° gestiegen und haben wir unserem Kinde feste Wadenwickel gemacht und hatten es bis zum Abend wieder auf 39,5°. Am nächsten Morgen war es dann wieder so halbwegs normal und sind dann Mutter und ich gleich mit ihr zu Frau Dr. Weise 3) gefahren, die jetzt in der Fockestraße in der Praxis von Kinderarzt Dr. Gründel praktiziert. Gerade als Heidi ganz ausgezogen war, kam Alarm, und mußten wir Heidi ganz schnell anziehen und in den Keller gehen. Der Kram hat so über zwei Stunden gedauert. Jetzt wird bei uns nur Alarm gegeben, wenn viele Flugzeuge im Anzug sind, und mit einem Großangriff gerechnet wird. Bei einzelnen Flugzeugen wird nur noch die Luftwarnung gegeben. So hat es gestern in der Zeitung gestanden.
Lunge und Herz sind in Ordnung bei Heidi, nur eben sehr stark erkältet und wahrscheinlich die Blase bissel erkältet. Haben wieder Hustentropfen und was zum Einreiben bekommen. Frau Doktor meinte eben auch, daß es jetzt besser sei, wenn die Kinder fort sind, und hat sie uns dringend dazu geraten. Trotzdem habe ich weiter das Gefühl, daß wir mit unserem Heim Glück haben. Bei diesem Tagangriff ist in Magdeburg die Gasanstalt beschädigt, so daß dort kein Gas ist, nur in L. mit Gas gekocht werden muß. Übrigens sind Frau Dr. Weise ihre Kinder nicht in Graz, sondern in Greiz. Ist doch ein kleiner Unterschied nicht? Es ist eben jetzt so, daß man sich nicht mal am Tage was vornehmen kann, da schon die Tagangriffe bis nach Mitteldeutschland getragen werden. Aber die längste Zeit muß es doch gedauert haben, und die 120 Tage sind doch im Februar vorüber. Dein Kamerad ist noch nicht da gewesen, und Heidi hat doch so nach Schoko geläppert. Sie dankt Dir schon im Voraus dafür.
Über Deine Briefe habe ich mich sehr gefreut, und danke ich Dir recht herzlich dafür. Ich hatte ja auch mit solcher Sehnsucht darauf gewartet. Deine ganze Fahrerei hatte es ja
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