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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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gleich mit Mutter die Küche sauber gemacht, weil der Ofenkehrer da war. Dann habe ich den Ruß in unserer Schlaf- und Wohnstube zusammengewischt und dann habe ich mich mal aufs Rad geschwungen. Zuerst über die Brücke bei Stöhrs vorbei. Es ist ausgebrannt. Auch Diermann mit in seiner Wohnung. Aber die Küche steht noch und hat somit Ullrich sein Betätigungsfeld nicht eingebüßt. Ich hätte ihm gegönnt, daß er nun endlich mal an die Front gekommen wäre. Weiter bin ich dann die Limburger hoch zu Frau Berthold. Dort sieht es schon ein bissel böser aus. Volltreffer in die eine Ecke, und bei Frau Berthold das oberste Geschoß ausgebrannt. Frau Berthold auch aus der Wohnung raus, aber die Wohnung geht wieder in Ordnung zu bringen. Dann bin ich weiter nach Großzschocher zu Frau Leonhardt und hat die sich mal wieder sehr gefreut. Ich habe gleich wieder ein prima Schinkenbrot, Likör und schwarzen Tee bekommen. Sie hatten auch etliche Brandbomben, und auch das Dach fast abgedeckt. Überall sind die Menschen fleißig wie die Bienen, um den Schaden wieder in Ordnung zu bringen. Bei Schäders alles in Ordnung. Böse sieht es aber in der Könneritzstraße am Schleußiger Park aus. Etliche Volltreffer, und dann weiter unten an der Stieglitz-Jahnstraße. Sehr böse der Süden, in der Kronprinzenstraße bald ein Trichter neben dem anderen und ist dort, wer vom letzten Angriff verschont war, jetzt auch mit getroffen. So die Focke-, Koch-, Kaiser-Wilhelm-, Elisenstraße. Erla sollen ziemlich 1000 Tote haben, in der Hauptsache Ausländer, die die Splittergräben nicht mehr rechtzeitig erreicht haben. Man darf das natürlich nicht sagen. ¾ 5 Uhr bin ich dann wieder weg. (Mutti zankt über ihren Federhalter, eben schreibe ich damit, es ist, als ob die Feder gespalten ist. Wird immer wässrig. Papas Halter ist viel besser. Woran liegt das? Um ein Haar hätte ich meinen Zug verpaßt, eine Minute später und er wäre weg gewesen. Heidi freute sich wie ein kleiner Schneekönig, als ich wieder auftauchte, aber sonst scheint sie mich nicht groß zu vermissen, die Mutti ist eben ‘furt’ und damit ist es gut. Für Mutter ist es jetzt sehr schwer allein zu Hause. Sie fühlt sich sehr einsam. Kommende Woche fahr ich ja wieder etliche Tage rein, weil wir große Wäsche haben, und dann hoffe ich, daß der böse Krieg recht bald aus ist und wir alle wieder heim können. Deute doch mal Vater so ein bissel durch die Blume an, daß er jetzt besonders nett mit Mutter sein muß, und nicht so viel zanken. Vielleicht hilft es mal wieder ein Weilchen. Du weißt schon, wie ich es meine. Gestern Mittag kam wieder Alarm, und sind wir alle schnell in die Keller gesockt. Gottlob war es nicht bei uns.
    ... Weißt Du, schön ist es nicht, wenn man nach Hause kommt, und alles so halb ausgeräumt ist, aber das ist doch jetzt überall so, und warum soll man Gefahrenherde wie Gardinen und Teppich nicht beseitigen? Mit einem Schlitten für Heidi wäre ich sehr dafür. Da hat sie ihn doch wenigstens fürs kommende Jahr, denn da gibt’s ja hier auch noch keine. Jetzt taut der Schnee hier weg, und kommt hoffentlich in diesem Winter nicht mehr wieder. Heidis neue Puppe habe ich mit hier, aber den Wagen nicht. Heidi und ich pennen immer noch zusammen, und hat man sich ganz gut daran gewöhnt, ich kann auch jetzt ganz gut schlafen, und Heidi schläft jetzt fest wie ein kleiner Ochse (toi toi toi). Mit Gemüse ist es sehr schlecht, ich bekomme nur das, was ich von Blädes aus L. bekomme. Jetzt vermisse ich meine Kartoffelkarten. Halte ja den Daumen, daß ich sie wiederfinde. Bin überhaupt jetzt ein tüchtiger Pechvogel. Von den schönen grünen Lederhandschuhen, die Du mir mal zu Weihnachten geschenkt hast, habe ich dieser Tage einen verloren. Vielleicht bekomme ich ihn wieder. Renne jeden Tag aufs Fundamt. Das Päckchen von Bentheim(Express) war wie aufgerissen, und habe ich mir sowas gleich denken können. Es war ja auch nur einmal Zucker drin. Ist doch eine unverschämte Schweinerei. Die Papiere kann ich momentan nicht mehr finden, muß erst mal nachkramen. Weißt Du, an mir ist nun wirklich nicht viel Sehenswertes, als daß man es erst auf die Platte nimmt, und würde es kaum so schön werden wie Deins. Sonst geht es mir aber gut und kann ich nicht klagen. Die Münchenreise hat sich für mich erledigt. Lisa fährt im März selbst mal hin.
    Für heute will ich nun aber mal Schluss machen kleiner Mann. Bleib gesund und behalt uns lieb und nimm 1000 liebe

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