Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Aufstellung der Kasse lege ich separat mit bei und hoffe, dass wir unter einen Hut kommen. Hat sich denn nun schon die Münchenreise entschieden? Bei dem Wetter und Umständen beneide ich Dich nicht darum, denn es ist ja kein Vergnügen jetzt im Kriege mit einer Kranken zu reisen, aber ich wünsche gute Fahrt.
Und nun kleine Frau, will ich die Abrechnung machen, Dir und Heidi recht viele liebe Grüsse
Dein Dichliebender Hans.
Grüsse bitte alle recht vielmals von mir.
Oschatz, den 22.2. 1944
Mein lieber alter Strolch!
Meine Karte und wohl auch Mutters Karte wirst Du nun inzwischen erhalten haben und wieder beruhigt sein. Dieses Ungewisse ist furchtbar und macht ganz kaputt. Aber nun will ich Dir der Reihe nach berichten. Also gestern früh ¾ 3 Uhr sind wir aufgestanden. ¾ 4 Uhr sollte der Zug gehen. Bis um 5 Uhr haben wir auf dem kalten Bahnhof gestanden und jämmerlich gefroren. In Wurzen raus, und in einen anderen Zug rein. Punkt 7 Uhr waren wir dann in Paunsdorf. Papa zu Fuß nach Holzhausen und ich mit der Straßenbahn zur Angerbrücke. Mir war elend zumute, denn überall hörte ich, daß der Westen besonders schwer getroffen sein sollte. Die letzte Strecke bin ich förmlich geflogen und stand dann aufatmend an der Jahn-, Steubenstraße. Glaub mir, ich hätte auf die Knie sinken und meinem lieben Gott danken mögen, daß er mir unser Heim erhalten hat. Oben allerdings alles leer und ausgestorben, da die Eltern ja zu Elli gefahren waren. Ich weiß noch nicht, wie sie Elli vorgefunden haben, Mutter wird wohl recht behalten, daß sie zur Beerdigung kommen, und wollen wir Elli den Frieden gönnen. Vater will sie wohl dort beerdigen lassen. Vielleicht kannst Du ihn überreden und überzeugen, daß er wenigstens die Urne überführen läßt, denn Mutter hätte dann eine Stelle, wo sie hingehen und mit ihrer Tochter Zwiesprache halten kann. Du findest das doch auch in Ordnung. Ich erwarte die Eltern morgen hier in Oschatz, und werde ich sehen, in welcher Verfassung Mutter ist, und evtl. mal ein paar Tage mit reinfahren, bis Mutter auf andere Gedanken kommt. Wie ist es bei Dir, bekommst Du keinen Urlaub? Denn das wäre für Mutter der beste Trost. Bei uns zu Hause ist also alles in Ordnung.
Oschatz, den 23.2. 44
Gestern Abend konnte ich nun nicht weiter schreiben, da Mutter kam. Sie schreibt Dir jetzt gleich selbst alles, so daß ich mir das sparen kann. Jetzt habe ich auch keine Ruhe groß zum Schreiben, denn hier rennt alles rum. Hatte heute zum Mittwoch eigentlich einen Brief von Dir erwartet, leider war es wieder nichts. In Leipzig ist nun wieder allerhand zerstört worden. Gewandhaus mit. Der Süden sehr schwer wieder heimgesucht, Stöhrs, Pohls..., Celluloidbude, Oschatzens vollständig ausgebrannt. In der Könneritzstraße Volltreffer ins Kino, und ins Haus von Frisör Schneidt, dann die Ecke gegenüber, weiter runter und rauf bin ich nicht gekommen und kann deshalb auch nichts Näheres schreiben. Die kleinen Häuser in der Stieglitz und Rochlitzstraße sind auch ziemlich zerstört, und dann soll noch besonders Zschocher schwer heimgesucht sein. Mittags beim Tagesangriff sind die Erbewerke ziemlich zerstört, Georg (Krankenhaus) angegriffen und noch verschiedenes anderes. Hoffentlich kommen die Tommies nun nicht noch mal, aber das kann man nie wissen, wollen wir nur das Beste hoffen. Von uns aus bin ich nach Holzhausen gelaufen, und von dort über Stötteritz, Mölkau nach Paunsdorf. Abends 8 Uhr war ich dann todmüde wieder in Oschatz. Nachher will ich mal mit Mutter reinfahren, damit sie nicht so ganz allein auf der Bahn ist, und morgen fahr ich dann wieder zurück. Wir bekommen wieder 50 Gramm Kaffee, eine halbe Flasche Branntwein, eine Dose Milch und Fisch, Kinder Süßwaren und jeder eine Dreitage-Sonderkarte mit Brot, Fleisch und Butter.
Für heute will ich jetzt schließen, kleiner Mann, bleib gesund und nimm viele liebe Grüße auch von Mutti und Papa
von Deiner Leni und Heidi.
Anbei die versprochenen 20 M für Dich.
O.U., den 24.2. 44
Meine liebe kleine Lenifrau!
Gestern trafen Deine Karte und Dein Brief ein und danke ich Dir wieder für Deine lieben Zeilen. Hoffentlich geht es Helenchen besser, denn das krank sein in den jetzigen Zeiten ist ja auch kein Vergnügen. Sie soll sich nur recht in Acht nehmen und pflegen, damit sie recht bald wieder auf dem Posten ist. Dass ich hier wieder mächtig in Sorge war, kannst Du Dir vorstellen, aber Du wirst ja inzwischen von
Weitere Kostenlose Bücher