Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
es recht sein, denn ich hatte dort sowieso vier Stunden Aufenthalt. ... Um 7 Uhr war ich dann wieder hier in Elster, und war bei Heidi die Freude riesengroß. Sie hat mich immer wieder gedrückt und mir ein Kussel gegeben, und mußte ich ihr versprechen nicht wieder allein wegzufahren, was ich ja jetzt sowieso nicht wieder tue. Von Gretel hatte ich ihr zwei Stück Torte, ein Stäbchenspiel und kleine Holzhäuser mitgebracht. Letzteres ist sehr hübsch und werde ich es ihr aber erst zum Geburtstag geben. Ich habe ihr dort noch einen Wagen mit Deichsel erstanden, denn sonst hätte ich doch gar nichts, was ich ihr zum Geburtstag schenken könnte. Heute hat es den ganzen Tag ununterbrochen geregnet, und hat es sich jetzt erst zum Abend aufgeklärt. Hoffentlich bekommen wir wenigstens die letzten Tage noch ein bissel schönes Wetter. Heute Morgen bin ich um ¼ 7 wieder ins Bad gestiegen und habe nun noch drei Moor- und Sprudelbäder vor mir. Diese letzten Tage werde ich mal nicht mehr viel schreiben, ich will die paar Tage noch bissel ausnützen, und vor allem einmal ins Lesezimmer gehen, denn bis jetzt war ich überhaupt noch nicht drin, Vater und Mutter sitzen heute dort. Es ist immer Heidi abends zu versorgen und so wird’s immer ½ 9 Uhr.
Kleiner Mann, hast Du Sorgen? Dein letzter Brief gefiel mir gar nicht, oder ist Dir der Tod von Maxens Bruder so nahe gegangen? Mir tut nur Frau Naumann so leid, alle beiden Jungen weg.
Nun nimm Du für heute viele liebe Grüße und Süße
von Deiner Leni und Heidi.
Gruß von den Eltern.
E.O., den 22.5. 44
Meine liebe kleine Lenifrau!
Für den Kartengruss und den lieben Brief danke ich Dir recht vielmals und hab ich mich wieder über die viele Post sehr gefreut. Auch den Brief mit Lieberoths Schreiben und dem Duplikatfrachtbrief habe ich erhalten. Ersteres anbei unterschrieben zurück; wenn Du die Bescheinigung Nummer 2 erhalten hast, so schicke das Ding an Lieberoths zurück. Wegen dem grossen Paket gehe ich nun am Mittwoch nach Arnheim aufs Expressgut und mal sehen, was daraus wird. Kleine Frau, Du hast mir jetzt ja immer oft und viel geschrieben und hast dadurch viel Zeit eingebüsst, hoffentlich bist Du wenigstens halbwegs mit dem Aalen auf Deine Kosten gekommen. Euer Ausflug nach Mühlhausen hat sich ja für alle gelohnt; habt Ihr da den Kamm auch immer mit? Ich wollte, ich wäre auch in Dänemark und nicht in dem beschissenen Holland, außer dass ich Euch da auch solche Leckerbissen schicken könnte, käme ich auch persönlich in Bezug auf Land und Leute auf meine Kosten. Aber kleine Frau, auch für uns wird noch einmal das Märchen Wahrheit, wir wollen dann nur gut aufpassen, dass wir nicht magenkrank werden. Wie war es denn nun in Saaz und wie hast Du Gretel vorgefunden, sind Deine Kleider nun auch wirklich fertig und bist Du gut nach Elster zurückgekommen? Seid Ihr in Saaz auch mal ausgegangen? Es freut mich für Euch, dass Ihr eine so gute Kapelle dort habt, denn gute Musik ist ja auch eine Erholung. Ich habe dabei viel Pech; ich hatte mich so auf ‘Rigoletto’ am Mittwoch gefreut und nun fällt es aus. Bin gespannt, ob es wenigstens am Freitag mit ‘Tosca’ klappt. Am 2.6. singt in Arnheim der Dresdner Kreuzchor, wenn ich eine Karte bekomme und nichts dazwischen kommt, will ich hingehen. Die beiden Omas haben sich ja am Sonntag mit dem Nachwuchs beschäftigen können, aber Du bist ja nun um Heidis Wünsche und Blümchen gekommen. Vielleicht hat Dir der Aufenthalt in Saaz doch gefallen, so dass Du nicht allzu viel von Deinem Urlaub eingebüsst hast. Die Nächstenliebe scheint ja bei Maschwitzens Lotte ihren Schwiegereltern nicht zu Hause zu sein und wenn man eine Parallele zu Lisas Schwiegereltern zieht, kommt man zu dem Ergebnis, dass es in diesen Kreisen nötig ist, mal recht hineinzuleuchten. Lotte M. muss sich eben notgedrungen an die N.S.V. wenden, um irgendwo unterzukommen. Da habt Ihr ja mit den Moorbädern mehr als Glück gehabt und habt Eure Kur noch 100%ig durchführen können. Ich habe bloss Angst, wenn ich Dich zum nächsten Urlaub in die Arme nehme, dann bloss einen Zaunspfahl erwischt zu haben, oder ist das bei 122 Pfund noch nicht der Fall? Du weisst doch, vollschlank ist nicht übel; aber keine Angst, ich werde der Kur Rechnung tragen und darauf Rücksicht nehmen. Dass die Holländer nun nach der Bewässerung noch weniger gut auf uns zu sprechen sind, ist klar, aber dass die Invasion hier im Westen steigt, glaube ich kaum. Eher schon
Weitere Kostenlose Bücher