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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferruccio Pinotti , Patrick Fogli
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stellen.«
    »Dann sagen Sie mir, wo Sie anfangen wollen?«
    »Bei Ihrer sogenannte Scheiße, Dottore.«
    »Jetzt mal halblang.«
    Baldacci ignoriert ihn. Er ist wie ein Hai, der seine Beute langsam einkreist.
    »Fangen wir bei Ihrer vertracktesten Akte an. Der mit den Gerüchten über Antonio Marsigli und seinen Verbindungen zur Cosa Nostra. Gewisse Dinge tut man einfach nicht.«
    »Ermittlungen gegen die Mafia zum Beispiel?«
    Der Hausherr tut so, als hätte er die Frage nicht gehört.
    »Ihre Untersuchungen zur Perseo, Dottore, hatten einen unverzeihlichen formalen Fehler. Sie waren offiziell. Man spaziert bei einem wilden Tier nicht mit einer Vorladung herein. Man muss sich leise anschleichen, nachts und am besten bewaffnet.«
    »Ist die Perseo ein wildes Tier?«
    »Wieso fragen Sie mich das? Wie lange sind Sie drumherum geschlichen? Zwei, drei Jahre? Und was haben Sie herausbekommen?«
    »Meine Welt ist nicht so wie Ihre, Baldacci.«
    »Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Doch wenn herauskäme, dass Sie hier sind und weshalb, würde man Sie in Stücke reißen. Was ist denn von Ihren Regeln noch geblieben?«
    Der Richter holt tief Luft. Baldacci lässt ihn nicht zu Wort kommen.
    »Sie repräsentieren den Staat«, fährt er fort. »Und da kommen Sie hierher und fragen mich über eben diesen Staat aus. Und ich höre Ihnen zu und frage mich eins: Ist es der offizielle Staat, über den Sie etwas erfahren wollen? Oder besser, sind Sie sich sicher, dass der Staat, der Sie schützt, nicht derselbe ist, über den wir hier reden?«
    Die Antwort kommt sofort.
    »Ja.«
    »Ich respektiere Ihre Überzeugung, Dottore. Respektieren Sie bitte meine Skepsis.« Er setzt sich auf dem Sofa zurecht. »Lassen Sie uns anfangen. Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung.«
    Daniele nimmt den Stift wieder auf. Er sieht Baldacci lange an. Dann beginnt er, mit einem Vor- und einem Nachnamen.
    »Rosario Curatolo.«
    Die Antwort ist knapp wie ein Pistolenschuss.
    »Eine Marionette. Jeder wusste, dass er nichts damit zu tun hatte. Ihr auch. Wie denn auch nicht. Ihr habt schließlich die Fäden gezogen.«
    »Hören Sie, Baldacci, das hatten wir alles schon. Sie reden drumherum, lassen hier und da ein bisschen was fallen, sagen etwas und nehmen es wieder zurück. Wenn das Ihre Art zu erzählen ist, dann gehe ich wieder.«
    Der Cosa-Nostra-Mann lässt die Finger knacken. Daniele stellt sich diese Hände um einen Hals vor. Das Brechen der Luftröhre. Die Wirklichkeit, die sich aus der Finsternis löst.
    Baldaccis Stimme kommt von weither. Er starrt über seine Schulter hinweg ins Leere, auf irgendeinen Punkt zwischen Wand und Fenster.
    »1989 haben sie mich aufgesucht. Ich saß seit einem Jahr in England im Knast. Eines Nachts wurde ich geweckt und in ein Verhörzimmer gebracht. Nicht in das übliche, in ein anderes. Kleiner, ohne Fenster. Sie saßen dort zu dritt.«
    »Wer?«
    »Diese Leute haben keine Namen, Dottore. Das sollten Sie wissen. Geredet hat ein Italiener. Sie wollten etwas über einen Typen wissen, den ich kennengelernt hatte. In einem anderen Leben hätten wir Freunde sein können. Ein Syrer.«
    »Terrorist?«
    »Ja. Eine Woche vorher hatte man ihn verlegt, und diese Leute wollten wissen, was er so geredet hat, was für Besuch er bekam, worüber er mit dem gesprochen hat. Sie können sich denken, dass ich meinen Mund gehalten habe.«
    »Wer waren die?«
    »Was glauben Sie? Hören Sie, einer meiner besten Freunde war der Chef eures Geheimdienstes. Ich weiß, wie diese Dinge laufen, und sehe es den Leuten an, ob sie was damit zu tun haben, verstehen Sie?«
    Daniele schreibt. Er sieht auf und nimmt den Faden wieder auf.
    »Sie waren zu dritt, und einer hat geredet.«
    »Beim ersten Mal ja. Dann sind sie wiedergekommen. Eine Woche später. Und da waren sie weniger freundlich. Sagen wir, diese Leute wussten genau, wie meine Welt funktioniert. Sie wollten das Gerücht in Umlauf bringen, ich arbeite mit der Justiz zusammen. Sie haben mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, was mit meiner Familie passieren würde. Da bin ich zugänglicher geworden, und sie haben mir zu verstehen gegeben, es gebe einen Plan, um Dottor Falcone aus dem Weg zu schaffen.«
    »Sie haben es Ihnen zu verstehen gegeben?«
    »Ja. Fragen Sie mich nicht nach dem genauen Wortlaut. Aber es war sonnenklar, worüber sie redeten. Da habe ich zum ersten Mal die Stimmen der anderen beiden gehört. Der eine war ganz bestimmt Engländer. Beim anderen könnte ich schwören, er

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