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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferruccio Pinotti , Patrick Fogli
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war Israeli. Seine Aussprache hat mich drauf gebracht.«
    »Das hören Sie heraus?«
    Baldacci seufzt.
    »Etwas sollten Sie wissen, Dottore. Sie wissen, wie meine Beziehungen zur Familie Capobianco waren, stimmt’s?«
    »Eng, um es mit einem Wort zu sagen.«
    »Eben. Ich habe viele Jahre Knast riskiert, um sie nicht zu verraten. Es gibt da eine Bank namens Lemon Bank Overseas, sie sitzt in der Karibik, ist aber israelisch. Die Capobiancos nutzen sie für ihre Geldgeschäfte.« Er deutet ein Grinsen an. »Klar erkenne ich die Aussprache wieder, Dottore.«
    Der Richter notiert sich den Namen und spricht weiter, ohne vom Notizbuch aufzusehen.
    »Okay, erklären Sie mir das. Nach dem Attentat von Addaura kommen Geheimdienstler verschiedener Nationalitäten zu Ihnen, um was von Ihnen zu bekommen? Einen Rat zu Falcones Ermordung? Hilfe? Einen Kontakt?«
    Baldacci schweigt einen Augenblick.
    »Die Cosa Nostra erledigt oft die Drecksarbeit für andere. Die Drecksarbeit des Staates, um genau zu sein. Wenn man hässlich und gemein ist, macht ein Makel mehr oder weniger keinen Unterschied. Sie wissen genau, in was Dottor Falcone seine Nase stecken wollte. Ist es da verwunderlich, dass sie ihn kaltmachen wollten? Um bei Ihrer Frage zu bleiben, sie wollten einen Rat von mir, ganz genau. Und ich habe sie zu meinem Cousin Donato Patti geschickt. Nach diesem Tag habe ich sie nie wiedergesehen.«
    Er zupft sich den Hemdkragen zurecht und fährt sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Ich schäme mich nicht, Ihnen zu sagen, dass ich Angst hatte. Um einen Mann einzuschüchtern, braucht es keine Waffen, eine versteckte Nachricht in einem Satz genügt, vielleicht ein kleines Lächeln dazu. Ich habe meinem Cousin den Besuch angekündigt. Und Riina auch. Sie haben geantwortet, alles sei in Ordnung. Ich weiß, dass Donato sie getroffen hat. Sie oder ihre Stellvertreter. Und Sie wissen genauso gut wie ich, dass er den Sprengstoff für Falcone in dieses Loch in Capaci gesteckt hat.«
    Daniele trommelt sich mit den Fingern aufs Knie.
    »Wir hatten bei Curatolo angefangen.«
    »Und ich habe Ihnen geantwortet, dass der nur eure Marionette war. Wissen Sie, weshalb ich Ihnen diese Geschichte erzählt habe, Dottore?«
    »Um mir zu sagen, dass nicht immer ihr die Bösen seid?«
    Baldacci lacht.
    »So ähnlich, ja. Und um Ihnen klarzumachen, das derjenige, der sich in den Kopf setzt, gegen jahrhundertealte Beziehungsgeflechte vorzugehen, am Ende geopfert wird. Falcone wollte sich ins Geldwäschekarussell einschleusen. Er wollte wissen, wie viele börsennotierte Aktien uns gehörten. Wie viel Prozent des italienischen Vermögens uns gehörten. Wer die Leute waren, die dank uns reich wurden. Die mit uns Geschäfte machten.«
    Baldacci faltet die Hände, als wollte er beten. Er bewegt sie vor und zurück wie ein Pendel.
    »Und das darf man nicht machen, Dottore. Die Cosa Nostra lässt es nicht zu. Doch das Wichtigste ist, dass der Staat es ebenso wenig zulässt.«
    Ein zähes, stickiges Schweigen senkt sich herab. Baldacci reibt sich die Augen. Als er sie wieder öffnet, sitzt Daniele unverändert da und wartet auf den Rest.
    »Sie haben nach Curatolo gefragt, Dottore. Und ich sage Ihnen, fragen Sie die, die zu der Zeit in Palermo das Sagen hatten. Fragen Sie Vincenzo Pellegrino. Wissen Sie, was man sich bei der Cosa Nostra sagte? Pellegrino sei ein tüchtiger Bulle, aber seinen Leuten sage er nicht immer die Wahrheit. Wissen Sie, was das heißt?«
    Diesmal ist es Daniele, der wegsieht.
    Talete, denkt er. Die Akte in Elenas Unterlagen.
    Talete, die Informationsquelle des Geheimdienstes.
    Talete. Elena kannte den vollen Namen.
    »Vincenzo Pellegrino«, flüstert er. Und Baldacci breitet die Arme aus.
    Na endlich, bedeutet diese Geste.
    »Wissen Sie, wie man ein Verbrechen wie das an Dottor Borsellino auf die Beine stellt? Man sucht sich zuallererst einen Schuldigen, auf den man es abwälzen kann. Und wissen Sie, wie man an so einen Schuldigen kommt? Indem man jemanden festnagelt, der nicht die Wahrheit sagen kann, oder die Sache jemandem anhängt, der zu viel Angst hat, das Maul aufzumachen. Rosario Curatolo gehört zur zweiten Kategorie. Allerdings braucht es auch jemanden, der diesen Schuldigen findet. Sonst funktioniert der Trick nicht. Man nimmt ihn fest, ringt ihm ein Geständnis ab und schützt ihn. Eigentlich geht das nicht, aber wen juckt’s? Du machst die Regeln. Und die alten haben sich sämtlich in Wohlgefallen aufgelöst. Im großen Spiel

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