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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferruccio Pinotti , Patrick Fogli
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sagte doch, halten Sie mich nicht für blöd. Natürlich habe ich das. Zweimal bestimmt. Einmal, als die Mafia den Namen benutzt hat, und dann, als Ermittlungen zu den angeblichen Telefontechnikern eingeleitet wurden. Und niemand der Beschuldigten, die später versetzt wurden, hatte einen Scheißdreck mit den Bekenneranrufen zu tun.«
    »Und haben Sie eine Antwort gefunden?«
    Der Mann zuckt die Achseln.
    »Sie sind ein Kollege, da erübrigt sich die Frage. Irgendjemand hat eine Marschrichtung vorgegeben. Jemand, der Bescheid wusste. Er hat dafür gesorgt, dass der Name bekannt wird. Zuerst ein paar Morde. Dann die Verbrechen des weißen Uno. Danach Falcone, Lima, Borsellino, die Anschläge von ’93. Ein klarer Kurs.«
    »Sie sagten, Sie wussten, dass niemand von denen, gegen die ermittelt wurde, etwas mit den Anrufen zu tun hatte. Also wissen Sie, wer es war.«
    »Nein. Aber die Namen, die ausgesiebt wurden, hatten nichts mit der Gruppe zu tun, darauf würde ich wetten.« Er macht eine Pause. »Wissen Sie, was lustig ist? Jetzt, da ich darüber nachdenke, bin ich mir noch nicht mal sicher, ob es wirklich eine Gruppe gab. Vielleicht war ich der Einzige. Ich bin immer davon ausgegangen, dass das alles auf unserem Mist gewachsen ist, aber das stimmt nicht.«
    »Es gab einen mit einem deutschen Akzent.«
    »Glauben Sie, es gäbe nicht irgendeinen Kollegen, der die Sprache kennt und den Akzent nachmachen kann?«
    Der Mann blickt sich um. Die beiden jungen Leute küssen sich. In der Ferne ist ein riesiger Fleck blauen Himmels zu sehen.
    »Die Mafia, die sich bekennt«, raunt er. »Und wieso sollten die bei den Zeitungen anrufen wollen oder Drohbriefe verschicken?«
    »Weil jemand es ihnen aufgetragen hat.«
    Der Mann schweigt. Einen Moment lang scheint es, als wollte er aufstehen und gehen. Dann greift er wieder nach dem Glas und trinkt.
    »Die Falange Armata ist der Staat«, sagt er plötzlich. »Ich verwende das Präsens, weil es mich nicht wundern würde, wenn sie plötzlich wieder aus der Versenkung käme, wenn es nötig wäre. Damals war sie nötig, dann hat man sie eingemottet. Aber gute Ideen wirft man nicht weg.«
    Andrea zwingt sich zu schweigen. Er denkt an den Anruf, den er gehört hat.
    »Gute Ideen wirft man nicht weg«, sagt der Mann noch einmal. Dann sieht er plötzlich auf und verschränkt die Arme vor der Brust. Er wirkt belustigt.
    »Seinerzeit haben wir die Faschisten benutzt, dann haben wir zugelassen, das die Roten ihr Ding machen. Am Ende sind wir sie alle losgeworden. Das Spiel ist so alt wie die Welt. Als die Faschisten und die Kommunisten weg waren, haben wir uns selbstständig gemacht. Und den alten sizilianischen Verbündeten das gleiche Ende beschert.«
    Andrea rührt sich nicht. Der Mann fährt sich mit der Hand übers Gesicht.
    »Wissen Sie, was man in Sizilien sagt? Einen Boss verrät man entweder oder man bringt ihn um. Fragen Sie sich mal, ob das nur für die Cosa Nostra gilt oder auch für den Staat. Und dann denken Sie mal an das, was man nach dem Attentat von Bologna mit den neofaschistischen Gruppen gemacht hat. Alle hinter Gitter, einer nach dem anderen.«
    Er schweigt. Er scheint auf eine Reaktion zu warten, doch dann überlegt er es sich anders.
    »Sie gehören zu der schlimmsten Sorte«, sagt er dann. »Das habe ich sofort gemerkt. Sie sind nicht auf Enthüllungen, sondern auf Gewissheiten aus.«
    »Sind Sie sicher?«
    Er steht auf.
    »Machen Sie sich nichts vor, diese Leute hinterlassen keine Spuren. Es gibt für Sie nichts zu entdecken. Nichts.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Sie verstehen mich sehr wohl.« Er vergräbt die Hände in den Taschen.
    »Es ist wirklich so, wie es scheint«, sagt er. »Sie wollen die Wahrheit herausfinden und merken nicht, dass Sie sie bereits kennen.«
     
    Carlo Leoffredi sieht aus wie ein vorzeitig gealterter junger Professor. Sein kurzgeschnittenes Haar ist fast vollkommen grau, und sein Outfit entspricht dem Klischee eines Richters: grauer Anzug, blaues Hemd, dunkelblauer Schlips mit weißen Streifen.
    Alles andere fällt eher aus dem Rahmen. Er isst eine Praline nach der anderen, spricht mit der sonoren Stimme eines Radiosprechers und kann nicht einen Moment stillsitzen.
    Um ihn zu treffen ist Daniele zu ihm ins Büro nach Rom gefahren. Kassationsgericht.
    Leoffredi hat die Tür zugemacht und sich neben dem Computer an den Schreibtisch gelehnt. So weit Palermo auch zurückliegen mag, die Erinnerung ist noch mehr als lebendig.
    »Mich hat

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