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Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Titel: Blessed - Für dich will ich leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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wirkte fast ehrfürchtig. Dabei wusste ich erschreckend genau, was in den Köpfen unserer Mitschüler vorging, denn ihr Schweigen war eindeutig, ihre Gedanken transparent: „Die Britin hat das Biest bezähmt.“
    Wie falsch sie doch alle lagen. Erstens war Noah nicht der, für den sie ihn hielten, und zweitens hatte er mich bezähmt, beziehungsweise aus meiner Reserviertheit gelockt. Noah war mein erster fester Freund. Ich schmunzelte stolz unter diesem Gedanken – nur für eine Millisekunde, bis mich Noahs Blick scharf traf. Er blinzelte oft und schnell hintereinander, offenbar verwirrt ... oder ... erstaunt ?
    „Was?“
    Er schüttelte den Kopf und starrte zurück auf seine Schuhspitzen. „Schon gut.“
    Kathy stand vor ihrem Spind und wartete auf mich. Als sie uns erspähte, weiteten sich auch ihre Augen.
    „Hi!“, sagte Noah leise, während ich sie nur anstrahlte – ich konnte einfach nicht anders.
    „Hi!“, erwiderte s ie noch leiser als er und errötete dabei leicht. Schnell sah sie mir in die Augen. „Ich ... ähm ... habe auf dich gewartet, weil ...“ Sie holte tief Luft und blickte zwischen Noah und mir hin und her. Offenbar fiel es ihr nicht so leicht, in seiner Gegenwart zu sprechen.
    Nun, Kathy, gewöhn dich dran! Am besten schnell!
    Der Griff meiner Hand festigte sich und Noah erwiderte den Druck. Seine Botschaft war klar: Ich gehe nirgendwo hin .
    „Es stimmt also, was hier gemunkelt wird?“, fragte Kathy zögerlich. „Dass du Bill geschlagen hast und Noah die Suspendierung dafür akzeptieren wollte?“
    Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, den er schulterzuckend erwiderte. Dann erst nickte ich. Wie auf Kommando schmiss sich Kathy mir entgegen. Ihr Gesicht wirkte gequält, und ich begriff ihre offensichtliche Verzweiflung nicht, bis sie förmlich aus ihr heraussprudelte:
    „Warum hast du denn niemandem von der Sache mit Bill erzählt, Emily? Dieser Scheißkerl!“
    Nun löste ich meine Hand doch aus Noahs, erwiderte Kathys Umarmung und tätschelte etwas unbeholfen ihre Schultern. Nach einer Weile drückte ich sie weg und hielt sie bei den Schultern, um sie ansehen zu können.
    „Es kam mir gar nicht so dramatisch vor. Noah wäre mir zu Hilfe gekommen, wenn ...“ Ich wandte mich um und sah ihn an.
    „ Wenn sie den Bastard nicht vorher schon erledigt hätte“, beendete er meinen Satz. Ein wenig platter als ich es getan hätte, dafür sehr punktgenau.
    Kathy brauchte einen Moment, um den Schock – Noah, der unaufgefordert in vollständigen Sätzen sprach – zu verarbeiten. Dann sah sie mich wieder an. Die Sorge war verschwunden und plötzlicher Empörung gewichen. „Ich kenne dich zwar noch nicht so schrecklich lange, Emily, aber ich weiß, dass du extrem friedliebend bist. Wenn du Bill geschlagen hast, dann hatte es einen triftigen Grund. Andernfalls wäre der Idiot sicher auch nicht für einen Monat von Schule suspendiert worden.“
    Ich sah sie erstaunt an. „Woher ...?“
    Kathy winkte ab. „Die ganze Schule spricht davon. Mrs Porter hat ein langes Gespräch mit Bills Eltern geführt. Wenn er sich nur noch eine winzige Kleinigkeit leistet, fliegt er in hohem Bogen von der Schule.“
    „Gut so“, brummte Noah hinter mir und zog Kathys Aufmerksamkeit damit zurück auf sich.
    Sie sah ihn einige Sekunden lang sehr skeptisch an, doch dann schmolz ihr Blick , und sie atmete einmal tief durch. „Es tut mir leid, Noah“, sagte sie mit tiefer Inbrunst.
    „Was?“, entgegnete der so verwundert, dass es beinahe alarmiert wirkte.
    „Dass ich mich so sehr in dir getäuscht habe“, stellte Kathy klar, zögerte einen kurzen Augenblick, in dem meine Atmung aussetzte, und lachte dann auf. „Ich habe echt gedacht, du wärst ein Vollidiot.“
    „Nicht nur du“, erwiderte ich und lehnte mich dabei gegen Noahs Brust.
    Trotz unseres Lachens war die Situation angespannt. Und ich war es auch, wusste ich doch nicht, ob er für Scherze dieser Art schon bereit war.
    Noah fuhr sich durch die Haare – sichtlich verlegen. „Nun, ich schätze, dass war ich wohl auch“, gestand er kleinlaut.
     
    Unser gemeinsamer Matheunterricht verlief erwartungsgemäß hoffnungslos – zumindest, was meine Wenigkeit betraf. Abgesehen davon, dass ich absolut nichts von dem verstand, was Mrs Rodgins uns zu vermitteln versuchte, lenkte mich Noahs Nähe ab. Ihn selbst traf dabei keine Schuld. Er ließ mich vollkommen in Ruhe und schrieb unbeirrt seine Notizen, aber ich konnte ihm meine Aufmerksamkeit einfach nicht

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