Blick in Die Angst
aber ich konnte nur das Dach davon erkennen und nahm den Geruch von feuchtem Dünger, Heu und Tieren wahr. Neben einem der Felder stand ein alter, ausrangierter Pflug, der bereits mit Moos überzogen war, und in einer Pfütze entdeckte ich den Wagen einer hölzernen Spielzeugeisenbahn mit kaputten Rädern. Ich erinnerte mich daran, in dem Prospekt gelesen zu haben, dass es hier eine Schule und eine Einrichtung zur Betreuung der Kleinkinder gab.
Als ich den Wegweisern zum Büro folgte, ging ich langsamer, meine Schuhe knirschten auf dem Kies. In welchem Gebäude mochte Aaron wohnen? Ich hatte das Gefühl, beobachtet zu werden, und schaute mich um. Das Gesicht eines Kindes lugte über einer Fensterbank hervor. Ein kleiner Junge mit blassem Gesicht, großen Augen und blondem Lockenschopf. Er grinste mich frech an, dann verschwand er, und der Vorhang fiel wieder auf seinen Platz. Wie viele Kinder lebten wohl in der Kommune?
Ich fand das Büro. Es gab eine Klingel, und ein Schild bat: »Außerhalb der Öffnungszeiten bitte klingeln.« Ich drückte auf den Knopf, und ein angenehmes Glockengeläut ertönte. Oberhalb der Tür entdeckte ich eine Kamera. Das rote Licht blinkte und ließ mich an Heathers Angst im Krankenhaus denken. Er sieht alles. Nach wenigen Minuten wurde die Tür geöffnet. Ich war am ganzen Körper angespannt und rechnete fast damit, dass Aaron auftauchen würde, doch jetzt stand mir eine junge Frau mit langen Haaren und klaren Gesichtszügen in Jeans und weißem Sweater gegenüber.
Sie lächelte. »Kann ich Ihnen helfen?«
Ich erwiderte ihr Lächeln. »Ich hoffe es. Meine Tochter ist verschwunden, und ich wüsste gerne, ob sie hier ist. Ich mache mir große Sorgen um sie.«
Mit freundlicher Miene erwiderte sie: »Tut mir leid, aber wir können keine Informationen über unsere Gäste herausgeben.«
»Dann möchte ich gerne mit Aaron sprechen.«
Sie musterte mich. »Er empfängt niemanden ohne einen Termin.«
»Ich glaube, mich wird er empfangen. Ich kannte ihn, als ich noch ein Kind war. Sagen Sie ihm einfach, dass Nadine Jaeger hier ist, dann wäre ich Ihnen sehr zu Dank verpflichtet.«
Sie nickte. »Ich werde fragen. Möchten Sie hereinkommen und warten?«
»Gerne.«
Sie ließ mich eintreten. Das Bürogebäude war gemütlich und einladend, mit Bodenfliesen in Erdtönen, Holzbalken und einem Empfangstresen aus einer langen, in Naturtönen gebeizten Zedernholzplatte. Dahinter sah ich mehrere Telefone, ein Faxgerät, einen Computer und weitere Bürogeräte. Eine Tür hinter dem Tresen führte vermutlich in weitere Büroräume. Der Empfangsbereich öffnete sich nach rechts zu einem kleinen Raum mit Büchern, Edelsteinen, CDs und allerlei Schnickschnack, wie in einem Andenkenladen in einem Resort. Die Frau deutete auf ein paar Stühle und sagte: »Ich erkundige mich, ob Aaron Sie empfängt.« Sie verschwand im Büro hinter dem Tresen. Ich setzte mich auf einen der Stühle, neben einen kleinen Tisch mit einer Anzahl Zeitschriften, größtenteils zu den Themen Gesundheit, Meditation und gesundem Leben.
Endlich, nach fast fünfzehn Minuten, öffnete sich die Tür. Ich hielt den Atem an und rechnete erneut damit, Aaron zu sehen, aber es war wieder die junge Frau. Lächelnd kam sie auf mich zu. »Wenn Sie mir bitte folgen, Aaron wird Sie empfangen.« Ich nahm an, dass Aarons Büro sich ebenfalls in diesem Gebäude befand, aber die Frau drehte sich um und ging zur Eingangstür. »Hier entlang bitte.«
Wir gingen zurück zum Hauptgebäude und traten durch einen Seiteneingang ein. Sie hatte also von einem anderen Büro aus mit Aaron telefoniert. Ich folgte der jungen Frau einen Korridor entlang, wobei mein Blick alles aufnahm. Bis jetzt wirkte die Einrichtung schlicht, fast rustikal, ganz im typischen Westküstenstil. Auch hier waren, wie im Büro, die Fußbodenfliesen erdfarben und die Wände schlicht weiß. Hier und dort hingen Wandteppiche, und an den Decken waren breite Balken aus Zedernholz zu sehen. Es roch angenehm unaufdringlich nach einer Mischung aus Holz und natürlichen ätherischen Ölen. Es erinnerte mich an eine Therme, in der ich einmal gewesen war. Die Türen öffneten sich zum Korridor hin, waren jedoch zumeist geschlossen. Eine stand einen Spalt offen, und ich erhaschte einen Blick in ein einfaches Zimmer: In der Ecke stand ein Einzelbett aus Holz mit weißem Bettzeug, daneben eine Truhe und ein Stuhl.
Ein paar Türen weiter kamen wir an einem Raum vorbei, der aussah, als würden
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