Blick in Die Angst
sie wohl aussieht.«
Ich verabschiedete mich, als Levi einen Anruf entgegennahm, der offensichtlich eine Weile dauern würde – er hatte angefangen, der Person am anderen Ende die Preisliste für Vermietungen herunterzubeten, wobei er die Augen verdrehte. Ich holte eine Visitenkarte aus der Tasche, schrieb auf die Rückseite Ruf an, wenn du über die Kommune reden möchtest, und fügte meine Privatnummer hinzu. Er warf einen kurzen Blick darauf, als ich sie ihm reichte, und schenkte mir ein abwesendes Danke-dass-du-vorbeigeschaut-hast-Lächeln.
Als ich den Weg zu meinem Auto einschlug, schaute ich zurück zur Hütte und konnte Levi durch das obere Fenster sehen. Er warf meine Karte in den Mülleimer.
29. Kapitel
Obwohl ich alle Türen abgeschlossen hatte, fühlte ich mich am Abend ungeschützt und unbehaglich. Ich hatte mit einer ganzen Anzahl Leute über die Kommune geredet und dabei einigen Staub aufgewirbelt. Aaron hatte viele loyale Anhänger, ganz zu schweigen von den Leuten, die Geld in das Zentrum investiert hatten. Es war ein erfolgreiches Unternehmen, und es würde ihnen gar nicht gefallen, wenn jemand ihnen das Geschäft vermieste. Ich ermahnte mich, dass die Polizei jetzt ein Auge auf das Zentrum hatte und dass Aaron klug genug war, sich zurückzuhalten. Trotzdem überprüfte ich die Fenster und Türen ein weiteres Mal und schüttelte den Kopf über meine Paranoia. Ich versuchte, mich mit einer Gartensendung im Fernsehen abzulenken, als das Telefon klingelte. Ich schrak so zusammen, dass ich meinen Tee verschüttete. Ich blies gegen meinen verbrühten Finger und nahm das Telefon beim vierten Klingeln ab.
»Hallo?«
Eine schroffe Stimme, gedämpft und verzerrt, sagte: »Hören Sie sofort auf, oder es wird Ihnen leidtun. Sie wissen nicht, mit wem Sie sich anlegen.« Der Anrufer legte auf.
Zitternd starrte ich auf das Telefon in meiner Hand. »Unbekannte Rufnummer« zeigte das Display. War es jemand aus dem Zentrum gewesen? Ich konnte nicht sagen, ob es ein Mann oder eine Frau gewesen war. Die Stimme hatte geklungen wie von einem Computer generiert, was die Sache nur noch furchteinflößender machte. Ich drückte *57 und hoffte, dass meine Telefongesellschaft die Nummer später zurückverfolgen konnte.
Ich setzte mich auf das Sofa und dachte gründlich nach. Meine Befürchtungen schienen zutreffender gewesen zu sein als erwartet. Irgendwann im Zuge meiner Nachforschungen musste ich jemandem ziemlich auf den Schlips getreten sein. Und jetzt? Die Drohung hatte mich erschreckt, aber selbst wenn der Anrufer tatsächlich jemand aus dem Zentrum gewesen war, glaubte ich nicht, dass Aaron mir etwas antun würde. Nicht, weil ich ihn des sexuellen Missbrauchs bezichtigte, denn er wusste ja, dass es deswegen vermutlich ohnehin zu keiner Anklage kommen würde. Doch wenn mir etwas zustieße, geriete er als Erster in Verdacht, und er war nicht dumm. Ich hielt es allerdings für möglich, dass er versuchte, mir Angst einzujagen, ehe das Zentrum negative Schlagzeilen machte.
Das Telefon klingelte erneut und trieb meinen Puls in die Höhe. Ich wartete einen Moment, um mich zu sammeln, dann schaute ich auf das Display. Dieses Mal wurde eine Nummer angezeigt, die mir vage bekannt vorkam, trotzdem meldete ich mich mit einem vorsichtigen »Hallo?«.
»Hallo, Nadine, hier ist Tammy.«
»Tammy! Wie geht es Ihnen?« Erleichtert ließ ich mich auf dem Sofa zurücksinken.
»Nicht gut.«
Sie klang gestresst und ängstlich. Besorgt setzte ich mich wieder auf und fragte: »Ist alles in Ordnung?«
Ihre Stimme klang belegt und näselnd, als hätte sie geweint. »Mein Mann will nicht, dass ich zur Polizei gehe.«
Enttäuscht, aber nicht allzu überrascht, ließ ich mich zurückfallen. »Und was wollen Sie? Wollen Sie trotzdem mit der Polizei sprechen?«
»Ich weiß es nicht. Ich verstehe seine Argumente. Er hat einfach Angst um Dillon und mich. Die Leute glauben, das Zentrum sei einfach großartig, und Aaron ist dieser wichtige Typ mit einem Haufen Geld. Mein Mann will nicht, dass ich in den Dreck gezogen werde, von den Zeitungen und so, und dass alle über mich reden. Er glaubt, die Leute würden mir nicht glauben.«
Die Art, wie sie es sagte, und ihre traurige Stimme verrieten mir, dass sie ebenfalls enttäuscht war. Ob von ihrem Mann oder von der Tatsache, dass an seinen Argumenten etwas Wahres dran war, wusste ich nicht. Denn er hatte recht – sie hätte einen schweren Kampf auszufechten. Viele Menschen würden ihr
Weitere Kostenlose Bücher