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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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Jahre hatte der Laden sich verändert. Heute war ein kleines Straßencafé angeschlossen, in dem ein paar Teenager an den Tischen saßen, für eine Zigarette der Kälte trotzten, lachten und SMS verschickten.
    Unvermittelt hatte ich das Gefühl, ich würde wieder in unserem alten Pick-up-Truck sitzen, während Robbie und Levi sich ein paar Mädchen im Teenageralter näherten, die sich auf der Treppe vor dem Laden mit ihren Rucksäcken ausruhten und in der Sonne Dr. Peppers tranken. Ihr Leben hatte sich wahrscheinlich für immer verändert, als sie beschlossen, hinten auf unseren Truck zu klettern und mit zur Kommune rauszufahren, um eine Runde zu schwimmen. Ich versuchte, mich an ihre Namen zu erinnern, aber ihre Gesichter verschmolzen mit denen der anderen jungen Frauen der Kommune. Alle waren braungebrannt und hatten lange Haare, glückstrunken vom Pot und von der Freiheit. Die Einzige, die sich jemals von ihnen abgehoben hatte, war Willow. Ich überlegte, wie sie an die Kommune geraten war, aber ich kam nicht drauf. Dann fiel mir ein, dass sich das Gemeindemuseum gleich um die Ecke befand. Nachdem ich mein Benzin bezahlt hatte, parkte ich den Wagen vor dem kleinen gelben Gebäude. Ich wollte nur rasch hineinschauen und nachfragen, ob sie irgendwelche Fotos aus den sechziger Jahren hatten.
    Die Tür klapperte, als ich sie aufstieß. Eine Frau, vielleicht Anfang dreißig, mit blondem, zum Pferdeschwanz zurückgebundenem Haar, saß hinter einem mit Kalendern und Postkarten bedeckten Tresen. In der Glasvitrine darunter lagen Holzfällerwerkzeuge, ein Eisenbahnnagel und Bücher auf rotem Samt. Hinter der Frau hing eine gerahmte, von einem Künstler gemalte Landkarte von Shawnigan Lake an der Wand. Es gab auch ein paar Fotos von der Kinsol-Brücke; eines zeigte einen alten Zug, der gerade über die spektakuläre Holzkonstruktion fuhr und eine gewaltige Dampfwolke hinter sich herzog.
    Die Frau ließ das Buch sinken, in dem sie gelesen hatte, und lächelte. »Willkommen im Shawnigan Lake Museum.«
    Ich lächelte zurück. »Hallo.« Als ich mich umsah, blieb mein Blick an ein paar Schwarzweißfotos an der Wand hängen. Reiche Leute auf Sommerurlaub am See. Ich war so in Gedanken, dass ich zwar hörte, dass die Frau etwas sagte, aber nicht verstand, was.
    Ich drehte mich um. »Bitte entschuldigen Sie, was haben Sie gesagt?«
    »Besuchen Sie Shawnigan zum ersten Mal?«, fragte sie.
    »Nein, ich bin hier aufgewachsen.«
    »Ach, wirklich?« Sie musterte mein Gesicht. »Wo haben Sie gelebt?«
    »Außerhalb, in Richtung Brücke – aber es ist schon lange her. Jetzt lebe ich in Victoria.«
    »Sie wird wieder aufgebaut.« Mir waren bereits all die Fotos von der Kinsol-Brücke aufgefallen, und ich freute mich, dass sie saniert wurde. Als Kind war es einer meiner Lieblingsplätze gewesen, ein Ort, an dem ich Trost fand. Es war die größte Holzbrücke im Commonwealth und eine der höchsten auf der Welt. Vor Jahren hatten ein paar Schüler daran herumgefackelt, und sie hatte eine eigene tragische Vergangenheit. Ein junger Mann hatte Selbstmord gegangen, indem er sich an einem der Balken erhängt hatte.
    »Vielleicht können Sie mir helfen«, sagte ich. »Früher lebten eine Zeitlang ein paar Hippies draußen am Fluss …«
    »Sie meinen die Kommune?« Sie legte den Kopf schräg und wartete auf den Rest meiner Frage.
    Angst ließ meine Knie weich werden, und ich hatte das Gefühl, immer mehr Türen aufzustoßen, die besser geschlossen bleiben sollten. »Wissen Sie, ob sich irgendjemand aus dem Ort noch an sie erinnern könnte?« Außer mir, die sich nicht sicher war, ob sie sich erinnern wollte.
    »Hm, ich weiß nicht …« Sie zog die Nase kraus.
    Ich schaute auf das Buch in ihrer Hand – es handelte von der Geschichte der Malahat-Indianer und Shawnigan Lake.
    Sie bemerkte meinen Blick und sagte: »Ich bin ganz besessen von Geschichte.« Sie lächelte schuldbewusst und zuckte die Achseln.
    »Es gibt bestimmt viele Geschichten und Legenden über Shawnigan.«
    Mit großen Augen beugte sie sich über den Tresen. »Sie meinen, die ganzen Ertrunkenen zum Beispiel?«
    Als Kind hatte ich gehört, dass die Angehörigen der First Nations , wie die Indianer in Kanada genannt werden, sich weigerten, auch nur in die Nähe des Sees zu kommen. Sie sagten, er sei verflucht. Die Legenden erzählten, dass es einen Krieg zwischen zwei Stämmen gegeben hatte, der mitten auf dem See ausgefochten wurde. Die Boote kenterten, und alle ertranken, aber

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