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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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Jahre alt. Haben Sie sie vielleicht mal in die Stadt mitgenommen, etwa Ende Juli?«
    »Das ist vierzig Jahre her. Ich bin froh, wenn ich noch weiß, was ich gestern gemacht habe.«
    »Tut mir leid. Ich weiß, dass es eine lange Zeit ist.«
    »Wem sagen Sie das. Aber ich wünschte, ich würde mich an sie erinnern. Hört sich an, als sei sie ein Hingucker gewesen.« Er lachte derb, doch es kam mir nicht lustig, sondern falsch vor, dieser alte Mann, der im Geiste lüstern nach einer Siebzehnjährigen schielte. »Warum fragen Sie?«
    »Ich musste in der letzten Zeit öfter an sie denken und habe überlegt, ob sie vielleicht immer noch in Shawnigan lebt. Ich glaube, sie ist aus der Kommune abgehauen oder so.«
    »Soweit ich mich erinnere, sind die meisten Teenager abgehauen, um in der Kommune zu leben – nicht umgekehrt.«
    Wir sahen uns an. Erneut fragte ich mich, ob er mich wiedererkannte. Oder hatte er meine Mutter gekannt? Ich blickte hinunter auf meinen Becher, nahm den letzten Schluck von dem bitteren Kaffee und sagte: »Nun, ich habe genug von Ihrer Zeit in Anspruch genommen. Ich sollte besser gehen.«
    Ich stand auf, und er folgte mir schlurfend. An der Tür blieb ich stehen, als mir eine Zeichnung von einem kleinen Jungen auffiel, der Beeren pflückte. Ich dachte an Finn und fragte mich, ob Larry irgendetwas über diesen Fall wusste.
    »Ich habe gehört, da draußen soll auch ein kleiner Junge gestorben sein …«
    Er riss kurz die Augen auf, doch dann schloss er sie wieder halb. Er nickte. »Das war eine üble Geschichte. Die Eltern haben zu viel Gras geraucht, und das Kind starb in einer Pfütze.«
    »Das ist so traurig. Wissen Sie, ob irgendjemand jemals deswegen angeklagt wurde?«
    »Der Cop, der den Fall bearbeitet hat, Steve Phillips, ist inzwischen in Rente, aber er wohnt immer noch in Shawnigan. Den müssen Sie deswegen fragen.«
    Ich nickte. »Danke für die Informationen. Es war sehr interessant.«
    Er grunzte nur.
    Am Fuß der Treppe drehte ich mich um. »Ich würde mich gerne mit diesem Officer unterhalten. Wissen Sie, wo er wohnt?«
    Wir musterten einander erneut. Sein Blick verriet nichts, als er sagte: »Er wohnt neben dem Provincial Park. Das große weiße Haus am Ende der Minnow Lane – davor steht sein Wohnmobil.«
    Ich kannte die Gegend gut. An manchen Sommerabenden, wenn wir den ganzen Tag über Heu eingefahren hatten, hielt unser Dad am Park an, und wir rannten durch die dunklen Waldwege und über das offene Feld ins Wasser, um das Heu und den Schweiß abzuwaschen.
    »Danke, Sie haben mir sehr weitergeholfen.« Ich hatte die Worte kaum ausgesprochen, da hatte er die Tür schon geschlossen. Doch als ich rückwärts aus der Auffahrt setzte, hob sich eine Ecke der Jalousie.
    Ich spürte, wie er mich beobachtete, bis ich wendete und davonfuhr.

18. Kapitel
    Ich brauchte nicht lange, um das weiße Haus zu finden, doch als ich an die Tür klopfte, blieb alles still. Auf dem Rückweg zu meinem Auto rief ein Mann, der auf dem Nachbargrundstück die Bäume beschnitt: »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich hatte gehofft, Mr Phillips sprechen zu können. Wissen Sie, wann er wieder zu Hause ist?«
    »Er ist zum Angeln. Kommt nicht vor nächsten Freitag zurück.«
    Ich dankte Gott für die Kleinstädte, in denen die meisten Menschen einem freundlichen Gesicht immer noch vertrauten.
    »Danke, sehr freundlich von Ihnen.«

    Eigentlich wollte ich direkt nach Victoria zurückfahren, doch am Ende der Auffahrt blieb ich einen Moment stehen, den Motor im Leerlauf. Vielleicht sollte ich rausfahren zur Kommune, und ausprobieren, ob noch mehr Erinnerungen hochkommen. Mein Herzschlag beschleunigte sich umgehend bei der Vorstellung. Wütend über meine Furcht lenkte ich den Wagen in Richtung der Kommune. Als ich an der Auffahrt meines Bruders vorbeikam und am Nordende des Sees links auf die Renfrew Road abbog, fragte ich mich, ob Robbie jemals hier hinausfuhr. Als Teenager war er immer stundenlang in den Bergen Quad gefahren, aber ich hatte keine Ahnung, ob er das alte Camp jemals wieder aufgesucht oder auch nur im geringsten darüber nachgedacht hatte.
    Fünf Minuten später erreichte ich die Weggabelung am Ende der Renfrew Road, von wo aus nur noch Schotterpisten weiterführten. Ich hielt mich rechts – der andere Weg wurde hauptsächlich von Holztransportern genutzt. Hier war meine Mutter verunglückt. Ein leichter Nebelschleier lag über dem Wald und verlieh den Häusern und Ranches etwas Gespenstisches. Die kühle

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