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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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schwankte. Ich folgte ihm in die Küche. Auf dem Weg fiel mir auf, dass das Wohnzimmer dunkel und die Vorhänge zugezogen waren. Im plärrenden, kleinen Fernseher auf dem Küchentresen lief die Übertragung eines Eishockeyspiels, doch das schaltete er ab. Der Tisch stand direkt an der Wand, darauf stand ein Einweckglas mit bunten Blumen. Er fing meinen Blick auf und sagte steif: »Dass ich Junggeselle bin, heißt noch lange nicht, dass mir hübsche Dinge nicht gefallen würden.«
    Ich lächelte höflich, hielt es aber für besser, nichts zu sagen.
    Er schaute sich in seiner Küche um, als versuchte er sich daran zu erinnern, was man machte, wenn man Besuch bekam. Dann sagte er: »Kaffee? Ich habe gerade eine Kanne fertig.«
    »Sehr gerne.«
    Er schenkte zwei Becher ein, doch als ich ihm zur Hand gehen wollte, bedeutete er nur, ich solle mich setzen. Er schlurfte zum Tisch herüber, seine knotigen Hände zitterten, als er vorsichtig einen Becher vor mir abstellte.
    »Also, was wollen Sie von mir wissen?«
    Ich nippte an meinem Kaffee und überlegte, wie ich meine Frage formulieren sollte. Ich beschloss, dass ein lockerer Plauderton für den Anfang das Beste war.
    »Es ist ja schon ziemlich lange her, aber ich frage mich, ob irgendjemand von denen noch hier im Ort lebt.«
    »Nicht dass ich wüsste. Sie sind alle nach Victoria gezogen. Sie waren hier, und als ich das nächste Mal mit meinem Truck am Camp vorbeigefahren bin, waren sie weg.«
    »Stimmt, Beth hat den Truck erwähnt. Ich habe gehört, dass ein paar von denen die Ausrüstung der Holzfäller sabotiert hätten …« Dass ich es in der Kommune gehört hatte, ließ ich unerwähnt.
    Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, zupfte und zog mit den großen Händen an den Hosenträgern, als wären sie plötzlich zu fest geworden. Erneut betrachtete er mein Gesicht. »Leben Sie immer noch hier in der Gegend?«
    »Nein, in Victoria, aber ich habe Familie hier.« Ich wollte ihm nicht zu viel verraten, also sagte ich nur: »Wir haben in der Nähe der Kommune gewohnt und sind manchmal mit den Fahrrädern dort raus zum Schwimmen gefahren. Mein Bruder und ich haben uns mit ein paar der Kinder angefreundet. Sie waren nett zu uns, aber ich erinnere mich, dass es Gerüchte gab.«
    »Das war ein komischer Haufen, aber die meisten waren ganz in Ordnung.« Wieder sah er mich an, als wollte er mich einschätzen und herausfinden, worum es mir wirklich ging.
    »Kannten Sie sie?«
    »Ja, ich hab meinen Sattelschlepper abgestellt und mich ein paarmal zu ihnen ans Lagerfeuer gesetzt. Ich hab versucht, ihnen beizubiegen, dass sie den Pferden keine Fußfesseln anlegen sollen.«
    Ich hatte vergessen, wie viel Angst ich damals um die Tiere hatte, die sich bei all den Bäumen auf dem Gelände leicht ein Bein hätten brechen konnten. Aber ich konnte mich nicht erinnern, Larry im Camp gesehen zu haben. Ich war überrascht, dass Aaron das zugelassen hatte.
    Er redete weiter. »Sie haben mir gern Vorträge über Holzfällen gehalten, also ließ ich sie reden. Zum Henker, wieso nicht … hübsche Frauen mit kaum Klamotten an.« Er lächelte. Mit leicht abgewandtem Gesicht beobachtete er mich aus den Augenwinkeln, um meine Reaktion abzuschätzen. »Ich hab sie immer mitgenommen, wenn sie in den Ort getrampt sind. Sie haben sich gern von einem Holzlaster mitnehmen lassen, und dann haben sie mir den ganzen Weg ins Dorf die Hölle heißgemacht, weil ich Bäume umbringe.« Er lachte, doch dann fing er so heftig an zu husten, dass er kaum noch Luft bekam. Er griff nach den Hustenbonbons auf dem Tisch, und ich schob ihm die Packung zu. Als ich Anstalten machte, ihm etwas Wasser zu bringen, winkte er ab, ihm fehle nichts. Die Katze kletterte auf den Tisch, und er zog sie sich auf den Schoß. Das ließ mich an den Streuner bei mir zu Hause denken. Ich hatte jeden Tag in seiner Kiste nachgesehen, doch seit dem Kampf mit der anderen Katze war er nicht wieder aufgetaucht.
    Nachdem der Hustenanfall vorüber war, schüttelte Larry den Kopf und keuchte: »Alt werden ist echt kein Vergnügen.«
    »Nein, das ist es nicht.«
    Er sah mich an. »Ist das alles, was Sie wissen wollten?« Die höfliche Plauderstunde war vorbei.
    Ganz offensichtlich wollte er, dass ich gehe, also hatte ich nichts zu verlieren. »Erinnern Sie sich an ein Mädchen namens Willow?«
    Er starrte vor sich hin, als würde er nachdenken. »Ich glaube nicht …«
    »Sie hatte lange hellbraune Haare, große, braune Augen und war etwa siebzehn

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