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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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nirgends. Als ich nach hinten zur Werkstatt ging, fing ein großer Deutscher Schäferhund tief an zu bellen und kam zu mir herübergetrottet. Ich hielt ihm die Hand hin und ließ ihn daran schnüffeln. »Hallo, Partner.« Er stupste seine kalte Nase in meine Handfläche.
    Robbie trat aus einer Seitentür der Werkstatt. Er trug Jeans mit roten Hosenträgern und eine zweifarbig karierte grüne Jacke, wie sie alle Holzfäller auf der Insel trugen, dazu eine schwarze Baseballmütze. »Hey, was machst du denn hier draußen?« Er wirkte nicht verärgert über meine Störung, nur verwundert.
    »Ich hatte hier etwas zu erledigen. Wer ist das?« Ich zeigte auf den Hund.
    »Brew.« Er nahm die Mütze ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Seine Haare waren mittlerweile größtenteils silbrig, genau wie bei mir, aber sein Haar war, anders als bei so vielen Männern seines Alters, nie dünner geworden. Dazu war er schlank und breitschultrig, hatte muskulöse, kräftige Unterarme und war, obwohl sein Gesicht einige Falten hatte, immer noch ein attraktiver Mann. Früher hatte ich gehofft, dass er eines Tages eine nette Frau finden und eine Familie gründen würde, doch irgendwie war mein Bruder ein eingefleischter Junggeselle geworden.
    »Seit wann hast du ihn?«
    »Seit letztem Jahr. Irgendjemand hat ihn auf einer der Baustellen ausgesetzt.«
    Traurigkeit überkam mich, weil ich so wenig mit meinem Bruder zu tun hatte, dass ich nicht einmal gewusst hatte, dass er jetzt einen Hund hatte.
    »Ich hatte gehofft, kurz mit dir über etwas reden zu können. Hast du einen Moment Zeit?«
    »Klar. Komm mit in die Werkstatt, da ist es wärmer.«
    Während ich den Kalender mit den halbnackten Pin-up-Girls betrachtete, holte Robbie ein Bier aus einem alten Kühlschrank und hielt es mit fragender Miene hoch.
    »Nein, danke«, sagte ich.
    Er öffnete die Flasche, nahm einen Schluck und goss ein wenig von dem Bier in eine Schüssel neben der Werkbank, das Brew umgehend aufschleckte.
    Ich lachte. »Wie ich sehe, trägt er seinen Namen zu Recht.«
    »Er wird stinkig, wenn man ihm nichts abgibt.« Robbie nahm eine Packung Kaugummi aus der Tasche und schob sich ein Stück in den Mund. Dann fiel mir das verräterische grüne Etikett auf der Packung auf, und ich begriff, dass es ein Nikotinkaugummi war.
    »Hast du aufgehört zu rauchen ?«
    Ich war fassungslos. Seit dem Tod unseres Vaters hatte ich solche Angst, meinen letzten Angehörigen zu verlieren, ohne unsere Beziehung zuvor ins Lot bringen zu können, dass ich ihm ständig deswegen in den Ohren lag. Unzählige Male hatte ich ihm die medizinischen Fakten vorgebetet, doch für gewöhnlich führte es nur dazu, dass er irgendwann ein gleichgültiges und ausdrucksloses Gesicht zog. Jetzt sah er fast aus, als wollte er sich verteidigen. »Brews Augen vertragen den Rauch nicht.«
    Ich schluckte ein belustigtes Lächeln ganz tief hinunter, während Brew zu mir aufschaute, als wollte er sagen: Stimmt haargenau, Lady. Jetzt habe ich hier das Sagen .
    »Worüber wolltest du mit mir reden?«, fragte Robbie.
    Leicht fiel es mir nicht. »Weißt du noch, dass ich vor Jahren mal eine Hypnosetherapie gemacht habe, um mich zu erinnern, was in der Kommune passiert ist?«
    »Was ist damit?« Er klang wachsam, und die Halsmuskeln traten deutlich hervor, als er einen tiefen Schluck von seinem Bier nahm.
    »Vor kurzem hatte ich eine Patientin auf meiner Station. Sie hat eine Weile in einer Kommune am Jordan River gelebt, in der Nähe von Sooke – sie wird von Aaron Quinn geleitet. Sie nennt sich jetzt River of Life Center . Es ist eine viel größere Organisation als damals, als wir dort waren.«
    »Mom sagte so etwas, dass sie nach Victoria gezogen sind.« Meine Enthüllungen schienen ihn nicht zu überraschen, und ich fragte mich, ob er vielleicht die ganze Zeit die Entwicklungen aus der Ferne verfolgt hatte.
    »Stimmt, mir hat sie es auch erzählt, aber mehr auch nicht.«
    »Sie mochte es nicht, wenn du sie bedrängt hast, über diesen Scheiß zu reden.«
    Sie hatten über mich gesprochen? Nach all den Jahren versetzte es mir immer noch einen Stich, dass er unsere Mutter womöglich besser gekannt hatte als ich und dass sie sich auf eine Art nahe gewesen waren, wie ich es nie erlebt hatte.
    »Wann hat sie dir das erzählt?«
    Er zuckte die Achseln. »Immer, wenn du hier warst, hast du sie irgendwas gefragt oder ihr gesagt, was sie mit Dad oder dem Land machen soll.«
    Ich versuchte zu erklären, was

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