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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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mit ihm verbracht, aber ich dachte, du würdest ihn mögen …«
    Mein Gesicht wurde heiß, als mir klar wurde, dass jeder, der damals in der Kommune gelebt hatte, als Zeuge wahrscheinlich genau dasselbe sagen würden.
    »Am Anfang, ja, aber dann machte er Sachen, die er nicht hätte tun sollen. Weißt du, ob noch irgendjemand aus der Kommune in Shawnigan lebt?«
    Er schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck Bier. »Ich glaube nicht. Die meisten Leute wohnen in der Stadt – sie flüchten sich fürs Wochenende hierher.«
    Das erinnerte mich an einen anderen Flüchtling. »Ich habe der Polizei auch von Willow erzählt.«
    »Warum?«, fragte er erstaunt.
    »Ich erwähnte nur, dass ich es merkwürdig fand, als sie damals so plötzlich verschwand. Ich würde gerne mit ihr reden und sehen, woran sie sich noch erinnert.«
    »Du solltest lieber nicht mit allen möglichen Leuten über Aaron quatschen.« Ein Anflug von Besorgnis schwang in seiner Stimme mit. »Sie sind auf diesen abgedrehten Scheiß abgefahren, und wahrscheinlich fahren sie immer noch darauf ab. Ich an deiner Stelle würde mich da einfach raushalten.« Brew winselte. Robbie zauste ihm den Kopf und versuchte, ihn zu beruhigen, doch er wirkte selbst angespannt.
    Ruhiger, als ich mich fühlte, sagte ich: »Der Grund, warum Sexualstraftäter wie er mit so was durchkommen, ist, dass die meisten Menschen zu große Angst haben, den Mund aufzumachen. Sie fürchten sich vor der öffentlichen Demütigung und davor, dass man ihnen nicht glaubt. Mir geht es genauso, aber ich glaube auch, dass er das Leben anderer Menschen zerstört – und dass es wahrscheinlich weitere Opfer gibt.« Ich dachte erneut an das junge Mädchen, das mit mir in der Hütte am See gewesen war, und fragte mich, was aus ihr geworden war.
    »Wenn das jetzt so eine große Organisation ist, wie du sagst, wird es den Leuten gar nicht gefallen, wenn du herumläufst und Anschuldigungen verbreitest.«
    Allmählich wurde ich wütend. Er war mein Bruder. Ich wollte seine Unterstützung, keine Warnungen. »Ich weiß deine Besorgnis zu schätzen, aber die möglichen Auswirkungen sind mir klar, und ich habe mich entschieden. Ich wollte nur wissen, ob du dich an irgendetwas erinnerst.«
    »Nein, und ich werde auch nicht mit den Cops reden – und erzähl denen bloß nicht irgendeinen Scheiß über mich.«
    Irritiert sah ich ihn an. Das hatte ich nicht einmal als Möglichkeit in Erwägung gezogen.
    »Ich bin spät dran«, sagte er. »Ich muss zu einer Baustelle.« Bei diesen Worten zuckten Brews Ohren, und er trabte auf den schwarzen Silverado meines Bruders zu, auf dessen Seite der rote Schriftzug Jaeger Bagger prangte. Neben der Beifahrertür drehte Brew sich bellend im Kreis.
    Robbie ging auf den Truck zu. An der Tür drehte er sich um und sah mich ernst an. »Diese Typen sind total durchgeknallt – du solltest dich einfach von ihnen fernhalten. Es ist scheiße, was er getan hat, aber du musst das einfach hinter dir lassen.«
    Es einfach hinter mir lassen? Ich schnappte nach Luft, seine Worte trafen mich hart und tief im Inneren.
    »Dasselbe könnte ich zu dir sagen. Was hält dich hier noch? Mom und Dad sind schon seit Jahren tot.« Ich wusste nicht, wo dieser Vorwurf plötzlich herkam. Nein, das war nicht wahr. Es war eine Reaktion auf seine Kränkung, doch als ich die Röte im Gesicht meines Bruders hochkriechen und den Ausdruck in seinen Augen sah, begriff ich, dass ich ihn noch stärker gekränkt hatte. Er öffnete die Beifahrertür, und Brew sprang in den Wagen. Dann ging er zur Fahrerseite, stieg ein und startete den Motor, ohne mich noch einmal anzusehen. Die Reifen drehten durch, Kies spritzte hoch, dann fuhr er dröhnend vom Hof. Brew hatte den Kopf aus dem Seitenfenster gesteckt, starrte unheilvoll zu mir zurück und bellte in den Wind.

17. Kapitel
    Enttäuscht von der Begegnung und voller Reue über einiges von dem, was ich gesagt hatte, wollte ich eigentlich direkt nach Victoria zurückfahren. Vorher fuhr ich noch an der Ostseite des Sees entlang und wieder durchs Dorf, um zu tanken. Während ich im Wagen auf den Tankwart wartete, fiel mein Blick auf ein cremefarbenes Holzhaus mit blau abgesetzten Kanten. In dem kleinen Eckladen im Erdgeschoss hatte meine Mutter zum ersten Mal Leute aus der Kommune getroffen. Mit Schaudern dachte ich daran, wie ängstlich ich an jenem Tag gewesen war, als ich beobachtete, wie sie mit ihnen sprach, und die in der Luft liegende Gefahr spürte. Im Laufe der

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