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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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damals in mir vorgegangen war. »Ich habe sie nur zu meiner Kindheit befragt, damit ich einige Dinge besser verstehe, und habe ihr ein paar Ratschläge gegeben. Aber ich wollte ihr nur helfen.« Ich dachte daran, wie mühsam es gewesen war, mit meiner Mom über ernste Themen zu reden. Ihr Lieblingsspruch lautete, es sei besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Aber ich glaubte nicht, dass das meiner Mutter selbst besonders leicht gefallen war.
    Ungeduldig schüttelte er den Kopf. »Darum geht es nicht. Es geht darum, wie du sie gefragt hast – du hast sie unter Druck gesetzt. Es hat sie nur aufgewühlt.«
    Schuldgefühle überkamen mich, als ich an die Unterhaltung über die Kommune dachte, die ich mit ihr geführt hatte – zwei Wochen bevor sie mit ihrem Wagen gegen einen Baum geknallt war. Hatte ich sie so sehr aufgeregt? Hatte sie das Robbie erzählt? Meinte er das?
    »Ich habe sie nicht unter Druck gesetzt.« Mir fiel der defensive Unterton in meiner Stimme auf, und ich staunte, wie vertraut es sich anfühlte: der Versuch, mich vor meinem Bruder zu beweisen.
    Er nahm einen weiteren Schluck Bier. »Doch, das hast du, auch wenn du es nicht wahrhaben willst. Wir sind nicht blöd. Wir wussten, worauf du hinauswolltest.« Er lehnte sich gegen die Werkbank hinter ihm.
    Ich war frustriert – und verletzt. In der Welt, in der ich lebte, wurde man dazu ermutigt, über seine Gefühle zu sprechen, aber ich kam aus einer Welt, wo so etwas als Schwäche und Ärgernis galt. In meiner Familie ging es nur darum, alles unter den Teppich zu kehren.
    Doch ich war nicht hierhergekommen, um mit meinem Bruder zu streiten. Bis zu diesem Moment war mir nicht bewusst gewesen, dass ich eigentlich Trost suchte. Warum glaubte ich immer noch, er sei in der Lage, mir diesen zu spenden, obwohl wir uns schon seit Jahren nicht mehr nahestanden? Im Geiste machte ich einen Schritt zurück und konzentrierte mich wieder auf mein Ziel.
    »Du hast recht, es tut mir leid. Ich weiß, dass ich manchmal ziemlich penetrant sein kann. Ich wollte dir eigentlich nur etwas über Aaron erzählen …« Ich wappnete mich für den nächsten Part. Innerlich krümmte ich mich vor Scham, die Geschichte meinem Bruder anzuvertrauen. Es fühlte sich falsch an, aber es fühlte sich alles falsch an – was Aaron getan hatte und darüber reden zu müssen. Ich benutzte meine Wut, um die Worte hinauszustoßen. »Er hat mich sexuell missbraucht.«
    Robbie starrte mich nur fassungslos an. Die Bierflasche verharrte auf halbem Weg zu seinen Lippen. Mein eigener Mund war so trocken, dass ich versucht war, ihm das Bier aus der Hand zu reißen. Sein Hals lief langsam von unten nach oben rot an, während er sich von der Werkbank abstieß. Er straffte die Schultern, als bereite er sich auf einen Kampf vor.
    »Dieses Arschloch. Wann hat er das gemacht?«
    Ich hatte erwartet, dass er abstreiten würde, dass Aaron mich je angerührt hätte, und war innerlich auf eine wütende Entgegnung vorbereitet. Doch er hatte mich überrascht. Ich empfand eine tiefe Erleichterung, und erst jetzt konnte ich mir eingestehen, dass ich mir nicht sicher gewesen war, ob Robbie nicht vielleicht Bescheid gewusst hatte. Ob das der Grund war, warum er mir nicht mehr in die Augen sah.
    »Unten am Fluss – als er sagte, er würde mir das Schwimmen beibringen, und noch ein paar weitere Male. Ich habe mich erst vor kurzem wieder daran erinnert. Aus diesem Grund bin ich hier: Ich habe Anzeige bei der Polizei erstattet.«
    »Bist du sicher, dass das eine gute Idee war?«, sagte er. »Es ist so lange her, und die Sache kann richtig eklig werden. Vielleicht bringt es dein ganzes Leben durcheinander.« Er wirkte besorgt.
    »Ich musste es tun«, sagte ich bestimmt und riskierte, von ihm zu hören bekommen, ich würde mich irren. »Außerdem versuche ich herauszufinden, ob es noch weitere Opfer gibt. Erinnerst du dich daran, dass er bei irgendeinem anderen Mädchen zudringlich geworden wäre?« Ich dachte an das Mädchen, das mit mir am See gewesen war. Wo mochte sie jetzt sein? Ob Aaron ihr noch mehr angetan hatte?
    »Nein.« Robbie lehnte sich wieder an die Werkbank, sah jedoch alles andere als entspannt aus. »Er hat ständig irgendjemand gevögelt, aber soweit ich weiß, keine Kinder.« Die Worte kamen knapp und abgehackt.
    »Hast du jemals mitbekommen, dass er, du weißt schon, komisch mit mir umgegangen ist?«
    Robbie schaute hinunter auf das Bier in seiner Hand und drehte es hin und her. »Du hast viel Zeit

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