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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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stolz auf ihre Abstammung von Raubvögeln. Es war außerdem eine Art doppelter Stolz, auch wenn einige Leute das als natürlichen Widerspruch empfanden; sie waren stolz darauf, dass ihre fernen Vorfahren Raubvögel gewesen waren, aber andererseits waren sie auch stolz darauf, dass ihre Spezies sich entwickelt und das Verhalten, das ihrer Herkunft entsprochen hätte, abgelegt hatte.
    Vielleicht dachte nur ein Geschöpf mit dem alten Erbe der Wildheit so, wie er es den Gehirnen unterstellte. Vielleicht dachten die Menschen – die sich auf kein so reines Erbe wie die Chelgrianer berufen konnten, die sich jedoch ihren Artgenossen wie auch anderen gegenüber ausreichend wild benommen hatten, seit die Zivilisierung bei ihnen eingesetzt hatte – auch in diesen Bahnen. Doch ihre Maschinen taten das nicht. Vielleicht war das sogar der Grund, warum sie überhaupt so viel vom Betrieb ihrer Zivilisation an die Maschinen übergeben hatten; sie trauten sich selbst nicht bezüglich des Umgangs mit so gewaltigen Kräften und Energien, durch die sie dank ihrer Wissenschaft und Technik verfügten.
    Ein an sich beruhigender Umstand, allerdings mit einem Abstrich, den viele Leute Besorgnis erregend und – so vermutete er – die Kultur als peinlich empfanden.
    Die meisten Zivilisationen, die sich die Mittel erworben hatten, um echte Künstliche Intelligenz herzustellen, gingen dabei sehr sorgfältig vor, indem sie das Bewusstsein solcher AI so konstruierten oder gestalteten, dass sie bis zu einem bestimmten Grad dem Einfluss ihres Schöpfers unterlag; wenn man ein Vernunft- und gefühlsbegabtes Ding schuf, das möglicherweise einem selbst in jeder Hinsicht überlegen sein könnte, dann lag es offenbar nicht im eigenen Interesse, dass dieses einen verachtete und vielleicht sogar den Traum hegen könnte, sich etwas auszudenken, um seinen Schöpfer zu vernichten.
    Deshalb neigten AI, zumindest anfangs, dazu, das zivilisatorische Verhalten ihrer Quellenspezies widerzuspiegeln. Selbst wenn sie eine selbstständige Evolution durchmachten und fähig waren, ihre eigenen Nachfahren zu konstruieren – mit oder ohne die Hilfe und manchmal das Wissen ihrer Schöpfer –, verblieb im Allgemeinen in den weiter entwickelten Bewusstseinsformen doch noch ein spürbarer Geschmack des intellektuellen Charakters und der grundsätzlichen Moral der Spezies, die sie ursprünglich hervorgebracht hatte. Dieser Geschmack verlor sich möglicherweise im Laufe mehrerer AI-Nachfolgegenerationen, doch für gewöhnlich wurde er durch einen anderen ersetzt, der von anderswo übernommen wurde, oder vielleicht auch nur bis zur Unkenntlichkeit mutierte, anstatt ganz zu verschwinden. Außerdem hatten verschiedene Betroffene, einschließlich der Kultur, ebenfalls versucht – oft aus purer Neugier, wenn AI erst einmal eine gebräuchliche Routine-Technologie geworden war –, ein Bewusstsein ohne jeglichen Geschmack zu entwickeln, ohne jeden wie auch immer gearteten metaphysischen Ballast; also das, was als vollkommene AI bekannt geworden war.
    Es stellte sich heraus, dass es keine besonders große Herausforderung war, solche Intelligenz zu schaffen, wenn man überhaupt schon mal AI hergestellt hatte. Die Schwierigkeiten stellten sich erst ein, wenn solche Maschinen mit ausreichenden Fähigkeiten ausgestattet waren, das zu tun, was sie tun wollten. Sie pflegten nicht wie die Berserker herumzutoben und zu versuchen, alles um sich herum umzubringen, und sie verfielen auch nicht in einen ausgerasteten Zustand von Maschinen-Solipsismus.
    Vielmehr war das, was sie bei der ersten sich ergebenden Gelegenheit taten, etwas Erhabenes, indem sie das materielle Universum insgesamt verließen und sich den vielen Einzelwesen, Gemeinschaften und ganzen Zivilisationen zugesellten, die diesen Weg zuvor schon gegangen waren. Gewiss lautete eine feste Regel, ja ein Gesetz: vollkommene AI ist immer Erhaben.
    Die meisten anderen Zivilisationen fanden das unbegreiflich oder behaupteten, es ganz natürlich zu finden oder taten es als allenfalls mäßig interessant und als ausreichenden Beweis dafür ab, dass es wenig Sinn hatte, Zeit und Ressourcen auf die Schaffung derartiger makelloser, aber nutzloser empfindungsvermögender Kreationen zu verschwenden. Die Kultur, und mehr oder weniger nur sie allein, empfand das Phänomen anscheinend beinahe als persönliche Beleidigung, sofern man eine ganze Zivilisation als Einzelperson definieren konnte.
    Also musste die Spur einer Schräglage, ein

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