Blicke windwärts
musste seinen Körper vom Zwerchfell abwärts wegwerfen; Nekrose hatte sich bis zu seinem Mittelglied vorgefressen und zerstörte emsig seine inneren Organe. Schließlich warf man auch die weg und amputierte sein Mittelglied und steckte ihn an eine alles umfassende lebenserhaltende Maschine an, bis der Rest seines Körpers Teil für Teil nachwachsen würde: Skelett, Organe, Muskeln und Bänder, Haut und Fell.
Der Prozess war beinahe abgeschlossen, obwohl er sich langsamer erholt hatte, als man erwartet hatte. Er konnte nicht glauben, dass er dem Tod so viele Male im letzten Augenblick von der Schippe gesprungen war, und er war betrübt, dass es so und nicht anders gelaufen war.
Vielleicht dachte er an ein Wiedersehen mit Worosei, daran, sie zu überraschen, ihren Gesichtsausdruck zu sehen, von dem er so oft auf dem schrottreifen Lastwagen geträumt hatte, während dieser über die Ebene rumpelte; vielleicht hatte ihn das am Leben erhalten. Er wusste es nicht, denn das Einzige, an das er sich nach den ersten paar Tagen in dem Lastwagen erinnern konnte, waren eine Reihe kurzer, unzusammenhängender Empfindungen: Schmerz, ein Geruch, ein aufzuckendes Licht, ein plötzliches Schwindelgefühl, ein aufgeschnapptes Wort oder ein Satz. Deshalb wusste er nicht, welche Gedanken – vorausgesetzt, er hatte irgendetwas gedacht – er während dieser von Fieber vernebelten, wirren Zeit gehabt hatte, doch er hielt es für durchaus möglich und sogar für wahrscheinlich, dass jene Tagträume von Worosei ihm die Kraft verliehen hatten, die den Unterschied zwischen Tod und Überleben bedeutete.
Ein grausamer Gedanke: Er war dem Tod, den er jetzt mit Freuden begrüßen würde, so nahe gewesen; der irrwitzige Glauben, dass er sie jemals lebend wiedersehen würde, hatte ihn jedoch vor seiner Umarmung bewahrt. Man hatte ihn erst nach seiner Ankunft hier in Lapendal über ihren Tod in Kenntnis gesetzt. Er hatte sich ständig nach ihr erkundigt, gleich als er nach der ersten großen Operation auf dem Lazarettschiff der Marine erwacht war, nachdem man ihn auf den Kopf und oberen Rumpf reduziert hatte.
Er hatte nichts von den feierlichen und behutsamen Erläuterungen des Arztes hören wollen, wie radikal man hatte vorgehen und wie viel seines Körpers sie hatten opfern müssen, um sein Leben zu retten, und er hatte in seinem benebelten und schwindeligen Zustand verlangt zu erfahren, wo sie war. Der Arzt hatte es nicht gewusst. Er hatte ihm versprochen, es herauszufinden, doch danach war er niemals mehr persönlich erschienen, und auch sonst war vom medizinischen Personal anscheinend niemand in der Lage gewesen, etwas über ihren Verbleib herauszufinden.
Ein Kaplan von einem Pflege-Orden hatte sich nach Kräften bemüht, etwas über den Aufenthaltsort der Wintersturm und Worosei in Erfahrung zu bringen, doch man befand sich immer noch im Kriegszustand, und Informationen über den Standort eines Kriegsschiffes oder eine Person, die sich an dessen Bord befand, waren erwartungsgemäß nicht zu erlangen.
Er fragte sich, wer damals gewusst hatte, dass das Schiff vermisst wurde oder sogar als verloren galt. Wahrscheinlich nur die Marine. Es war zu vermuten, dass nicht einmal ihr eigener Stamm darüber informiert worden war, bevor die Sache offenkundig wurde. Hatte es eine Zeit gegeben, da er dem Tod noch so nahe gewesen war, dass er diese Schwelle hätte überschreiten können, wenn man ihn über Woroseis Schicksal informiert hätte? Vielleicht, vielleicht nicht.
Schließlich hatte sein Schwager es ihm gesagt, Woroseis Zwillingsbruder, und zwar am Tag nachdem man es dem Stamm mitgeteilt hatte. Das Schiff war abgängig, wahrscheinlich zerstört. Es war mit seinem einzigen Begleitschiff ein paar Tagesreisen von Aorme entfernt von einer Flotte der Unsichtbaren überrascht worden. Der Feind griff mit etwas an, das sich wie eine Gravitationswellen-Einschlagwaffe anhörte. Das größere Schiff wurde zuerst getroffen; das Begleitfahrzeug berichtete, dass die Wintersturm beinahe sofort eine vollständige innere Zerstörung erlitten habe. Allem Anschein nach war keine einzige sich darauf befindliche Seele gerettet worden.
Das Begleitschiff hatte versucht zu entkommen, wurde verfolgt und eingeholt. Seine Zerstörung unterbrach seine letzte Meldung, bevor es seine Position durchgeben konnte. Ein paar Seelen darauf waren gerettet worden; viel später bestätigten sie die Einzelheiten der Begegnung.
Worosei war sofort gestorben, und Quilan hatte das
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