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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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kleine Beruhigung gebrauchen. Er deutete auf den Topf, der auf dem kleinen Kocher simmerte. »Was ist mit meinem Jhageltee?«
    974 Praf sah den Topf an, dann ihn. »Dessen Anwesenheit ist nicht gefordert.«
     
    »Bist du sicher, Yoleus? Umm. Ich meine… na ja…«
    »Ausreichend sicher. Brauchst du eine genaue Prozentzahl?«
    »Nein, nein, kein Bedarf, nur so. Das ist schrecklich. Ich bin nicht sicher, dass. Es ist sehr.«
    »Uagen Ziepe, du sprichst deine Sätze nicht zu Ende.«
    »Mach ich das nicht? Na ja, ich meine.« Uagen merkte, dass er rülpste. »Meinst du wirklich, ich soll da runter gehen.«
    »Ja.«
    »Oh.«
    »Umm. Das. Umm. Was immer es ist, es kann nicht vielleicht raufkommen, oder?«
    »Nein.«
    »Und du bist sicher?«
    »Ausreichend sicher. Das – was immer es ist – dachte, dass du am besten in einer Situation/Kulisse wie dieser zu erleben bist.«
    »Aha. Ich verstehe.«
    Uagen stand etwas unbeholfen auf etwas, das sich wie ein besonders wabbeliges Stück Marschboden anfühlte. Tatsächlich befand er sich tief im Körperinnern des lenkbaren Behemothaurums Yoleus, in einer Kaverne, die er erst einmal gesehen, aber während seines Aufenthaltes nie wieder besuchen zu müssen gehofft hatte.
    Der Raum hatte etwa die Größe eines Ballsaals. Es war eine Halbkugel, mit Streben und Wölbungen überall. Selbst der Boden hatte Kurven, flache Erhebungen und Senken. Die Wände sahen aus wie riesige gefaltete Vorhänge, auf dem Gipfel zusammengerafft zu einer Schließmuskelform. Der Raum war nicht beleuchtet, und Uagen musste seinen eingebauten Infrarot-Sinn einsetzen, worauf alles grau und körnig und noch Furcht einflößender aussah.
    Der Geruch war der einer Kloake unter einem Schlachthof. An der Wand hafteten tote, lebend-tote und noch lebende Geschöpfe. Eines davon – zum Glück eines der letzten Kategorie – war 974 Praf. Unter 974 Praf war etwas, das sie zwergenhaft erscheinen ließ, nämlich die erst kürzlich angebrachten und jetzt vertrocknet aussehenden Kadaver von zwei Quasinukleolen; ihre Flügel und Klauen hingen schlaff herab. Neben der Dolmetscherin war der noch größere Körper eines Raubvogelspähers.
    974 Praf machte keinen schlechten Eindruck; sie sah aus wie in Kauerstellung, die Flügel ordentlich angelegt, die Füße hochgezogen. Das Geschöpf, das neben ihr hing, dessen Körper beinahe die Größe von Uagens hatte und dessen Flügel leicht fünfzehn Meter von Spitze zu Spitze maßen, hing schlaff da und sah tot – oder zumindest dem Tode nahe – aus. Seine Augen waren halb geschlossen, sein gewaltiger, mit einem Schnabel versehener Kopf war auf die Brust gesackt, die Flügel waren anscheinend an die nach innen gewölbte Wand des Raums genagelt, und seine Beine hingen schlaff herab.
    Etwas, das aussah wie eine Wurzel oder ein Kabel, führte von der Rückseite seines Schädels in die Wand. Wo das Kabel in seinen Kopf ging, war etwas wie Blut herausgesickert und hatte seine dunkle, geschuppte Haut durchtränkt. Plötzlich zitterte das Geschöpf und stieß ein dumpfes Stöhnen aus.
    »Der Bericht des Raubvogelspähers über das Mitgeschöpf unter ihm ist nicht ausreichend«, sagte das lenkbare Behemothaurum Yoleus mittels 974 Praf. »Die gefangenen Quasinukleolen wussten noch weniger, nur dass es neueste Gerüchte über Nahrung gab. Vielleicht ist dein Bericht ausreichend.«
    Uagen schluckte. »Umm.« Er sah den Raubvogelspäher an. Er war offenbar nicht gefoltert oder wirklich misshandelt worden, zumindest nach den örtlich herrschenden Maßstäben, aber was immer ihm auch widerfahren sein mochte, es sah nicht angenehm aus. Er war mit erkennungsdienstlichem Auftrag auf die Gestalt angesetzt worden, die Uagen und 974 Praf gesichtet hatten, als sie nach dem gefallenen Glyphenschreiber gesucht hatten.
    Der Raubvogelspäher war in die Tiefe getaucht, begleitet vom Rest seines Flügels. Es war auf etwas gelandet, das dem Anschein nach ebenfalls ein lenkbares Behemothaurum war, aber eins, das verletzt und beschädigt worden war und das möglicherweise die Orientierung und auch den Verstand verloren hatte. Er hatte sich im Innern ein wenig umgesehen, dann war er so schnell er konnte zurück zu Yoleus geeilt, der sich seinen Bericht angehört hatte und dann zu dem Schluss gekommen war, dass das Geschöpf sich nicht aufschlussreich genug ausgedrückt hatte, um zu beschreiben, was es gesehen hatte – der Raubvogelspäher war nicht einmal in der Lage gewesen, die Identität des anderen

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